POLITIK

200 Millionen Euro für das neue Kreishaus? Kreis dementiert

lw; 30.11.2023, 15:00 Uhr
Archivfoto: Lars Weber.
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200 Millionen Euro für das neue Kreishaus? Kreis dementiert

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lw; 30.11.2023, 15:00 Uhr
Oberberg – Auf Kreisparteitag hatte die SPD die Verwaltung scharf kritisiert – Baudezernent Felix Ammann weist die Zahl von sich und verweist auf den Stand der Planungen.

Von Lars Weber

 

Anfangs 60 Millionen Euro, dann rund 80 Millionen Euro – und jetzt plötzlich 200 Millionen Euro? Über die Kostenentwicklung für das Projekt des Kreises, seine Dienste mit einem Erweiterungsbau in der Moltkestraße zu zentralisieren, führt die Kreistagsopposition (SPD, Grüne und Linke) schon seit jeher Diskussionen mit der Verwaltung und den Mehrheitsparteien (CDU, FDP/FWO/DU, UWG). Nachdem jedoch der Gummersbacher Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit bei der Haushaltseinbringung im Stadtrat vor fast einem Monat im Zusammenhang mit der Erweiterung die Zahl 200 Millionen Euro fallen ließ, ist die Opposition erst recht alarmiert. Zuletzt äußerte SPD-Fraktionschef Sven Lichtmann beim SPD-Kreisparteitag öffentlich scharfe Kritik am Kreis, indem er sich auf die Aussage des Kämmerers bezog (OA berichtete). Und der Kreis? Nahm gestern im Kreisbauausschuss und auf Nachfrage von OA Stellung. Kreisbaudezernent Felix Ammann bezeichnet die Zahl als „unseriös“, ihm „völlig unbekannt“ und „völlig aus der Luft gegriffen“.

 

Dies liege vor allem daran, dass man im Planungsprozess noch gar nicht so weit sei, eine seriöse Kostenschätzung aufstellen zu können. „Wir sind noch in der Leistungsphase eins“, so Ammann. Das bedeutet, dass noch die Grundlagenermittlungen laufen. Dazu gehörten beispielsweise die Nutzerbedarfe. Es habe unter anderem Workshops mit den Amtsleitungen gegeben, der Kreis lässt sich aber auch von einem Fachbüro beraten, das Spezialist auf dem Gebiet „New Work“ sei. Aktuelle Arbeitsweltentwicklungen – zum Beispiel Homeoffice oder Desksharing – sollen in die Pläne einbezogen werden. Damit widersprach Ammann einem weiteren Vorwurf der SPD, an der modernen Arbeitswelt vorbeizuplanen.

 

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„Wir wollen einen Blick in die Zukunft werfen“, meint Ammann dagegen. „Jeder Quadratmeter, der nicht gebaut wird, verringert ja nicht nur die Kosten, sondern macht das Projekt auch nachhaltiger.“ Da schwingt zugleich einer der Hauptgründe für die geplante Zentralisierung der Kreisverwaltung mit, dass zahlreiche der aktuell angemieteten Standorte des Kreises sanierungsbedürftig und echte Energiefresser sind und zudem keine modernen Arbeitsplätze darstellen – diesen Missstand zu beheben, zumindest darüber herrscht übrigens Einigkeit.

 

Eine Ausschreibung laufe indes, um ein spezialisiertes Planungsbüro zu finden, das ein Konzept für die von der Opposition kritisierte Integration der Rettungsleitstelle am Standort Moltkestraße erarbeitet. Wie viel Platz wird benötigt, welche speziellen Bedürfnisse hat eine moderne Leitstelle an solch einem Standort? Für die Beantwortung dieser Fragen benötige es ein Fachbüro, so Ammann. Im Januar soll die Suche nach einem Büro abgeschlossen sein.

 

Parallel würden diverse Themen rund um die Kreishauserweiterung in Augenschein genommen und geprüft, gibt der Baudezernent weiter Auskunft. Dazu gehören unter anderem die Förderungsmöglichkeiten des Projekts. Durch die aktuelle Haushaltskrise des Bundes gebe es dabei aber viele Unsicherheiten. Noch in diesem Jahr abschließen möchte der Kreis die Vergabe einiger Hauptgewerke bei den Fachplanungsleistungen: die technische Gebäudeausstattung (also zum Beispiel Heizung, Elektronik, Lüftung und so weiter), die Tragwerksplanung, die Projektsteuerung sowie die Außen- und Verkehrsanlagen.

 

Nächstes Jahr könne damit die zweite Leistungsphase starten, in der es dann wirklich spannend wird. Die ersten Vorentwürfe sollen erarbeitet werden und damit – auf Grundlage aller genannten Planungen und Details – auch eine „seriöse Kostenschätzung“. Die bislang vom Kreis öffentlich genannten Zahlen – 60 Millionen Euro bei der Kür des Wettbewerbsgewinners und 80 Millionen Euro vor einem Jahr nach einer Planungspause aufgrund der Pandemie – waren grobe Prognosen. Die nächste Zahl wird auf der Planungsarbeit basieren. 200 Millionen Euro? „Das entspricht nicht unseren Vorstellungen. Ich bin mir sicher, dass die Zahl deutlich darunter liegen wird.“ Weitere Einschätzungen wollte Ammann zu diesem Zeitpunkt nicht abgeben. „Ich möchte mich nicht an einem Über- oder Unterbietungswettbewerb beteiligen.“ Der Baudezernent glaubt, im zweiten Halbjahr 2024 die ersten Ergebnisse vorlegen zu können. Spätestens dann wird wieder diskutiert werden.

 

Die Fraktionen von CDU, FDP/FWO/DU und UWG begrüßen derweil in einer Mitteilung die Klarstellung des Baudezernenten. Michael Stefer, Reinhold Müller und Klaus Solbach: „Die SPD wäre gut beraten gewesen, vor einer solchen Erklärung auf dem Parteitag, sich vorher bei der Kreisverwaltung zu informieren, bevor sie Zahlen eines unbeteiligten Dritten, wie dem Kämmerer aus Gummersbach, in die Öffentlichkeit trägt.“ Der „unbeteiligte Dritte“ Raoul Halding-Hoppenheit selbst wollte das Thema auf Nachfrage von OA nicht weiter kommentieren. „Die Zahl hatte ich aus dem Kreishaus“, sagte er dann aber doch.

KOMMENTARE

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Die 200 Million wird Herr Halding-Hoppenheit sich wohl nicht ausgedacht haben. Hoffentlich wird man sich daran erinnern, wenn die Kreisverwaltung endlich mal neue Zahlen vorlegt.

Throsten, 30.11.2023, 22:20 Uhr
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