POLITIK
Sondersitzung: SPD, Grüne und Die Linke scheitern mit Antrag
Gummersbach – Mehrheit stimmt für den Vorschlag von CDU, FDP/FWO/DU und UWG, eine Arbeitsgruppe zur Baubegleitung des Kreishausanbaus zu gründen – Standpunkte blieben unverändert – Vorwürfe auf beiden Seiten.
Von Lars Weber
Das voraussichtlich letzte Mal auf unbestimmte Zeit hat sich die knappe, aber stabile Mehrheit von CDU, FDP/FWO/DU und UWG am Donnerstagabend im Kreistag in der Halle 32 bei einem zentralen Thema durchgesetzt. Bei der Sondersitzung zum Thema Kreishausanbau, die auf Antrag von Grünen, SPD und Die Linke einberufen wurde (OA berichtete), brachten die Mehrheitsparteien am Ende ihren eigenen Antrag für die Gründung einer Arbeitsgruppe nach der Kommunalwahl zur Begleitung des Kreishausanbaus durch. Damit scheiterte die Opposition einmal mehr in der Wahlperiode, einen eigenen Antrag durchzubringen. Sie wollten das Megaprojekt des Kreises – 92 Millionen Euro sind für die Zentralisierung vorgesehen – pausieren, um doch noch einmal gemeinschaftlich über kostengünstigere Alternativen nachzudenken. Zwei Tage, bevor sich am Sonntag die Kräfteverhältnisse im Kreistag maßgeblich ändern könnten, geriet die Diskussion zum hitzig-emotionalen Wahlkampfendspurt.
Noch bevor die Sitzung von Landrat Jochen Hagt vor den Kreistagsmitgliedern und rund 30 Besuchern eröffnet wurde, übergab die Grünen-Landratskandidatin Bernadette Reinery-Hausmann dem scheidenden Kreischef die Unterschriften ihrer Petition „gegen den Glaspalast“ (Foto). 3.294 Unterschriften waren online zusammengekommen, die sich gegen das 143-Millionen-Euro-Projekt ausgesprochen hätten. Bei dieser Zahl wurden alle in der anfänglichen Planung beabsichtigten Bauabschnitte berücksichtigt. Beschlossen vom Kreistag wurde zunächst lediglich ein Bauabschnitt, der 92 Millionen Euro kosten soll. Eine Umsetzung der weiteren Abschnitte war beim Kreis zuletzt kein Thema. In der Schublade liegen die Planungen aber freilich trotzdem.
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[Foto: Lars Weber.]
Schon mit in einem offenen Brief, in dem CDU, FDP/FWO/DU und UWG ihren eigenen Antrag verbreitet hatten (OA berichtete), hatten sie durchblicken lassen, nach 15 Jahren der Planungen nicht nach Alternativen zur Zentralisierung der Verwaltung an der Moltkestraße suchen zu wollen. Die Sondersitzung sei reiner Wahlkampf. Daher beantragte CDU-Fraktionschef Michael Stefer direkt zu Beginn eine Redezeitbegrenzung von acht Minuten, die mehrheitlich angenommen wurde.
Die Opposition musste also auf die Tube drücken. „Mit dem Antrag haben Sie ja gleich gezeigt, wo die Reise in Sachen Kompromissbereitschaft hingeht“, sagte SPD-Fraktionschef und Landratskandidat Dr. Sven Lichtmann Richtung Stefer. Anschließend erklärte er die „Charmeoffensive“ des Kreises (Erklärungen zum Thema Kreishausanbau in den Sozialen Medien und Vorträge in den kommunalen politischen Gremien) für gescheitert. Es sei eher eine „Desinformationskampagne“ gewesen. Ebenso sei die Prüfung der Kosten durch externe Gutachter ein „Feigenblatt“ gewesen, da den Experten schlicht die falschen Fragen gestellt worden seien. „Die Frage hätte lauten müssen: Ist es überhaupt sinnvoll, am Standort Moltkestraße zu bauen?“ Die Opposition beantwortet diese Frage mit einem entschiedenen Nein. Der Antrag der CDU ließe ihn an deren „Ernsthaftigkeit zweifeln“. Da das Einfrieren der Planungen dort nicht angestrebt werde, würde die Arbeitsgruppe am Ende nur zusehen, wie die Bagger ihre Arbeit machen.
Der Vorschlag von SPD, Grünen und Die Linke: Innerhalb der nächsten sechs Wochen die Arbeitsgruppe aus dem Kreistag heraus zu gründen, die uneingeschränkt Akteneinsicht bekommt. So können die aktuellen Pläne überprüft und auch nach Alternativen gesucht werden. Nach spätestens sechs Monaten soll ein Beschlussvorschlag stehen. Bis dahin sollten die aktuellen Planungen nicht weiterverfolgt werden. „Im neuen Kreistag ist ein gutes Miteinander wichtig“, sagte Dr. Lichtmann.
Bernadette Reinery-Hausmann verwies auf ihre Petition und die Zuschauer in der Halle 32. Es sei noch nie ein so großes Interesse dagewesen an einem Thema, das im Kreistag nur eine knappe Mehrheit gefunden habe. Viele Menschen seien gegen das Projekt. „Diese Stimmen sollte man nicht ignorieren. Es geht nicht um Blockade, sondern um Verantwortung.“ Die aktuellen Planungen bezeichnete sie als Prestigeobjekt, obwohl gleichzeitig Geld in Straßen oder Schulen gesteckt werden müsse. „Eine breite Mehrheit wäre wichtig“ bei solch einem großen Projekt. Deshalb sollte jetzt nach günstigeren Alternativen gesucht werden.
Den Mehrheitsfraktionen sei es nicht gelungen, offensichtliche Probleme „offen und ehrlich“ anzugehen, so Jan Köstering (Die Linke). Der CDU-Antrag sei Augenwischerei, eine „Beruhigungsspritze im Wahlkampf“. Ohne Moratorium verkomme die Arbeitsgruppe zur Alibirunde. Es würden rücksichtslos Fakten geschaffen. Auch die AfD-Fraktion kritisierte die aktuellen Kreishausplanungen. Knackpunkt, so Fraktionschef Bernd Rummler, sei die Kostenexplosion nach Corona gewesen. „Dann hätte alles auf Null gesetzt werden müssen.“ Er stellte einen eigenen Antrag, der weitestgehend deckungsgleich war mit jenem der Opposition. Allerdings sollte die Arbeitsgruppe erst nach der Wahl gegründet werden – mit den neuen Kräfteverhältnissen.
CDU, FDP/FWO/DU und UWG verteidigten die bisher getroffenen Entscheidungen scharf. Stefer bezeichnete die grüne Petition angelehnt an die bekannte Legende aus Hameln als „Rattenfängerei“. Eine Äußerung, für die er später stark von Dr. Ralph Krolewski (Grüne) kritisiert wurde, da dies „ein rechter Kampfbegriff“ sei. Stefer führte aus, dass jede dieser Entscheidungen demokratisch legitimiert wurden. Die Grünen mit ihrer Petition würden Fakten „manipulieren und verdrehen“, dabei hätten sie selbst einige der zurückliegenden Entscheidungen selbst mitgetragen. Die Zahl der Unterschriften unter der Petition beeindruckten Stefer nicht, allein für ein Bürgerbegehren seien fast 9.000 Unterschriften nötig. „Sie maßen sich an, die Stimme des Volkes zu sein“, sagte er Richtung Reinery-Hausmann. Mit ihrem Verhalten hätte die Opposition nur mehr Politikverdrossenheit geschürt – neue Argumente aber haben sie nicht. Er stellte nochmals klar, dass die externen Gutachter bestätigt hätten, dass das geplante Verwaltungsgebäude in dieser Größe „im gesunden Mittelmaß“ liege.
FDP/FWO/DU-Fraktionschef Reinhold Müller warf der Opposition vor, das Moratorium, das bereits vom Kreistag mehrheitlich abgelehnt wurde, nun durch die Hintertür erreichen zu wollen. Dabei sei die aktuelle Lage „kein luftleerer Raum“. Es gebe schon Zahlungsverpflichtungen und Verträge, die den Kreis binden würden nach dem Architekturwettbewerb. Er selbst habe wie sein Kollege Stefer auch in Bürgergesprächen viel Verständnis für die Planungen erfahren. Mit der Entscheidung für den Kreishausanbau werde die „seriöse und erfolgreiche Politik der vergangenen 20 Jahre fortgeführt“. Dem pflichtete Klaus Solbach, Vorsitzender der UWG-Fraktion, bei. Nach einer 15-jährigen Planungsphase sollte es keine weiteren Verzögerungen geben. Alles liege schon lange auf dem Tisch, nun müsse es an die Umsetzung gehen.
Die Abstimmung verlief erwartbar. Die Opposition stimmte für den eigenen Antrag, die Mehrheitsfraktionen dagegen. Die AfD enthielt sich, die vier Mitglieder stimmten dafür als einzige für den eignen Antrag. Abschließend wurde der Antrag der Mehrheitsfraktionen mit diesen Stimmen verabschiedet.
Schon am Montag nach der Wahl sollen die Pläne des Kreises vorangetrieben werden. Dann wird im Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Gummersbach über die Aufstellung des Bebauungsplans „Kreishaus Erweiterung“ beraten und entschieden.
KOMMENTARE
1
Wenn Herr Stefer Frau Reinery-Hausmann als "Rattenfängerin" bezeichnet sind also alle Unterzeichner der Petition als Ratten anzusehen.
Solch eine "schmeichelhafte" umschreibung jener Mitbürger die anderer Ansicht im Bezug auf den Kreishausneubau sind gelinde gesagt eine bodenlose Unverschämtheit.
Möge der Wähler am Sonntag darauf die passende Antwort geben.
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2
Es ist schon paradox, gerade wenn man Rückschau hält und in die Heimat der SPD Parteizentrale, nach Engelskirchen.
Hier war die SPD (natürlich nur Engelskirchen) eine der größten Befürworterinnen der Projekts ' Alte Bücherfabrik', obwohl drei Fraktionen (Ratsmehrheit) aufgrund zu hoher, erwartbarer Kosten für den laufenden Haushalt dagegen waren.
Jetzt, bei ersten Teil des Kreishausneubaus, bei dem ein Puffer von 20% eingerechnet und der keine neuen Kredit aufnimmt, ist man dagegen. Zumal die Kreisumlage, wie in den Sitzung offengelegt, nicht erhöht wird.
Und: der Kreishausausbau und die Zentralisierung sind dringend notwendig und sparen sogar Kosten ein. Hier ist der Kreis in der Pflicht. In Engelskirchen war die eher ein Küraufgabe. Wie schnell es sich drehen kann ...
3
Ja, so wird Geld zum Fenster rausgeschmissen, das anderswo dringend gebraucht wird. Ja, der Wähler möge darauf entsprechend reagieren!
J. Gelbe-Haußen, 12.09.2025, 17:01 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
