POLITIK

„Die Haushaltsgenehmigung wird es nur auf dem Papier geben“

lw; 16.12.2021, 14:22 Uhr
Symbolfoto: Bruno /Germany auf Pixabay
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„Die Haushaltsgenehmigung wird es nur auf dem Papier geben“

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lw; 16.12.2021, 14:22 Uhr
Wipperfürth – Kämmerer Herbert Willms verabschiedet sich mit einem Entwurf, der (noch) keine Steuererhöhungen vorsieht – Nur über Covid-Isolierungsgesetz wird Ausgleich geschafft – Neuausrichtung von Rathaus und Kolpinghaus soll angegangen werden.

Von Lars Weber

 

Noch bis zum 31. Dezember ist Herbert Willms in Diensten der Hansestadt Wipperfürth, dann geht er in die passive Phase der Altersteilzeit. Bei der gestrigen Ratssitzung in der Alten Drahtzieherei wurde der Kämmerer bereits verabschiedet. Auch er selbst hatte dazu eine Rede vorbereitet: Seine letzte Einbringung eines Wipperfürther Haushalts, bevor im Januar sein Nachfolger Martin Häck übernimmt. „Es war der schwierigste Haushalt“, wie Willms selbst sagte. Nachdem die Stadt Ende 2020 nach acht Jahren das eine Haushaltssicherungskonzept verlassen hatte, war aufgrund der Pandemie direkt das nächste fällig. Ende 2023 möchte die Stadt wieder einen positiven Abschluss haben, das ist das Ziel. Trotzdem: Auf Steuererhöhungen soll verzichtet werden – zumindest noch in diesem Jahr.

 

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Mit Blick auf das aktuelle Haushaltsjahr stellte Willms fest, dass der Verlust doch etwas geringer ausfallen wird, als dies zunächst eingeplant war. Vor allem aufgrund von höheren Gewerbesteuereinnahmen (ein Plus von 1,8 Millionen Euro, insgesamt rund 18 Millionen Euro) werde am Ende ein Defizit von 4,3 Millionen Euro und nicht von 6 Millionen Euro stehen. „Da kommen wir mit einem blauen Auge raus“, so Willms.

 

Viel besser sieht es für den Haushalt 2022 auch nicht aus. Auch dieser wird zwar genehmigungsfähig sein, dies habe man aber allein der Bilanzierungshilfe, dem Covid-Isolierungsgesetz, zu verdanken. Die Hansestadt Wipperfürth schiebt nach der aktuellen Finanzplanung bis 2025 rund 15 Millionen Euro an Belastungen vor sich her. Bei einer vorgesehenen Abschreibung über 50 Jahre wären dies 364.000 Euro pro Jahr, die ab 2025 über diese fünf Jahrzehnte zusätzlich zu erwirtschaften wären. In diesem Zusammenhang forderte Willms echte finanzielle Hilfen für die Kommunen.

 

Der Haushaltsentwurf in Zahlen (in Euro)

 

Erträge: 62,2 Millionen

Aufwendungen: 68,9 Millionen

Bilanzierungshilfe (C19-Isolierungsgesetz): 4,8 Millionen

 

Steuern (alle stabil): Grundsteuer A: 400 v.H., Grundsteuer B: 630 v.H., Gewerbesteuer:  470 v.H.

 

Einnahmen:

Gewerbesteuereinnahmen: 16,0 Millionen

Einkommen- / Umsatzsteueranteil / Kompensationszahlung: 15,8 Millionen

Grundsteuer B:  4,6 Millionen

Schlüsselzuweisungen: keine

 

Ausgaben:

Personal: 14,9 Millionen

Investitionen: 28 Millionen

Kreisumlage: 13,4 Millionen

 

Kreditaufnahme: 19 Millionen

 

