POLITIK

Wie viel Platz braucht der Kreis für die Erweiterung wirklich?

lw; 14.03.2024, 14:20 Uhr
Archivfoto: Lars Weber.
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Wie viel Platz braucht der Kreis für die Erweiterung wirklich?

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lw; 14.03.2024, 14:20 Uhr
Oberberg – Fachbüro stellt Flächenpotenzialanalyse im Bauausschuss vor – Zwei Ämter sollen nicht mit umziehen – New Work sorgt für Einsparungen.

Von Lars Weber

 

Zuletzt ist über die Kreishauserweiterung vor allem gestritten worden, ohne dass es öffentlich Fortschritte zu vermelden gab (OA berichtete). Bei den Diskussionen ging es um die Kosten jenes Projekts, das viele Ämter aus ihren behelfsmäßigen Unterbringungen – teils in alten Wohnhäusern am Wiedenhof – herausholen und am Standort Moltkestraße zentralisieren soll. Nachdem Gummersbachs Stadtkämmerer vergangenes Jahr die Zahl 200 Millionen Euro in den Mund genommen hatte, hatte die Kreisverwaltung ihre liebe Mühe, zu beschwichtigen. Sie verwies vor allem auf die im Hintergrund laufenden Berechnungen für den wirklichen Raumbedarf – die Grundlage für alle weiteren Planungen, die auch zu konkreten und belastbaren Kostenschätzungen führen sollen. Genau diese Berechnungen sind nun im Kreisbauausschuss präsentiert worden. Und mit ihnen der Vorschlag, das Projekt gegebenenfalls in drei Bauabschnitte aufzuteilen.

 

Vorgestellt wurde die Potenzialanalyse zur Einsparung von Flächen von Prof. Dr. Götz Fellrath des Fachbüros Avantago. Fellrath blickte zunächst auf die Ausgangslage. Gestartet sei man in den Architektenwettbewerb 2017 mit einem Raumbedarf von 9.200 Quadratmetern, ein Sieger wurde im Januar 2020 gekürt (OA berichtete). Seitdem ist viel passiert: Die Pandemie und auch die Starkregenereignisse hatten dazu geführt, dass der Kreis die Rettungsleitstelle, das Amt 38, an die Moltkestraße holen möchte. Sie argumentiert mit kurzen Wegen im Katastrophenfall. Dies hat den Platzbedarf aber auch hochgeschraubt. Zwischenzeitlich ging man von insgesamt 12.700 Quadratmetern aus – ein Mehrbedarf über 3.500 Quadratmeter.

 

Nicht eingeflossen waren dabei jedoch die Veränderungen, die die Pandemie in der Arbeitswelt beschleunigt hatte. Homeoffice-Regelungen, flexible Arbeitszeiten, eine immer stärkere Digitalisierung der Prozesse - die Entwicklungen führten unweigerlich zu der Frage: „Brauchen wir wirklich 12.700 Quadratmeter?“ Fellrath skizzierte die Vorgehensweise der Analyse, die auch stark auf die Einbindung und Wünsche der Mitarbeiter, von der Führungsetage bis zur Teilzeitkraft, gesetzt habe. Gespräche, Online-Befragungen und Workshops sollten Aufschluss darüber geben: Wie stellen sich die Kreismitarbeiter ihren Arbeitsplatz der Zukunft vor?

 

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Das Ergebnis der Analyse: Aus 12.700 benötigten Quadratmetern sind wieder rund 9.000 Quadratmeter geworden. Dazu tragen mehrere Faktoren bei. Klar sei schnell gewesen: „Wenn das Amt 38 inbegriffen wird, ist der Umzug aller anderen vorgesehenen Ämter nicht umsetzbar.“ Das Amt für Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz hat allein aufgrund vieler notwendiger Besonderheiten einen Platzbedarf von 2.300 Quadratmetern. Die Konsequenz: Teile des Ordnungsamts und das Veterinäramt sollen nicht mit umziehen. Das allein spare 1.400 Quadratmeter. Statt insgesamt 19 Ämter ziehen nur noch 17 um.

 

Und die restliche Fläche? Die kommt durch die Veränderung der Arbeitsumgebung zusammen. Weg von festen Arbeitsplätzen in Einzel- und Doppelbüros, hin zu von drei Mitarbeitern genutzten Doppelbüros („3 in 2-Lösung“) und Open-Space-Räumen mit Besprechungsinseln. Beim Jugendamt zum Beispiel könne man die Anzahl der Doppelbüros so um fast die Hälfte reduzieren (46 statt 78), Einzelbüros seien nur neun nötig statt 17. Und durch die vorangetriebe Digitalisierung der Akten spart man sich ein großes Archiv (sechs statt 90 Quadratmeter). Rund 700 Quadratmeter werden so allein bei diesem Amt gespart.

