Oberberg – Die Sondersitzung des Kreistags zeigt, wie groß die Gräben zwischen den Fraktionen inzwischen sind – Kommunalwahl bietet Chance für Neustart.
Von Lars Weber
Ein Gesprächsangebot, um gemeinsam wieder eine Grundlage für ernsthafte Diskussion zu legen - besonders im Hinblick auf die Kommunalwahl, die die Mehrheitsverhältnisse im Kreistag definitiv verändern wird: Dies war laut SPD, Grüne und Die Linke auch ein Hintergrund der Sondersitzung am Donnerstagabend in der Halle 32. Ob sie wirklich daran geglaubt haben? Denn nach knapp über einer Stunde gegenseitiger Vorwürfe lässt sich festhalten: Die Gräben zwischen den aktuellen Mehrheitsfraktionen CDU, FDP/FWO/DU und UWG und der Opposition sind eher größer geworden als kleiner – lächeln konnte an diesem Abend nur die AfD. Auf diese Weise wird der neue Kreistag kaum arbeitsfähig sein. Die Fraktionen müssen die Kommunalwahl als klare Zäsur verstehen.
Die Gräben haben natürlich eine Vorgeschichte, die wahlperioden-übergreifend an dieser Stelle wohl den Rahmen sprengen würde. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre gab es allerdings ganz konkret einen Vorfall, der die Zusammenarbeit der Fraktionen nachhaltig verschlechtert und Misstrauen und Zweifel an den demokratischen Strukturen gesät hatte. Vor vier Jahren waren die Grünen im Rahmen der Haushaltsberatungen mit einem Antrag erfolgreich, der den Einsatz der vollen Ausgleichsrücklage zum Haushaltsausgleich einzusetzen vorsah. Damit sollten die Kommunen entlastet werden.
Bei der anonymen Abstimmung zum Antrag hatte es tatsächlich Abweichler bei den Mehrheitsfraktionen gegeben, der Haushalt konnte nicht wie geplant beschlossen werden. Mehrere Anträge später wurde in einer weiteren Sitzung dieser demokratisch gefasste Beschluss wieder aufgehoben. Zwar auch mit einem Mehrheitsvotum, aber der Schaden war angerichtet. Wenn also die Opposition wie jetzt mehrheitlich gefasste Beschlüsse aufheben möchte, so haben die Mehrheitsfraktionen dafür selbst das Vorbild geliefert.
Gerade so ein Mega-Projekt wie die Kreishauszentralisierung hätte einer offenen und ehrlichen Diskussion bedurft. Dies setzt allerdings gegenseitiges Vertrauen voraus. Wenn die eine Seite aber jede getroffene Aussage anzweifelt und die andere Seite beständige Angriffe gegen sich vermutet, ist dies keine Arbeitsgrundlage, um breite Mehrheiten zu erlangen.
Und nun? Die Millionen-Pläne für die Zentralisierung werden zwar weiterverfolgt, aber die Diskussion wird auch nach der Wahl wohl kaum verstummen. Und weitere wichtige Themen stehen ebenso an. Der Kreistag wird dabei nach vielen Jahren, in denen CDU und FDP ihre Ideen sicher durchsetzen konnten, voraussichtlich mit ganz neuen Kräfteverhältnissen konfrontiert. Schließlich gab es einen Grund, warum nur AfD-Fraktionschef Bernd Rummler am Donnerstagabend gut gelaunt war. Aktuell hat seine Fraktion vier Sitze. Man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass es nach Sonntag mehr sein werden.
Es liegt nun an CDU, SPD, Grünen, FDP, UWG und Die Linke und auch am neuen Landrat (oder Landrätin), die Gräben wieder zuzuschütten und wieder mehr zueinander zu finden. Weg von Vorwürfen, Missgunst und Polemik. Hin zu einem Grundvertrauen, zu mehr Kritikfähigkeit, zu mehr Flexibilität in den Entscheidungen. Das voraussichtliche Ende der angestammten Mehrheit wird dem Kreistag und seinen Mitgliedern die Chance auf einen demokratischen Neustart geben.
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