POLITIK

Bergisches Forum verschwindet in der Schublade

lw; 28.09.2022, 16:08 Uhr
Grafik: EGG --- So sah eine frühe Projektskizze für das Bergische Forum für Wissen und Kultur aus.
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Bergisches Forum verschwindet in der Schublade

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lw; 28.09.2022, 16:08 Uhr
Gummersbach – Rat stimmt geschlossen für den Rückzug aus dem Projekt – Die Stadtverordneten bedauern den Schritt, sehen aber keine Alternative.

Von Lars Weber

 

Eigentlich sollte das Bergische Forum für Wissen und Kultur ein Vorzeigeprojekt werden. Die Stadt Gummersbach und der Oberbergische Kreis wollten rund um das ehemalige Hohenzollernbad der Kreis- und Stadtbücherei, den beiden Volkshochschulen und dem Kreisarchiv ein modernes Zuhause bieten. Zudem wollte die Stadt den angedachten Multifunktionssaal mit einem Theaterprogramm bespielen. Im Rahmen der Regionale 2025 sollte das Projekt entwickelt werden, die Aussichten auf einen A-Stempel waren gut. Doch vor gut zwei Wochen trat Bürgermeister Frank Helmenstein vor die Presse und kündigte in Absprache mit dem Kreis den Rückzug von einem seiner Herzensprojekte an (OA berichtete). Der Gummersbacher Rat bestätigte diese Strategie nun bei seiner Sitzung in der Halle 32 und hob einen Beschluss aus dem März auf. Damit wird der Architektenwettbewerb nicht durchgeführt.

 

Bürgermeister Helmenstein fasste eingangs nochmal die Beweggründe von Stadt und Kreis zusammen. „Die Bundesrepublik steuert auf die schwerste Wirtschaftskrise seit ihrer Gründung zu.“ Viele Menschen würden in diesem Zuge in finanzielle Nöte geraten, manche seien es schon jetzt. Ein Projekt wie das Bergische Forum sei schlicht nicht vermittelbar in solchen Zeiten. Zugleich schlagen sich die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die Energiekrise im städtischen Haushalt nieder. „Die fetten Jahre sind vorbei.“ Man müsse nun mit Defiziten im Haushalt rechnen. Nicht leichter mache die Situation, dass aufgrund der guten Gewerbesteuereinnahmen die Schlüsselzuweisungen um rund elf Millionen Euro geringer ausfallen. Dritter Faktor für den Stopp des Projekts seien die Fördersätze, die auch aufgrund der Corona- und Entlastungspakete nicht mehr so üppig sind.

 

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Es sei die einzig richtige Entscheidung, das Projekt zunächst ruhen zu lassen. „Es tut weh, aber es muss sein.“ Mindestens bis 2025 werde das Bergische Forum kein Thema sein. „Es gilt nun, neue Belastungen zu vermeiden und sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren“, so Helmenstein. Und dazu gehörten Kitas, Schulen, Feuerwehr oder auch der Glasfaserausbau. Trotzdem müssten auch die veralteten Räume der Bücherei oder die VHS – die städtische Volkshochschule hat kein eigenes Gebäude – mittelfristige Themen bleiben. Helmenstein kündigte an, trotz der Lage an den aktuellen Steuersätzen festhalten zu wollen.

 

Aus den Fraktionen gab es bedauernde Zustimmung. „Das Projekt war von Anfang an gut durchdacht und wir hätten mehrere Probleme auf einmal gelöst“, sagte SPD-Fraktionschef Thorsten Konzelmann mit Bezug auf die alten Räume der Bücherei oder auch das sanierungsbedürftige ehemalige Hohenzollernbad. Rainer Sülzer (CDU) ergänzte, dass auch die Christdemokraten sich stets für das Projekt eingesetzt hätten – unter dem Vorbehalt einer gesicherten Finanzierung. Endgültig beerdigen solle man das Projekt aber nicht. FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Ulrich von Trotha störte sich daran, dass der Kreishaus-Ergänzungsbau zeitgleich weiter vorangetrieben werden soll. „Den wird Gummersbach mittragen müssen.“ Diyar Agu, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, merkte an, dass angesichts der finanziellen Lage keine Debatten verboten werden sollten, auch über Steuererhöhungen.

 

Der Beschluss der Ratsmitglieder für den Stopp des Projekts fiel einstimmig. Am 20. Oktober wird der Tagesordnungspunkt schließlich auch im Kreistag behandelt. Dort ist nicht mit einem anderen Ergebnis zu rechnen.

 

Aus dem Rat

 

Alle Leistungsbezieher nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind künftig in Gummersbach davon befreit, für ihren Hund Steuern zu bezahlen. Der Nachtrag für die Hundesteuersatzung ist mehrheitlich vom Rat entschieden worden. Das Thema kam vermehrt auf, seitdem seit März Vertriebene aus der Ukraine nach Gummersbach kommen. „In Anbetracht der Umstände und der persönlichen Situation der betroffenen Personen war eine Anmeldung und Besteuerung der Hunde jedoch aus Sicht der Verwaltung nicht zumutbar und geboten“, heißt es in der Beschlussvorlage. Jedoch passten die bisherigen Gründe für eine Befreiung nicht in jedem individuellen Fall, was eine Änderung der Satzung nötig machte.

 

Obwohl das Thema bereits in zwei Ausschüssen beraten wurde, wollte die Linke-Fraktion mit einem Änderungsantrag kurzfristig noch erreichen, alle Menschen von der Steuer zu befreien, die Transferleistungen beziehen. Der Vorstoß wurde aber mehrheitlich abgelehnt. Die Verwaltung sieht diese Ungleichbehandlung als gerechtfertigt, da der Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, anders als beim SBG-Leistungsbezug, grundsätzlich keinen Raum zur Begleichung einer Hundesteuer biete und wesentlich stärker von Sachleistungen ausgehe.

KOMMENTARE

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Vernunft kehrt ein.

Gummersbacher, 28.09.2022, 17:15 Uhr
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