POLITIK

Durchbruch im Bergneustädter Moschee-Streit möglich

pn; 15.06.2022, 11:00 Uhr
Foto: Michael Kleinjung ---- Der Umzug des Moscheevereins aus der Wiesenstraße an den Dreiort ist nun doch wieder möglich.
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Durchbruch im Bergneustädter Moschee-Streit möglich

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pn; 15.06.2022, 11:00 Uhr
Bergneustadt - CDU, FDP, Grüne und FWGB finden Kompromisslösung mit dem Moscheeverein - Neue Moschee könnte nun doch am Dreiort entstehen.

Von Peter Notbohm

 

Möglicher Durchbruch im Streit um den Neubau einer Moschee in Bergneustadt. Wie die CDU-Fraktion am Mittwochmorgen mitteilte, habe man mit dem Moscheeverein eine Einigung über den Umzug der Moschee von der Wiesenstraße an den Dreiort erzielt. Obwohl ein Mediationsverfahren Anfang Februar (OA berichtete) und ein Moderationsverfahren gescheitert waren, hatten Bürgermeister Matthias Thul und Teile der Bergneustädter Politik weiterhin Schritte unternommen, eine Lösung für den jahrzehntelangen Streit zu finden – nun scheinbar mit Erfolg.

 

CDU, FDP, Grüne und FWGB haben gemeinsam mit dem Moscheeverein ein Kompromisspapier erarbeitet, das eine breite Ratsmehrheit finden könnte. Das neue Gebäude soll nun doch wie im Mediationsverfahren geplant am Dreiort gebaut werden. In der kommenden Sitzung des Bau- und Planungsausschuss am 15. August soll für das Gewerbegebiet ein Bebauungsplan für das Gewerbegebiet aufgelegt werden, bei der Planung könne nun auch ein Moschee-Gelände berücksichtigt werden. Das Gebäude soll zweigeschossig mit einer Glaskuppel werden. Damit sei auch die Sorge um ein übergroßes Gebäude, dass das Stadtbild präge vom Tisch, so Thul.

 

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„Es werden 3.000 Quadratmeter potenzielle Gewerbefläche genutzt, dafür werden an der Wiesenstraße 6.000 Quadratmeter bereits erschlossene Gewerbefläche frei, an der auch Produktionsstandorte im Dreischichtbetreib arbeiten können“, heißt es vom CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhard Schulte. Die nun gefundene Lösung bezeichnete er als kleinsten gemeinsamen Nenner. Auch der Bürgermeister lobt den Kompromiss: „Wir gewinnen sehr wertvolle Gewerbe- und Industriefläche hinzu und gleichzeitig gelingt es, einen 40 Jahre alten Streit beizulegen.“ Über 100 Stunden Gespräche und mehrere Überarbeitungen hätte der Konsens in den vergangenen Monaten eingenommen.

 

Größter Streitpunkt in der bisherigen Debatte war neben dem Standort und der Größe der Sozialräume die Frage der Trägerschaft. Der Dachverband DITIB war für mehrere Ratsmitglieder ein rotes Tuch und nicht verhandelbar. Die CDU hat sich nach langen Diskussionen aber durchgerungen, der Trägerschaft durch DITIB nun doch zuzustimmen, da diese bereits seit 40 Jahren Träger der Moschee an der Wiesenstraße ist und auf allen Ebenen der Politik der Ansprechpartner sei. Entscheidend war nach Angaben von Schulte das Zugeständnis des Moscheevereins, selbst Eigentümer zu werden und es nicht dem türkischen Dachverband zu überlassen.

 

Zudem einigte man sich darauf, dass ein eingesetzter Imam in Deutschland ausgebildet sein soll. Auch Bürgermeister Thul betonte, dass man in Gesprächen mit anderen Kommunen, das Feedback erhalten habe, dass man mit der DITIB einen Ansprechpartner habe, der problemorientiert arbeite. Am Dienstag hatte der Moscheeverein mitgeteilt, dem Kompromiss zuzustimmen und noch um Änderungen an der Verteilung der Räume auf die Geschoss-Ebenen gebeten. Dem stimmte die CDU-Fraktion zu, da die Gesamtgröße und die optische Gestaltung dadurch nicht beeinflusst werden. Die Grünen haben bereits Zustimmung signalisiert, FDP und FWGB hatten in den Gesprächen stets die Interessen des Moscheevereins vertreten, so dass mit dieser Ratsmehrheit nun der Bebauungsplan auf den Weg gebracht werden könne, so Schulte weiter, der von einem historischen Moment sprach: „Es ist ein angemessener und würdiger Platz für die Gläubigen. Wir wollen jetzt das Miteinander stärken.“

 

[Video: Michael Kleinjung ---- Nicht weit entfernt vom alten Standort könnten bald Bauarbeiten beginnen.]

 

Ein wichtiger Vermittler in den Gesprächen war Wolfgang Lenz (FDP), der seit Jahren einen guten Draht zum Moscheeverein pflegt. „Ein erheblicher Prozentsatz unserer Bevölkerung sind muslimische Bürger, daher habe ich eine Lösung immer als sehr wichtig empfunden. Das hätte ich auch für jede andere Religion so gemacht“, betonte er. Das größte Problem für den Moscheeverein sei stets gewesen, dass die Politik, in die Ausgestaltung der Räumlichkeiten eingreifen wollte. Nun habe man aber einen der Größe des Vereins angepasste vernünftige Lösung gefunden.

 

Gleichzeitig wies Lenz aber auch darauf hin, dass es noch Hürden zu nehmen gebe. Heute finden Gespräche zwischen Moscheeverein und dem Dachverband statt, der dem Konsens noch zustimmen muss. Am Freitag werde zudem die Gemeinde im Rahmen des Freitaggebets detailliert informiert. „Ich glaube zwar nicht, dass hier ein Riegel vorgeschoben wird, möglich ist es aber“, so der FDP-Ratsherr.

 

Völlig überrascht zeigte sich hingegen die SPD. „Wir hätten uns gewünscht, in die Gespräche mit eingebunden zu werden“, sagte der Fraktionsvorsitzende Daniel Grütz auf OA-Nachfrage. Es sei richtig, dass man DITIB immer sehr kritisch gesehen habe, einen Moscheebau aber stets befürwortet habe. „Wir hätten uns gut vorstellen können, einen konstruktiven Prozess mit dem Fokus auf die Integration und Weltoffenheit mit anzustoßen“, so Grütz. Entsprechend verwundert sei man, dass man durch die DITIB-Skepsis an den Gesprächen nicht mehr beteiligt wurde. Bei ihm herrsche der Eindruck vor, dass es trotz des Minimalkonsenses auf beiden Seiten noch Unzufriedenheit gebe.

 

Scharfe Kritik formuliert die UWG. Über ihren Facebook-Account kündigte sie Widerstand an und wirft den Befürwortern Naivität vor: „Es wird ein langer Weg bis zu einer möglichen Baugenehmigung, wir werden alle juristischen Mittel ins Feld führen.“ DITIB sei frauenfeindlich, homophob und antisemitisch, zudem von der Türkei aus gesteuert. Zu gegebener Zeit wolle man ein Bürgerbegehren gegen die DITIB-Moschee starten. 3.000 Quadratmeter Gewerbefläche dürfe man nicht für ein religiöses Gebäude opfern, sondern sollte dieses für Gewerbe nutzen, um die Grundsteuer B dauerhaft zu senken.

 

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