WIRTSCHAFT

Viele Maschinen stehen schon still

bv, lw; 25.03.2020, 15:11 Uhr
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Das Martinrea-Werk in Bergneustadt.
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Viele Maschinen stehen schon still

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bv, lw; 25.03.2020, 15:11 Uhr
Oberberg – Die oberbergischen Automobilzulieferer haben schnell reagiert, nachdem Hersteller wie VW die Produktion stoppten.

Von Bernd Vorländer und Lars Weber

 

In der vergangenen Woche verkündete Volkswagen als erstes Unternehmen in Deutschland, dass es die Fertigung aussetze. Es dauerte nicht lange, und andere große Namen zogen nach, darunter Audi, BMW und Daimler. Die Liste ließe sich international weiter fortführen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Zulieferer der Automobilindustrie reagieren würden, von denen es im Oberbergischen reichlich gibt.

 

Werner Kusel, Erster Bevollmächtigter Geschäftsführer der IG Metall Gummersbach, erklärt auf Nachfrage, dass der Zweig vor „erheblichen Problemen“ steht. Wie bereits berichtet, hatte die IG Metall die aktuelle Tarifrunde unter den Corona-Umständen abgeschlossen und den Tarifvertrag „Zukunft in Arbeit“ reaktiviert, angepasst und um einen Solidartarifvertrag 2020 ergänzt. In manchen Betrieben würden schon keine Aufträge mehr angenommen, so Kusel. In fünf Betrieben werde es zu einem „Shutdown“ kommen, also die Produktion komplett ruhen.

 

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Einer davon ist Megatech in Waldbröl. Das Unternehmen stellt unter anderem Komponenten für Konsolen und Kofferräume her. Wie der Betriebsratschef Romik Grucharian mitteilt, steht die Produktion dort seit Montag komplett still. Rund 220 Beschäftigte gibt es an dem Standort, Kurzarbeit sei bereits angemeldet worden. „Es ist eine nie zuvor da gewesene Situation und für alle schwer. Der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer arbeiten gemeinsam daran, so gut es geht aus der Situation herauszukommen.“ Dies sei eine Herausforderung für alle. „Aber die Gesundheit aller steht jetzt im Vordergrund“, so Grucharian weiter.

 

[Archivfoto: Lars Weber --- Frank Meier, Betriebsratchef im Martinrea-Werk in Bergneustadt.]

 

So sehen das auch Beschäftigte und Arbeitgeber von Martinrea (Ex-Metalsa) in Bergneustadt. Die Entwicklungen rund um das Virus hätten im Betrieb „voll eingeschlagen“, sagt Frank Meier, Vorsitzender des Betriebsrats. „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Ein paar Restarbeiten könnten noch erledigt werden. Die Produktion sei aber schon zu einem großen Teil heruntergefahren worden - und es werde noch weniger werden.  Auch Martinrea habe bereits Kurzarbeit angemeldet, eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds sei vereinbart. „Noch ist aber kein Beschäftigter in Kurzarbeit“, so Meier. Erst würden Resturlaube aus dem vergangenen Jahr und Arbeitszeitkonten abgebaut oder T-ZUG-Tage genutzt.

 

Es ist nicht das erste Mal, dass Kurzarbeit ansteht, und dennoch sei die Stimmung im Betrieb dieses Mal anders. Auch wenn die Einschnitte schmerzten, so seien viele der rund 1.000 Mitarbeiter aufgrund des Coronavirus verängstigt, sagt Meier. „Die Sorge, sich anzustecken, ist da“, obwohl die Hygienevorschriften im Betrieb natürlich hochgeschraubt wurden. Täglich tagt ein Corona-Krisenstab, um auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Meier macht sich Gedanken darüber, was nach Corona passiert. „Die Lage ist ähnlich wie im Jahr 2009, bloß dass jetzt noch Corona dazukommt. Die Frage lautet: Wie schnell kann die Wirtschaft wieder anspringen?“

 

Auch bei der Fuchs-Kunststofftechnik, die Produktionsstandorte in Gummersbach und Marienheide hat, verursacht die Virus-Krise drastische Einnahmeausfälle. Das Unternehmen, das mehr als die Hälfte seiner Produktion für die Automobilindustrie tätigt, und darüber hinaus für eine bundesweit agierende Möbelhauskette fertigt, hat sehr schnell Kurzarbeit beantragt. "Das ist zurzeit ein wirksames Instrument, mit dem wir die kommenden zwei Monate kompensieren können", lobt Firmenchef Timo Fuchs die Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur, die den Firmenwunsch sehr schnell abwickelte. So werden jetzt die Arbeitsplätze der 170 Beschäftigten bei der Firma Fuchs gesichert, auch wenn der Geschäftsführer weiß, dass dies für etliche Mitarbeiter bedeutet, mit nicht unerheblichen Einschränkungen leben zu müssen. "Das wird nicht einfach, aber wir stehen das gemeinsam durch", so Timo Fuchs.

 

[Archivfoto: Bernd Vorländer --- Timo Fuchs ist Firmenchef von Fuchs-Kunststofftechnik.]

 

Derzeit sind alle Investitionen zunächst einmal auf Eis gelegt. Bei der Materialversorgung fährt man auf Sicht, ordert nur so viel, wie man für die Erledigung von Aufträgen benötigt. "Wichtig ist, dass wir unsere Liquidität behalten", meint Fuchs. Er hofft auf einen Neustart im Mai. Sollte die Krise aber länger dauern und sich bis in den Sommer hinziehen, "dann bin ich, aber auch viele Unternehmer-Kollegen ratlos, wie wir das weiter beherrschen sollen". Dann, so Fuchs, müsse man vonseiten des Staates weitere und vermutlich wesentlich größere Unterstützungsprogramme initiieren. Schon jetzt sei der volkswirtschaftliche Folgeschaden enorm.

 

Die BPW in Wiehl hält sich auf Nachfrage von OA zurück: „BPW beobachtet die Ausbreitung des Coronavirus und seine Folgen sehr genau“, heißt es in der Antwort. Der Schutz der Mitarbeiter sei BPW sehr wichtig, ebenso wie der Schutz der Kunden, Partner, Lieferanten und Dienstleister. „Neben den gesundheitlichen Schutzmaßnahmen tun wir alles, um das Unternehmen im Sinne aller Mitarbeitenden auch wirtschaftlich durch diese schwierige Zeit zu bringen.“

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