LOKALMIX

Zukunft des Waldes wird zur Gemeinschaftssache

lw; 11.05.2022, 16:41 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Im gemeinsamen Dialog für das Wohl des Waldes: Vetreter von Kreis, der Jägerschaft, der Waldwirtschaft und des Naturschutzes.
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Zukunft des Waldes wird zur Gemeinschaftssache

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lw; 11.05.2022, 16:41 Uhr
Oberberg – Vertreter aus Forstwirtschaft, Naturschutz und der Jagd unterzeichnen Vereinbarung – Unterschiedliche Interessen unter einen Hut bringen.

Von Lars Weber

 

Ob Trockenheit, Borkenkäfer oder Waldbrände und Stürme – die Folgen und Begleiterscheinungen des Klimawandels haben den oberbergischen Wald mit voller Wucht erwischt. Welche Maßnahmen richtig und wichtig sind, um die Wälder in eine grüne Zukunft zu führen, darüber wird schon seit Jahren geredet und gestritten, während die Kahlflächen immer mehr wurden. Im Februar vor zwei Jahren wurde daher vom Oberbergischen Kreis der Arbeitskreis „Waldwirtschaft, Naturschutz und Jagd“ ins Leben gerufen. Heute hat die Gruppe aus Vertretern aus der Forstwirtschaft, dem Naturschutz, der Jagd und aus Fachinstitutionen in der neuen Orangerie auf Schloss Homburg ihr erstes Ergebnis vorgelegt: die Oberbergische Vereinbarung „Wiederbewaldung, Naturschutz und Jagd“. Diese enthält zwar keine verbindlichen Vorschriften oder Gesetze. Sie soll aber dennoch ein wichtiger Kompass sein auf dem Weg zur Wiederbewaldung.

 

Wie werden die Wälder aussehen? Welche Baumarten werden dort wachsen? Welche Einnahmequellen neben Holz können durch Waldwirtschaft genutzt werden? Diese Fragen hätten sich die Akteure 2020 beim ersten Treffen gestellt, so Kreisdirektor Klaus Grootens. Angesichts des UN-Klimaberichts, dass das 1,5-Grad-Ziel der Erderwärmung bald überschritten werden könnte, „sind die Fragen aktueller denn je“. Er zeigte sich froh darüber, im Dialog mit den unterschiedlichen Akteuren einen Konsens gefunden haben zu haben. Frank Herhaus, Dezernent Planung, Regionalentwicklung und Umwelt, erklärte, dass das Zusammenkommen so unterschiedlicher Interessensvertreter für diesen Zweck vielleicht sogar bundesweit einmalig sei.

 

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„Ein Patentrezept gibt es nicht“, betonte Herhaus in Bezug auf das Zukunftskonzept. Dennoch wolle man mit der Vereinbarung versuchen, die ökonomischen, die ökologischen und die gesellschaftlichen Belange beim Thema Wald unter einen Hut zu bringen. Dazu hat der Arbeitskreis drei Handlungsfelder (Waldbau und Einkommen, Biodiversität und Naturschutz sowie Zusammenarbeit) ausgemacht und sieben Leitsätze entwickelt, an denen sich die Verantwortlichen – vom privaten Waldbesitzer bis zu den Naturschutzverbänden – orientieren können. „Die Vereinbarung ist freiwillig“, so Herhaus. „Die Entscheidungen für die Einzelfläche treffen die Waldeigentümer vor Ort.“

 

 

Und was steht drin? Zum Beispiel sollen die auf Schadflächen neu entstehenden Wälder stabil und widerstandsfähig sein, um sowohl klimatischen Veränderungen standhalten als auch verschiedene Waldfunktionen erfüllen zu können (Leitsatz 1). Werkzeuge dafür seien beispielsweise eine vollständige natürliche Entwicklung, die klassische Aufforstung oder aber auch der Verbleib abgestorbener Fichten mit Nutzung der aufkommenden Naturverjüngung. Welche Arten man pflanzen sollte, darüber gibt die Vereinbarung im Leitsatz 4 (Baumartenvielfalt) Hinweise. Grundgerüst sollten aber die heimischen Baumarten sein. Auch alternative Baumarten mit Anbauerfahrung (zum Beispiel Douglasie oder Japanische Lärche) werden empfohlen, allerdings nicht in Naturschutzgebieten. Auch die Fichte könne angebaut werden, allerdings aufgrund der aktuellen Erfahrungen ebenfalles nur außerhalb von Naturschutzgebieten.

