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Den Schuldenschnitt im Blick: Klare Mehrheit für Haushaltsentwurf

lw; 07.03.2025, 13:07 Uhr
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Symbolfoto: Willfried Wende from Pixabay
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Den Schuldenschnitt im Blick: Klare Mehrheit für Haushaltsentwurf

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lw; 07.03.2025, 13:07 Uhr
Nümbrecht – Rat verabschiedet den Etat – Verzicht auf Doppelhaushalt – Über mögliche Steuererhöhung soll erst Ende des Jahres gesprochen werden.

Von Lars Weber

 

Die Hoffnung nach einer Übernahme von Altschulden durch das Land in Nümbrecht lebt. Wie berichtet, gehen Verwaltung und Politik aktuell davon aus, dass vielleicht schon in diesem Jahr das Land Kredite im Wert von 15 Millionen Euro der Gemeinde abnehmen könnte. Der Bund könnte folgen. Für die überschuldete Gemeinde, die im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts bis 2031 wieder Eigenkapital erwirtschaften muss, wäre dieser Schritt ein Segen. Zumindest kurzfristig könnte dies eine für 2026 geplante Erhöhung der Grundsteuer B auf einen Hebesatz in Höhe von 950 Prozentpunkten überflüssig machen. Und genau um diese Entscheidung jetzt noch nicht treffen zu müssen, hat der Rat sich am Mittwoch einstimmig dafür entschieden, doch keinen Doppelhaushalt zu verabschieden – und einem CDU-Antrag zu folgen. Eine breite Mehrheit gab es dann auch für den Haushalt, der damit verabschiedet wurde.

 

Im Vergleich zur Einbringung hatte Kammerer Reiner Mast leicht abgeänderte Zahlen mitgebracht. 57,6 Millionen Euro an Erträgen (bei der Einbringung 60,8) standen nun 59,8 Millionen Euro (63,6) an Aufwendungen gegenüber – damit verringerte sich das geplante Defizit von 2,74 auf 2,2 Millionen Euro. Angepasst werden wie geplant die Hebesätze nach der Grundsteuerreform auf den vom Land vorgeschlagenen Satz, der für die Verwaltung Aufkommensneutralität bedeutet. Die Grundsteuer A sinkt von 329 auf 299, die Grundsteuer B steigt von 675 auf 730 v.H., die Gewerbesteuer wird leicht angehoben von 510 auf 520 Prozentpunkte.

 

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Für eine Menge Diskussionen und Empörung hatte in den Wochen vor der Sitzung die Veröffentlichung eines Gutachtens zur Einbringung des Haushalts gesorgt. Von einer neuen Bürgerinitiative beaufragt, hatte Dr. Manfred Busch, vor dem Ruhestand unter anderem Kämmerer in Wesel und Bochum, und außerdem für die Grünen acht Jahre lang im NRW-Landtag, die Analyse angefertigt. Im Jahr zuvor war er von den Nümbrechter Grünen beauftragt worden. Verbreitet hatte das Gutachten mit Markus Schauf ein parteiloser Bürgermeisterkandidat. Das Vorgehen und auch die Inhalte des Gutachtens wurden seitens der meisten Fraktionen und der Verwaltung kritisiert und dagegen argumentiert (OA berichtete). Die Geschehnisse führten auch dazu, dass sich die Fraktionen die Haushaltsreden in diesem Jahr nicht nehmen ließen.

 

Thomas Hellbusch, der für die CDU Hilko Redenius im Herbst als Bürgermeister beerben möchte, sagte, dass die Situation rund um das Gutachten „wie ein schlechter Scherz“ anmute. Sogar die Kommunalaufsicht sei aufgefordert worden, einzugreifen. „Diese Forderungen zeigen, dass einige Beteiligte die Strukturen und Zuständigkeiten der Kommunalverwaltung nicht richtig verstehen.“ Hellbusch sprach anschließend über die vielfältigen Investitionen (vor allem in Feuerwehr und Bildung). Denn: „Bei allem Sparwillen muss man auch weiter investieren, damit die Gemeinde auch in Zukunft noch lebenswert ist.“

 

Grünen-Fraktionschefin Andrea Saynisch freute sich, dass der Rat in der Diskussion zurück zu einer sachlichen Ebene gefunden habe. Nicht kritisch zu hinterfragen, sei bedenklich. Aber auch Widerspruch auszuhalten gehöre zu einer lebendigen Demokratie. Sie distanzierte sich von der durch das Gutachten passierten Eskalation. Obwohl die Grünen natürlich nicht gegen Investitionen in Feuerwehr oder Schulen seien, sehen sie eine unsichere finanzielle Grundlage für diese Investitionen. „Wir haben Zweifel an der Tragfähigkeit der Planungen.“ Deshalb stimmten die Grünen auch gegen die Verabschiedung.

 

Zweifel daran, dass mit dem Schuldenschnitt die finanziellen Probleme in Nümbrecht der Vergangenheit angehören werden, äußerte Ira Hennecken, die Chefin der SPD-Fraktion. „Die freiwerdenden Gelder werden bei weitem nicht ausreichen, um die für einen starken Wachstumsstandort notwendigen Investitionen bereitzustellen.“ Direkt neue Schulden zu machen, sei keine nachhaltige Finanzpolitik. Bei Investitionen müsse es darauf ankommen, „dass sie dem Kern unseres Nümbrechter Selbstverständnis entsprechen“.

 

GUD-Fraktionsvorsitzender Wilhelm Weber ist überzeugt, dass im Haushalt die richtigen Akzente gesetzt werden. Er erinnerte daran, dass es für große Veränderungen – wie die Unternehmungen GWN-Windpark, das MVZ oder das Parkhotel – Mut benötige. Den Altschuldenschnitt bezeichnete er als „Hoffnungsschimmer am Horizont“. „Wir werden den gemeinsamen Weg auch weiter mittragen und -gestalten.“

 

Carsten Frommhold (FDP) erinnerte daran, dass der mögliche Schuldenschnitt ein Einmaleffekt sei. Die Ursachen für die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen behebe dies nicht, dafür seien Gesetzesänderungen nötig bei Land und Bund, die weiterhin fehlten. Die Gemeinde müsse selbst Ideen haben, „agieren statt reagieren“. Als Beispiele nannte er interkommunale Kooperationen, wodurch die Verwaltung entlastet und Kosten gespart werden könnten oder mehr Homeoffice im Rathaus, was zu vermietbarem Raum führen könnte.

 

Die inzwischen fraktionslose Dr. Iris Kunadt warf der Verwaltung und der Politik vor, nach dem „Prinzip Täuschung“ vorzugehen. Sie wiederholte ihre Kritik am Haushalt, für die unter anderem das Gutachten die Basis bildet. Sie sprach von "Luftschlössern" und "potemkinschen Dörfern", die von Verwaltung und Politik errichtet worden seien. Ihrer Meinung nach verstoße der Haushaltsentwurf gegen geltendes Recht. Eine Meinung, mit der sie im Gremium allein war. Ihr Antrag, die Abstimmung zu verschieben, bekam nur ihre Stimme bei sechs Enthaltungen. Bürgermeister Hilko Redenius verteidigte nicht nur die Arbeit seiner Verwaltung und die demokratischen Entscheidungen des Rates, sondern bezeichnete einige Ausführungen Kunadts als „Lüge und Frechheit“.

 

Gegen den Haushaltsentwurf stimmten die Grünen, Dr. Iris Kunadt und Rüdiger Hagelstein von der WGHL. Die restlichen 28 Ratsmitglieder sorgten für eine deutliche Mehrheit.

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