POLITIK
„Wahlkampf aus, Verantwortung an“
Gummersbach – CDU und SPD unterschreiben den Koalitionsvertrag – Konstruktive Gespräche für eine gemeinsame Marschroute – Stabile Mehrheit von 41 von 72 Sitzen – Lösungen bei Kreishauserweiterung gefunden - Kein neuer Kreisdirektor.
Von Lars Weber
Es ist eine Entwicklung, auf die man vor der Kommunalwahl sicherlich nicht gesetzt hätte: Die CDU und die SPD im Kreis haben Donnerstagmittag im Innovation Hub auf dem Steinmüllergelände den Koalitionsvertrag unterschrieben, nachdem von Mitgliedern bis zu Kreisvorständen die gemeinsamen Pläne abgesegnet worden waren (OA berichtete). Vor dem Urnengang im September hatte es teils noch ordentlich gekracht zwischen den Fraktionen im Kreistag, besonders das Thema Kreishauszentralisierung erhitzte die Gemüter. Nun saßen aber der neue CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Jüngst mit Unionskollegen einträchtig neben SPD-Fraktionschef Dr. Sven Lichtmann und seinen Genossen. „Wir haben nach der Wahl sofort den Schalter umgelegt“, erzählte Jüngst. „Wahlkampf aus, Verantwortung an.“ Die Vorstellung der Pläne im InnovationHub sei bewusst gewählt worden. „Es geht um die Zukunft, um Innovation, um neue Ideen!“ OA gibt einen Überblick über einige der wichtigsten Themen zum Start von Schwarz-Rot im Kreis:
Die gemeinsamen Gespräche
Intensiv seien sie gewesen, die Gespräche, aber stets konstruktiv, häufig auch mit Landrat Klaus Grootens dabei. „Wir haben Lust drauf!“, so Jüngst. Es ist eine Zusammenarbeit, die im Kreis mindestens Seltenheitswert besitzt. „Ich kann mich an keine Koalition zwischen den Parteien erinnern“, erzählte SPD-Oberberg-Chef Thorsten Konzelmann. Natürlich habe es auch zugespitzte Debatten bei den Verhandlungen gegeben, gerade beim Thema Zentralisierung, so Dr. Lichtmann. „Es hat sich aber schnell gezeigt: Wir haben eine gute Gesprächsgrundlage, in vielen Feldern sind die Schnittmengen da.“ So habe man schnell Vertrauen zueinander gefasst. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten eine funktionierende Verwaltung. „Wir wollen Probleme lösen, keine neuen schaffen!“
Die Kreishauserweiterung
Die Fraktionen bekennen sich zum Standort Moltkestraße für die Zentralisierung. Aus drei Bauabschnitten soll nun ganz offiziell nur einer werden. Der zweite und dritte Bauabschnitt sollen per Beschluss aufgehoben werden. Vom Tisch ist auch ein möglicher Umzug der Leitstelle, der Fokus hier liegt nun auf dem aktuellen Standort Kotthauser Höhe. Die bereits angeschobene Planung für den ersten Bauabschnitt soll fortgeführt, weitere Einsparpotenziale gefunden werden. Zeitgleich soll ein Liegenschaftskonzept erstellt werden, das den Platzbedarf und die Zukunft der Ämter unter die Lupe nehmen soll. Das heißt auch, dass wieder etwas offener diskutiert werden soll, welche Ämter denn nun in den Kreishausanbau ziehen werden – bislang wurde beim Jugendamt der größte Bedarf gesehen. Mit dem Wegfall der weiteren Bauabschnitte sollen die ungenutzten Kreisgebäude an der Moltkestraße stärker unter die Lupe genommen werden. Diese wären sonst auf Sicht abgerissen worden. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund des Konjunkturpaket des Bunds, das Altbausanierungen fördern könnte. Wenn auch nicht zwingend im Zusammenhang mit der Kreishauszentralisierung, solle auch eine Nachnutzungsperspektive für das Hohenzollernbad entwickelt werden. Verzögern soll sich der erste Bauabschnitt trotz der Maßnahmen nicht.
Die Kreisumlage
Die Umlage soll so gering und stabil wie möglich gehalten werden, so Jüngst. Dafür sollen alle rechtlich möglichen Mittel von Ausgleichsrücklage bis Verlustvortrag herangezogen werden. Weiter soll die Stelle des Kreisdirektors, nach der Wahl Grootens zum Landrat aktuell vakant, unbesetzt bleiben. Zudem wird die Zahl der Ausschüsse reduziert, der Sportausschuss geht im Schul- und Bildungsausschuss auf, der Kultur- im Sozialausschuss. Mit den Kommunen soll der Austausch intensiv bleiben, außerdem sämtliche selbstfinanzierten Projekte des Kreises einer Prüfung unterzogen werden. „Was ist heute noch zeitgemäß und relevant, wo liegt Einsparpotenzial.“
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[Jetzt ist es amtlich: Thorsten Konzelmann (li.) als Chef der SPD Oberberg und Thomas Jüngst als stellvertretender Vorsitzender der CDU Oberberg setzen ihre Unterschriften unter den Koalitionsvertrag.]
Digitalisierung
„Wir wollen den Kreis näher zu den Menschen bringen“, sagte Dr. Lichtmann. Das heißt: „Alle Dienstleistungen, die es hergeben, sollen digitalisiert werden“ – und das innerhalb der nächsten fünf Jahre. Und dies hieße nicht, dass man einen Antrag online herunterladen könne, ihn aber händisch ausfüllen und dann zum Kreis per Post schicken muss.
Von Daseinsvorsorge über Mobilität bis Wirtschaft
Es ist ein allumfassendes Paket, was CDU und SPD geschnürt haben. Dabei wird auch deutlich: Vieles, was gut ist, soll weitergeführt werden. Das gilt zum Beispiel für die Agewis oder Oberberg-Fairsorgt. Im Bereich der ortsnahen medizinischen Versorgung soll alles getan werden, um diese gemeinsam mit den Kommunen zum Beispiel über KMVZ sicherzustellen. Bei der Mobilität soll es um den richtigen Angebotsmix gehen: Die Möglichkeiten zur Weiterfinanzierung des Monti ist da ein wichtiger Baustein. Auch die „ergebnisoffene Prüfung“ zur Reaktivierung der Wiehltalbahn soll vorangetrieben werden, wenn die Betreiberfrage geklärt ist. Bei der nächsten Kreistagsitzung gibt es dazu einen Antrag, um den betroffenen Kommunen bei den Betriebskosten im ersten Jahr mit einem neuen Betreiber unter die Arme zu greifen. Das Thema Zukunft der Wiehltalbahn wandert gerade durch die kommunalen politischen Gremien.
Unterstützt werden sollen die Kreiskommunen auch beim Thema Wohnungsraumförderung. Darüber hinaus besonders im Fokus: Der Wirtschaftsstandort Oberberg soll gestärkt werden. „Eine funktionierende Wirtschaft ist entscheidend dafür, dass es allen gut geht“, so Jüngst. Nicht zuletzt möchte die Koalition unter anderem eine eigene stationäre Jugendhilfeeinrichtung prüfen, die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Forst und Jagd ausbauen sowie das Ehrenamt weiter tatkräftig fördern und unterstützen.
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