POLITIK

Antrag abgelehnt: Es bleibt beim Doppelhaushalt im Kreis

lw; 01.04.2022, 18:00 Uhr
POLITIK

Antrag abgelehnt: Es bleibt beim Doppelhaushalt im Kreis

  • 0
lw; 01.04.2022, 18:00 Uhr
Oberberg – Opposition wollte einjährigen Rhythmus – Nachtragshaushalt ging aber einstimmig durch – Bergisches Forum nimmt Hürde – Talbrücke Rahmede war Thema.

Von Lars Weber

 

Alle zwei Jahre bringt der Kreiskämmerer ein dickes Zahlenwerk in den Kreistag ein, in dem sämtliche Vorhaben und Notwendigkeiten, alle Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung für die kommenden 24 Monate vermerkt sind: der Doppelhaushalt. Seit mehr als zehn Jahren besteht diese Praxis – und daran wird sich auch jetzt nichts ändern. Ein Antrag von SPD, Grünen und Die Linke hat bei der Sitzung des Kreistags am Donnerstag in der Halle 32 in Gummersbach keine Mehrheit gefunden. Die Fraktionen und die Kreistagsgruppe wollten die Einjährigkeit bei der Haushaltseinbringung und -verabschiedung wiederherstellen. Unter anderem sollte damit eine Nachtragshaushaltssatzung, wie sie bei der Sitzung auf der Tagesordnung stand, zukünftig vermieden werden.

 

Die Opposition erklärten ihre Absichten bei den kurzen Reden zum Nachtragshaushalt und später vor der Abstimmung über den Antrag selbst. Besonders in der jetzigen Zeit mit vielen Unsicherheiten würden die Herausforderungen für Kommunen und Kreis noch größer, sagte Marie Brück (Grüne). „Wir müssen gesamtgesellschaftlich als Team arbeiten.“ Dies würde eine große Flexibilität voraussetzen, die sie beim Doppelhaushalt vermisse. „Ständige Nachbesserungen“ an dem großen Zahlenwerk würden so vermieden. Heidrun Schmeis-Noack (SPD) ergänzte, dass die Beratung und Verabschiedung des Haushalts das „erkämpfte Recht jeder Volksvertretung“ sei. Der Doppelhaushalt schränke dieses Recht massiv ein. Jährliche Haushalte würden diese Rechte des Kreistags stärken.

 

WERBUNG

Aus Sicht der Verwaltung hätten sich die Doppelhaushalte allerdings bewährt, ohne dass die Flexibilität oder die Handlungsfähigkeit beeinflusst gewesen seien. So habe es bislang lediglich zweimal einen Nachtragshaushalt gegeben, 2014 und in diesem Jahr. Darauf verwies auch Reinhold Müller (Fraktionschef FDP/FWO/DU). „Der Doppelhaushalt ist keine Rechtsbeschneidung, sondern eine gute Arbeitsvorlage für Kreis und auch für die Kommunen“, betonte er. Michael Stefer, Fraktionsvorsitzender der CDU, wies weiter darauf hin, dass die Verwaltung aufgrund des Doppelhaushalts durchgängig handlungsfähig bliebe und nicht jedes Jahr bis März oder gar Mai auf die Haushaltsgenehmigung warten müsse. „So ist gerade das zweite Haushaltsjahr sehr effektiv.“ Der Antrag der Opposition wurde mehrheitlich abgelehnt.

 

Trotz dieser unterschiedlichen Auffassungen herrschte bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts Einigkeit bei den Kreistagsmitgliedern. Bei dem Zahlenwerk hatten sich seit der Einbringung im Dezember durch Kreisdirektor Klaus Grootens (OA berichtete) nur kleine Details verändert. Die Gründe für die Korrektur des Doppelhaushalts unter anderem: die Umsetzung des Rettungsdienstbedarfsplans, die Neuausrichtung des Jugendamts, die Reduzierung der Zuschüsse an die Agewis (Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren) und der Kreistagsbeschluss, einen Teil der Ausgleichsrücklage zur Entlastung der Kommunen einzusetzen. Alle Gründe waren für die Politiker unstrittig.