 

Schon jetzt gebe es 18,6 Prozent Telearbeit und 36,4 Prozent flexible Arbeitsmodelle (zum Beispiel Homeoffice), also mehr als 50 Prozent der Angestellten des Kreises benötigen schon jetzt keinen festen Platz mehr an jedem Tag der Woche. Die steigende Tendenz macht die neue Aufteilung möglich, aber auch neue Dienstvereinbarungen nötig, um noch mehr flexible Arbeit realisieren zu können. „Wenn das so umgesetzt wird, bekommen sie ein modernes Verwaltungsgebäude 'state of the art'“, so Fellrath. Baudezernent Felix Ammann ergänzte, dass die Erweiterungen so geplant werden sollen, dass man auch in Zukunft reagieren kann. Wenn zum Beispiel noch weniger Platz benötigt wird, soll eine Etage auch vermietet werden können.

 

Jetzt, wo der Flächenbedarf feststehe, könne die Entwurfsplanung auch angepackt werden. „Der Architekt steht in den Startlöchern“, so Ammann. Berücksichtigen soll dieser eine Umsetzung des Projekts in drei Bauabschnitten. Schon beim Architektenwettbewerb habe der Kreis den Teilnehmern eine Prüfung dieser Option auf den Weg gegeben. Nun soll aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Zeiten und der Baukostenexplosion dieser Weg in den fortschreitenden Planungen explizit mitgedacht werden. Entschieden werden soll auf Grundlage der „qualifizierten Kostenschätzung“ dann zunächst über die Realisierung des ersten Bauabschnitts, die zwei weiteren würden zunächst zurückgestellt.

 

Die Überlegungen sehen in diesem Fall vor, mit dem Komplex zur Moltkestraße hin zu beginnen. Priorisieren müsste man allerdings, welche Ämter den Vortritt erhalten. Nur eins sei laut Ammann klar: „Das Jugendamt steht ganz oben auf der Liste“, da der Aufwand und die Personalkapazitäten sehr zugenommen hätten. Die Mitarbeiter in Gummersbach seien auf fünf Standorte verteilt, das mache die Kommunikation schwierig. Noch dazu ist keiner der Standorte barrierefrei. Rund 2.000 Quadratmeter sind für das Amt vorgesehen. Da ein erster Bauabschnitt etwa 5.000 Quadratmeter vorhalten soll, ist also noch ein bisschen Platz…

 

Der Beschluss über diese Vorgehensweise soll im Kreistag gefällt werden. Die SPD hatte noch Beratungsbedarf angemeldet. Heidrun Schmeis-Noack erinnerte daran, dass schon der verstorbene Fraktionsvorsitzende Ralf Wurth 2017 gefordert hatte, den Raumbedarf hinsichtlich der Entwicklungen in der Arbeitswelt zu überprüfen. Sie glaube jedoch nicht, dass es sich hier um eine „Abkehr vom Gigantismus“ handele. „Offenbar hat die Erkenntnis Einzug erhalten, dass die Kosten deutlich höher ausfallen, als gedacht“ - daher die Einteilung in Bauabschnitte. Dr. Friedrich Wilke (FDP/FWO/DU) sagte, dass er genug habe von „Fantasiezahlen“. Ohne eine qualifizierte Kostenschätzung sei alles „Teesatzleserei“, ergänzte Reinhold Müller, Vorsitzender des Auschusses und der FDP/FWO/DU-Fraktion. „Im Frühjahr 2025 können wir uns über konkrete Zahlen unterhalten.“

KOMMENTARE

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Platzmangel durch Personalüberschuss??

Bei allen Diskussionen um den Platzbedarf des „Kreishauses 2.0“ … Ich gönne es wirklich jedem Mitarbeiter oder Mitarbeiterin bei der Kreisverwaltung zu arbeiten, jedoch wurde sich schonmal Gedanke drüber gemacht ob die geschaffen Stellen wirklich alle notwendig bzw. Richtig angesiedelt sind ? In jeder Kommune des Kreises fehlen Mitarbeiter an jeder Ecke und es wird jeder Pfennig zweimal umgedreht. Fast alle Kommunen befinden sich am Rande bzw. In der Haushaltsicherung auch auf Grund der immer höheren werdenden Kreisumlage… Für die Außenstehenden vermittelt sich langsam der Eindruck der Kreis macht was er will und die Kommunen sind nur die Geldesel für den 200 Mio. Bau… Frei nach dem Motto: Hückeswagen ist ja weit genug weg.

Wer soll das Bezahlen…, 14.03.2024, 17:32 Uhr
2

Warum nicht im Schichtbetrieb arbeiten so wie es in der Industrie gang und gäbe ist????
Die Büros könnten dann doppelt genutzt werden und ständen nicht zweidrittel des 24 Stunden Tages ungenutzt Leer.

Das würde enormen Platz und Kosten sparen.

GM Bürger, 14.03.2024, 22:38 Uhr
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