POLITIK
Erst Unterbringung für Flüchtlinge – und dann?
Wiehl – Rat befürwortet CDU-Antrag, um frühzeitig ein Konzept für die künftige Entwicklung des Areals in Brächen zu erstellen – Viele Brächener bei Sitzung im neuen Stadtteilhaus in Drabenderhöhe anwesend.
Von Lars Weber
Laut aktuellen Schätzungen im ersten Quartal 2025 sollen die ersten Geflüchteten in das ehemalige Seniorenzentrum „Haus Oberberg“ in Brächen einziehen. Das Gebäude auf dem rund 6.000 Quadratmeter großen Grundstück im Nachbarort von Drabenderhöhe wurde Ende vergangenen Jahres von der Stadt gekauft, um dort bis zu 35 Menschen unterzubringen. Dem voran gehen aber diverse Arbeiten im und am Gebäude, um die Immobilie dafür fit zu machen. Begleitet wird die Maßnahme von der Kritik der Brächener, auch eine Bürgerinitiative hat sich gebildet. Die Weichen für die Zeit, nachdem keine Geflüchteten mehr dort unterbracht werden müssen, hat gestern der Rat im neuen Stadtteilhaus in Drabenderhöhe gestellt. Die Mitglieder stimmten geschlossen für einen CDU-Antrag, der die Erstellung eines Konzepts hinsichtlich der Zukunftsentwicklung vorsieht - dieses soll im Rahmen der Pläne für das neue Baugebiet „Auf der Höhe“ gestaltet werden. Die zahlreich erschienenen Brächener interessierte der aktuelle Stand aber mehr. Sie lehnen das Vorhaben ab.
Thomas Michael Seimen (CDU) stellte den Antrag vor. Seine Fraktion habe vergangenes Jahr dem Kauf des Grundstücks nur unter der Prämisse einer Entwicklung zugestimmt. Bei dieser sollte die Bau- und Entwicklungsgesellschaft Wiehls (BEW) einbezogen werden. Die Fläche sei städtebaulich wertvoll, deshalb solle sich der Kauf langfristig amortisieren beziehungsweise „für den Steuerzahler auszahlen“, wie es im Antrag selbst heißt. Neben Wohnungen führte Seimen vor allem integrative Projekte an, wie einen Dorfplatz oder einen Spielplatz, jedenfalls ein Treffpunkt für die Brächener. Dinge, die so ähnlich auch schon bei der Informationsveranstaltung im Februar genannt wurden (OA berichtete).
SPD-Fraktionschef Carlo Riegert zog zunächst in Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee sei, bereits jetzt an Nachnutzungen zu denken, bevor der erste Schritt überhaupt getan wurde. „Dass in Zukunft dort etwas passieren muss, steht aber außer Frage.“ Da niemand sagen könne, wielange der Ort für die Flüchtlingsunterbringung benötigt werde, hatte der Antrag für FDP-Fraktionschef Dominik Seitz „Symbolcharakter“. Es sei möglich, dass erstellte Konzepte veraltet sind, bis eine Realisierung möglich sei. Seimen machte daraufhin nochmal deutlich, dass das Grundstück mit seinen 6.000 Quadratmetern groß genug sei, um bereits mittelfristig Flächen entwickeln zu können.
Den Vorschlag, das Areal in die Entwicklung des neuen Baugebiets „Auf der Höhe“ (OA berichtete) aufzunehmen, wurde nach kurzer Skepsis positiv aufgenommen. „Es wäre falsch, das Baugebiet zu entwickeln, ohne den Standort in Brächen mitzubetrachten“, sagte Bürgermeister Ulrich Stücker klar. Der Antrag bekam ein einstimmiges Votum und soll nun im Stadtentwicklungsausschuss weiter beraten werden, um ihn mit Inhalt zu füllen. „Ich denke, dass ist ein guter Weg, um frühzeitig Perspektiven für den Standort zu ermöglichen“, so Stücker. Den Vertretern der Bürgerinitiative bot er Gespräche an. Er betonte, dass mit dem Antrag „keine Fakten geschaffen“ wurden.
Dass sie dem Vorhaben weiter ablehnend gegenüberstehen, daraus machten die Brächener keinen Hehl, die sich gestern zu Wort meldeten. Beispielsweise würden sie lieber wieder ein Pflegeheim dort angesiedelt wissen. Ein Anwohner fragte Rat und Verwaltung, „ob ihnen die alten Menschen in unserer Gesellschaft weniger wert sind?“ An anderer Stelle wurde der Verwaltung vorgeworfen, über die geplante Unterbringung und den Landesgeldern für die Geflüchteten den Stadthaushalt sanieren zu wollen. Bürgermeister Stücker bekräftigte – etwas perplex ob der Vorwürfe -, dass die älteren Menschen natürlich genauso wichtig seien. „Wir haben das Areal gekauft, um Menschen Schutz bieten zu können, die ihre Heimatländer verlassen müssen“, stellte er noch einmal klar.
Auf Nachfrage sagte Alexandra Noss, stellvertretende Leiterin des Baudezernats, dass neben dem Objekt in Brächen auch stets andere Immobilien geprüft werden, ob sie als Unterbringung infrage kämen. Die Frage nach einem „Betreuungskonzept“ für die Menschen beantwortete Andrea Stawinski, Fachbereichsleiterin Soziales. Wie bei den anderen Standorten auch müsse individuell auf die Bedürfnisse der geflüchteten Personen eingegangen werden. Eine Familie benötige andere Begleitung als Alleinstehende. Deshalb gebe es Sprechzeiten und Anwesenheitszeiten an den Standorten, sie unterstützen dabei, die Hausgemeinschaften zu ordnen. „Wir lassen niemanden allein“, sagte Stawinski. Zudem habe bereits ein erstes Treffen mit Vereinsvertretern stattgefunden, um an zusätzlichen Angeboten zu arbeiten.
Aus dem Rat
Die Zweigstelle der Wiehler Bücherei in Drabenderhöhe, die vor dem Umbau im Stadtteilhaus untergebracht war, wird nicht wieder geöffnet. Dies räumte die Stadtverwaltung auf eine Nachfrage einer Einwohnerin ein. Das Angebot sei nicht gut genug frequentiert gewesen. Bürgermeister Stücker kündigte aber an, dass über alternative Möglichkeiten nochmal gesprochen werden soll.
Zu einem möglichen provisorischen Kreisverkehr an der Kreuzung L 228, K 40 und Klausenburger Gasse gibt es noch keine neuen Informationen zu verkünden (OA berichtete). Auf Nachfrage sagte Alexandra Noss, dass mit den anderen Straßenbaulastträgern ein Sicherheitsaudit durchgeführt werde, das zeigen soll, ob ein Provisorium an dieser Stelle realisierbar sei. Ähnliches gilt für künftige Verkehrsoptionen an der Kreuzung an der Kirche (B 56).
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