So steht laut Plan 2022 ein Zwischenergebnis von rund 6,68 Millionen Euro Minus, das durch die Bilanzierungshilfe von rund 4,8 Millionen Euro noch auf rund 1,8 Millionen Euro aufgehübscht wird. „Die Haushaltsgenehmigung wird es nur auf dem Papier geben und ist sehr fragil“, macht Willms deutlich. Zwar wird in diesem Entwurf noch auf Steuererhöhungen verzichtet, er stimmte die Politik aber schon auf Diskussionen ein. Gewerbesteuer und Grundsteuer B gehörten nun einmal zu den Haupteinnahmequellen und sind ein wichtiger Faktor für einen soliden Haushalt. Man müsse sich überlegen, was man sich für die Stadt leisten möchte – und wie.

 

Bis 2025 sollen 75 Millionen Euro investiert werden, bei 50 Millionen Euro Kreditbedarf. Im kommenden Jahr allein sind es 28 Millionen Euro an Investitionen. Gerade wichtige infrastrukturelle Projekte sind notwendig. Ins Engelbert-von-Berg-Gymnasium werden bis 2025 17 Millionen Euro in die energetische Sanierung, den Ausbau des Ganztags oder auch in den Brandschutz fließen. Auch in der Konrad-Adenauer-Hauptschule stehen ähnliche Maßnahmen auf dem Plan und kosten bis 2025 mehr als zehn Millionen Euro. Unter anderem muss sich die Stadt auch um die Folgen der Hochwasserkatastrophe kümmern. Wie Bürgermeisterin Anne Loth sagte, seien von 80 Brücken im Juli allein 60 beschädigt worden. Auf 2,5 Millionen Euro bilanzierte sie die Schäden. Die Brücken sollen bis 2025 mit finanzieller Unterstützung vom Land wieder instandgesetzt werden.

 

Spannend für den Haushalt wird auch die Neuausrichtung von Kolpinghaus und Rathaus werden, wo auf der einen Seite dringender Sanierungsbedarf und auf der anderen Seite weiterer Platzbedarf zusammenkommen. Auf Grundlage der umfangreichen Bedarfsanalyse der „assmann-Studie“ aus dem Jahr 2020 wurde verwaltungsintern das Thema weiterverfolgt. Das Rathaus solle als innerstädtische Anlaufstelle für alle Bürger künftig zusammen mit dem Kolpinghaus und möglichen baulichen Erweiterungen zu der zentralen Serviceeinrichtung der Stadt werden. Es werde dabei ein möglichst umfangreicher Erhalt der denkmalgeschützten Substanz des Rathauses sowie der stadtbildprägenden Fassade des Kolpinghauses angestrebt. Mit 15 Millionen Euro Investitionskosten bis zum angestrebten Ende der Umsetzung 2028 wird gerade gerechnet. Kurzfristig würden im Jahr 2022 für den „Anschub“ der Maßnahmen rund insgesamt 340.000 Euro für Ausschreibungs- und Planungskosten notwendig sein.

 

Der Beschluss über den Haushaltsentwurf soll im März gefasst werden. Dann bereits mit dem Willms-Nachfolger Martin Häck.

 

34 Jahre bei der Hansestadt

 

Der gebürtige Hückeswagener Herbert Willms begann seine berufliche Karriere nach einem dualen Studium zum Diplom-Verwaltungswirt bei der Verwaltung in Remscheid im Sozialamt. 1987 wechselte Willms zur Hansestadt Wipperfürth. Dort wurde er Leiter des Steueramts, dann 1995 Leiter der Kämmerei. Seitdem hat er seine Hände bei den Stadt-Haushalten mit im Spiel. Kämmerer war damals Kurt Orbach. 2015 bekleidete Willms zunächst kommissarisch das Amt des Kämmerers, bevor ihn der Rat 2016 zum Nachfolger des verstorbenen Frank Trompetter machte.

 

Den Nachfolger von Willms, Martin Häck, stellte OA hier vor.

 

[Foto: Leif Schmittgen --- Herbert Willms (l.) zusammen mit seinem Nachfolger Martin Häck.]

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