BLAULICHT

Bewaffneter Raubüberfall: „Das Gefühl der Sicherheit ist weg“

pn; 05.07.2022, 21:20 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Der Angeklagte schwieg auch am dritten Prozesstag.
BLAULICHT

Bewaffneter Raubüberfall: „Das Gefühl der Sicherheit ist weg“

pn; 05.07.2022, 21:20 Uhr
Engelskirchen/Köln – Überfallenes Ehepaar sagt vor dem Kölner Landgericht aus – Täter sprachen mehrfach Todesdrohungen aus.

Von Peter Notbohm

 

Am dritten Verhandlungstag im Prozess wegen des spektakulären Raubes in Engelskirchen-Hollenberg im Januar des vergangenen Jahres haben die beiden überfallenen Eheleute vor dem Kölner Landgericht ausgesagt. Sie schilderten das rücksichtslose und brutale Vorgehen der drei Täter, die am 18. Januar am frühen Abend als Hermes-Boten verkleidet in ihr Haus eingedrungen waren.

 

„Ja, nicht nur einmal“, antwortete die 55-jährige Engelskirchenerin auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, ob sie damals Todesangst gehabt habe. Mehrfach seien sie von einem Mann mit osteuropäischem Akzent bedroht worden. Ihr Ehemann berichtete, er habe anfangs einen Täter, der ihm körperlich klar unterlegen gewesen sei, noch niederringen können, anschließend habe man ihm aber eine Pistole vors Gesicht gehalten und ihm gedroht, ihn zu erschießen, wenn er nicht aufhöre, sich zu wehren. Dass es sich dabei um den Angeklagten gehandelt habe, könne er aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen.

 

Man habe ihm einen Katzentunnel über den Kopf gestülpt, sich auf seinen Kopf gekniet und ihn hinter dem Rücken an Armen und Beinen straff gefesselt. „Ich hatte enorme Probleme Luft zu bekommen. Es wurde aber nur gesagt, ihnen sei egal, ob ich verrecke“, so der Engelskirchener, der während seiner Aussage sehr aufgewühlt wirkte und sprunghaft in seinen Erzählungen war.

 

Nachdem die immer hektischer werdenden und aggressiv auftretenden Täter mit der aufgefundenen Beute nicht zufrieden waren, seien weitere Todesdrohungen gefallen, die er zunächst ignoriert habe. Als man allerdings seiner ebenfalls gefesselten Frau ein Messer an die Hand ansetzte, habe er den Standort des Safes verraten. „Ich war schachmatt gesetzt und vollkommen mit mir beschäftigt. Hätte mir meine Frau nicht irgendwann die Decke ein wenig vom Kopf gezogen, will ich nicht wissen, wie die Sache ausgegangen wäre“, ergänzte der Engelskirchener - er habe damals mehrfach nach Luft ringen müssen.

 

Für Irritationen sorgte bei dem Ehepaar vor allem ein Satz der Täter, die mehrfach wiederholten, dass man die beiden kenne und die Männer wüssten, dass hier mehr Geld zu holen sei. Erst wenige Tage zuvor hatte der Engelskirchener sich nach eigener Aussage entschlossen gehabt, seinen Sportwagen zu verkaufen und ihn über eine Internetplattform schätzen lassen. „Bekannte erzählten uns Tage nach dem Überfall, dass sie gehört hätten, dass man uns das Geld aus diesem Autoverkauf, der damals noch nicht stattgefunden hatte, gestohlen habe“, sagte die Engelskirchenerin aus.

 

Nachdem die Täter penibel mit Alkohol und Desinfektionsmittel versucht hatten, ihren beiden Opfern den Mund auszuwaschen und die Fingernägel mit einer Zahnbürste zu reinigen, um DNA-Spuren zu vernichten, seien sie schließlich mit Gold, Schmuck und Bargeld verschwunden. Entgegen der Anklage, die von einem Gesamtwert der Beute von 66.800 Euro spricht, sei der Wert fast doppelt so hoch gewesen, berichtete die 55-Jährige. Ihr war es auch gelungen, kurz nach dem Überfall durch eine zufällig nicht abgesperrte Tür im Wellnessbereich nach draußen zu gelangen und sich mit Hilfe eines Seitenschneiders in der Garage zu befreien.

 

Ob der Überfall im Zusammenhang mit der Reinigungskraft steht, die die Polizei am zweiten Prozesstag ins Spiel gebracht hatte, konnten beide nicht beurteilen. Auch die Namen der weiteren Tatverdächtigen sagten beiden nichts. An den Folgen des Überfalls leidet das Ehepaar auch nach einem Jahr noch. Die Kabelbinder würden sie noch heute spüren.

 

Obwohl sie die Sicherheitsvorkehrungen an dem Grundstück massiv verschärft und zudem Selbstverteidigungs- und Schießtraining genommen hätten, sei das Gefühl der Sicherheit weg. Er selbst versuche, möglichst nicht über den Tag zu reden und habe ihn weitgehend verdrängt, sagte der Engelskirchener. Er wisse aber, dass seine Frau noch wesentlich mehr unter dem Erlebten leide als er selbst: „Dennoch bin auch ich sehr viel vorsichtiger als früher geworden.“

 

Der Prozess wird fortgesetzt.

 

Weitere Artikel zum Thema

 

Angeklagter schweigt zu Raub in Engelskirchen – Dritter Täter wahrscheinlich gefasst

Prozessauftakt: Ehepaar von falschen Hermes-Boten brutal überfallen

Fahndungserfolg: Zweite Festnahme nach brutalem Raub auf Engelskirchener Ehepaar

Brutaler Raubüberfall: Ehepaar erlebt Albtraum

WERBUNG