 

Finanzierung

 

Die Borkenkäfer haben nicht nur den Bäumen zugesetzt, sondern dadurch auch finanziell den Forstbetrieben und privaten Waldbesitzern. Diese haben kaum das Geld, um in die Wiederaufforstung zu investieren. Abhilfe schaffen sollen einerseits vereinfachte Förderrichtlinien des Landes, wie Kay Boenig vom Regionalforstamt Bergisches Land erklärte. Demnach solle mit pauschalen Förderbeträgen gearbeitet werden. Das bisherige Prozedere sei zu kompliziert gewesen.

 

Auf eine andere Finanzierungsmöglichkeit verwies Eckhard Schulte (Forstwirtschaftliche Vereinigung Bergisches Land). So setze  das im vergangenen Jahr gegründete Bündnis Zukunftswald (OA berichtete) unter anderem auf regionale Sponsoren. So würden zum Beispiel bald zwei regionale Unternehmen hohe fünfstellige Beträge für die Wiederbewaldung in die Hand nehmen. „Große Unternehmen stellen sich damit ihrer Verantwortung.“

 

Bei der Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie (Leitsatz 2) setzt der Arbeitskreis zum einen auf die nachhaltige Erzeugung des Rohstoffes Holz. Künftig werden verstärkt aber auch andere „Produkte des Waldes“ vermarktet werden können, zum Beispiel für den Wasserschutz oder für Kompensationsmaßnahmen von Kommunen oder auch Firmen. Wie eng miteinander verbunden die Leitsätze miteinander sind, zeigt sich bei den Leitsätzen 3, 5 und 6. Dabei geht es um die Bedeutung des Waldes als Lebensraum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, der jegliche Maßnahmen gerecht werden sollten. So seien zum Beispiel bei der Pflege und Mischwuchsregulierung auch Schutzmaßnahmen gegen Verbiss-, Fege- und Schälschäden erforderlich. Gleichzeitig sei eine „an den Bedürfnissen des Waldes“ ausgerichtete Jagd auf Schalenwild mit entscheidend für die Entwicklung der zukünftigen Wälder.

 

[Kay Boenig (Regionalforstamt Bergisches Land, v.l.), Bernd Steinhausen (Kreisjägerschaft Oberberg) und Hans-Friedrich Hardt (Waldbauernverband Oberberg Nord).]

 

„Hart miteinander gerungen“ hätten die Teilnehmer des Arbeitskreises, sagte Hans-Friedrich Hardt (Waldbauernverband Oberberg Nord), was auch die anschließende Diskussion nach der Präsentation zeigte. Sei es bei der Frage nach der Jagd auf Schalenwild, dem Umgang mit dem großen Rehwild-Aufkommen, der Art der Schutzmaßnahmen für die Bäume gegen die Tiere oder die zu empfehlenden Baumarten: Dass es bei den Diskussionen auch mal ordentlich zur Sache gegangen sein muss, wurde schnell klar. Aber: „Wir haben aber einen Kompromiss gefunden“, so Michael Gerhard vom Nabu Oberberg. Die Zusammenarbeit bei dieser Generationenaufgabe ist denn auch konsequenterweise Leitsatz 7: Die großen Herausforderungen ließen sich nur gemeinsam lösen.

 

Mit der Unterschrift der Vertreter unter die Vereinbarung soll die Zusammenarbeit dementsprechend auch noch lange nicht erledigt sein. Die nächsten Treffen seien schon in Planung. Außerdem ginge es jetzt auch darum, den privaten Waldbauern konkrete Projekte anzubieten, um die Wiederbewaldung voranzutreiben, so Bernd Steinhausen von der Kreisjägerschaft Oberberg. Die Effekte des Klimawandels werden immer mehr sichtbar werden, umso wichtiger sei es, auch künftig regelmäßig über die Maßnahmen für eine Verbesserung der Situation zu sprechen, sagte Martin Gerhard vom Nabu. Und zwar gemeinsam.

 

Weitere Informationen über die Vereinbarung gibt es hier. Dort können sich Interessierte auch eine Broschüre herunterladen.

 

Partner der Vereinbarung

 

Waldbauernverband Oberberg Nord, Holzkontor Rhein-Berg-Siegerland, Forstwirtschaftliche Vereinigung Bergisches Land, private Waldbesitzer mit eigenem Forstpersonal, kommunale Waldbesitzer (Städte, Gemeinden, Aggerverband, Wupperverband), Landesbetrieb Wald und Holz NRW mit den Regionalforstämtern Bergisches Land und Rhein-Sieg-Erft, Bergischer Naturschutzverein, Nabu Oberberg, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Oberberg, Waldjugend Windfus, Kreisjägerschaft Oberberg, Biologische Station Oberberg, Naturschutzbeirat des Kreises, Kreisjagdberater des Kreis und der Oberbergische Kreis.

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