 

Dies wurde auch in den Haushaltsreden deutlich. Besonders die Umsetzung des Rettungsdienstbedarfsplans ist für alle Fraktionen und Gruppen alternativlos – „nichts ist wichtiger als der Rettungsdienst“, sagte zum Beispiel Bernd Rummler (AfD). Michael Stefer (CDU) sieht dabei vor allem die Besetzung der 150 neu zu schaffenden Stellen als „riesige Herausforderung“. Er freue sich in dem Zusammenhang, mit der Agewis eine gute Basis zu haben.

 

Zustimmung gab es auch für 20 weitere Stellen, um das Jugendamt neu aufzustellen, auch von der SPD. Tobias Schneider warf der Verwaltungsspitze auf Grundlage des Inselgutachtens, das die Neuausrichtung einleitete, vor, von der Unterbesetzung schon seit 2018 gewusst und unangemessen reagiert zu haben. Ein Vorwurf, den Reinhold Müller (FDP/FWO/DU) zurückwies. „Ich kann keine größeren Versäumnisse der Verwaltungsleitung erkennen.“

 

Keine weiteren Diskussionen gab es über den Einsatz der Ausgleichsrücklage, um die Kommunen finanziell zu entlasten. Nach teils derben Auseinandersetzungen zwischen den Fraktionen bei dem Thema in der Vergangenheit zeigte sich Jürgen Poschner (UWG) dankbar dafür, dass nun „nicht mehr verbal aufeinander eingedroschen“ wurde, sondern wieder gegenseitiger Respekt herrsche. Die Nachtragshaushaltssatzung wurde einstimmig verabschiedet, ebenso wie unter anderem der Stellenplan.

 

Aus dem Kreistag
 

Landrat Jochen Hagt ging in einer Rede auf den Krieg in der Ukraine ein. „Wir sind betroffen. Die Welt hat sich über Nacht verändert.“ Er zeigte viel Mitgefühl für die Ukrainer, die nun um ihre Familie und Freunde fürchten müssten. Beeindruckend nannte Hagt die Unterstützung der Menschen, auch im Oberbergischen. „Sie öffnen ihre eigenen Türen, das ist ein starkes Zeichen für Mitmenschlichkeit.“ Auf dieses Engagement sei er stolz und er sagte „Danke“. Er betonte auch, dass der Krieg in der Ukraine nicht der Krieg der unbeteiligten russischen Bevölkerung oder der Oberberger mit russischen Wurzeln sei. „Ausgrenzungen und Anfeindungen sind fehl am Platz!“ Rund 2.100 Ukrainer befanden sich am Mittwoch im Kreis. Städte, Gemeinden und der Kreis stünden vor einer gemeinsamen Herausforderung. Die Rede endete mit einer Schweigeminute.

 

[Grafik: EGG --- Eine frühe Skizze des Bergischen Forums. Wie es wirklich aussehen könnte, wird der Architektenwettbewerb zeigen.]

 

Das Bergische Forum für Wissen und Kultur hat die nächste Hürde genommen. Die Kreistagsmitglieder entschieden sich wie schon der Rat Gummersbach einstimmig dafür, ein Raumprogramm zu erstellen und einen Architektenwettbewerb auszuloben. Bei dem gemeinsamen Regionale-2025-Projekt der Stadt Gummersbach und des Oberbergischen Kreises um das ehemalige Hohenzollernbad sollen die Volkshochschulen, Kreisarchiv, Kreis- und Stadtbibliothek und ein Auditorium mithilfe eines modernen Konzepts an dem zentralen Ort konzentriert werden. Eine Theaternutzung muss die Stadt Gummersbach auf eigene Rechnung prüfen lassen. Auch Folgekosten in diesem Bereich soll sie übernehmen.

 

Die Vollsperrung der A 45 Lüdenscheid-Nord und Lüdenscheid aufgrund der Schäden an der Talbrücke Rahmede trifft auch viele oberbergische Betriebe hart. Der Kreistag beauftragte bei seiner Sitzung einstimmig den Landrat, sich dafür einzusetzen, dass alle Anstrengungen unternommen werden, um die für die Region sehr wichtige Verkehrsbindung „unverzüglich wieder zu ertüchtigen“. Auch die Optionen für die finanzielle Unterstützung betroffener Unternehmen solle geprüft werden. „Dies werde ein integraler Bestandteil unserer Bemühungen sein“, sagte Hagt.

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG