LOKALMIX

Räumung auf dem Hackenberg: Hausverwaltung reagiert

lw; 16.06.2023, 18:57 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung --- Der Bau- und Betriebshof unterstützte die Menschen bei dem notwendigen Umzug.
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Räumung auf dem Hackenberg: Hausverwaltung reagiert

lw; 16.06.2023, 18:57 Uhr
Bergneustadt – 28 Personen mussten das Gebäude in der Danziger Straße kurzfristig verlassen –Brandschutzmängel sind zu groß – Auch zwei weitere Objekte von Problematik betroffen (AKTUALISIERT).

+++2. Meldung (16. Juni, 18:55 Uhr)+++

 

Einen Tag nach der Zwangsräumung hat die MVGM, die die betroffenen Immobilienobjekte seit März verwaltet, auf die OA-Anfrage reagiert.  

"MVGM bemüht sich so schnell wie möglich, alle notwendigen Maßnahmen umzusetzen", heißt es in der Mitteilung. "Leider handelt es sich zum Teil um größere strukturelle Brandschutzmaßnahmen, die schon vor Jahren (2015 und 2022) beanstandet wurden. In den vergangenen Jahren wurde nichts getan, die Mängel ignoriert oder auch toleriert."

 

Die MVGM sehe sich nun vollendeten Tatsachen ausgesetzt. "Das ist nicht schön, aber die Sicherheit aller Bewohnerinnen und Bewohner geht natürlich immer vor."

 

Das Haus in der Danziger Straße 10a sei wie auch berichtet wurde inzwischen leer gezogen. "Für die Gebäude Nordhelle 5 und 8 wurden Brandwachen organisiert, die rund um die Uhr vor Ort sind." Dort laufen laut der Mitteilung auch schon erste Arbeiten zur Behebung der Brandschutzmängel. "MVGM steht bei der Umsetzung aller Arbeiten im engen Kontakt mit den Verantwortlichen der Stadt", heißt es abschließend.

 

+++1. Meldung (15. Juni, 15 Uhr)+++

 

Von Lars Weber

 

Das Mehrfamilienhaus in der Danziger Straße 10a in Bergneustadt ist von gestern Abend an bis zum heutigen Mittag komplett geräumt worden. 28 Menschen mussten innerhalb kürzester Zeit ihre Sachen packen, die meisten Möbel blieben zurück. Angeordnet wurde die Räumung vom Oberbergischen Kreis. Bei einer Begehung von Wohnhäusern in Hackenberg, auf Veranlassung des NRW-Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, wurden bei insgesamt drei Gebäudekomplexen erhebliche Brandschutzmängel festgestellt. An der Begehung am 6. Juni hatte auch die Brandschutzdienststelle des Oberbergischen Kreises teilgenommen. Gestern lag dann der Bericht vor, der die Beteiligten umgehend zum Handeln zwang und die Räumung veranlasst wurde. Bei den anderen beiden Objekten in der Straße „Zur Nordhelle“ können die insgesamt rund 150 Bewohner zunächst in den Häusern bleiben.

 

Die Mehrfamilienhäuser gehören einer kanadischen Eigentümergemeinschaft. Verwaltet wurden die Immobilien bis Februar noch von der Belvona, seit März ist die MVGM zuständig, die in Deutschland mehrere Standorte hat. Schon im Dezember gerieten die Wohnblöcke in die Schlagzeilen, als die Heizung mitten im Winter defekt war und die Menschen im Kalten hockten. In diesem Zuge wurde auch über viele weitere Mängel berichtet, unter anderem fehlendes Warmwasser und über ein massives Schimmelproblem (OA berichtete). Auch deswegen waren in dem Haus in der Danziger Straße von rund 30 Wohneinheiten kaum noch welche bewohnt.

 

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Viel Handhabe hatte die Stadt Bergneustadt nicht, die damals schon alles daransetzte, den Menschen zu helfen. Das Wohnraumstärkungsgesetz erlaubt es aber den Kommunen, den Vermieter dazu zu zwingen, problematische Objekte in einen bewohnbaren Zustand zu bringen. Dafür gebe es definierte Kriterien wie Heizwärme, Stromversorgung und Schutz vor Witterungseinflüssen. Als der Aktionstag des Heimatministeriums anstand, bat Bürgermeister Matthias Thul den Kreis dann, die Objekte in Augenschein zu nehmen.

 

[Foto: Lars Weber --- Bürgermeister Matthias Thul (li.) und Kreisdirektor Klaus Grootens erklären vor Ort die Situation.]

 

Kreisdirektor Klaus Grootens erklärte heute vor Ort, was die Brandschutzdienststelle in den Häusern vorfand. „Zwei Rettungswege müssen im Ernstfall vorgehalten werden, beide Wege funktionierten im geräumten Gebäude nicht zu 100 Prozent.“ Weiter geht es um diverse Lüftungsschächte, die im Brandfall im Keller den Rauch schnell im gesamten Gebäude verteilt hätten. „Diese Schächte haben wir schonmal dicht gemacht, um Gefahren zu reduzieren.“ In der Danziger Straße 10a wurde gestern die fünfte Etage bereits geräumt, weil dort ein Anleitern der Feuerwehr bei einem Brandfall gar nicht möglich gewesen wäre. Heute kamen die noch vermieteten Wohnungen in den ersten beiden Stockwerken dazu. In der Nacht wurde eine Brandwache installiert.

 

[Claudia Adolfs, Leiterin des Amts Bildung, Soziales und Ordnung, tröstet eine Bewohnerin.]

 

Geschockt, überrascht, emotional, aber auch gefasst: So beschreiben Grootens und Thul die Reaktion der Bewohner auf die Nachricht. „Gerade die Kinder hatten aber auch Tränen in den Augen“, so der Kreisdirektor, der bereits gestern auch persönlich vor Ort war. Bei der Räumung dabei waren Vertreter des Kreisbauamts, der Stadt Bergneustadt und der Feuerwehr Bergneustadt sowie ein Sprachmittler und ein Sozialarbeiter.

 

Erleichtert hatte die schwere Aufgabe, dass die Verantwortlichen der Stadt die Bewohner inzwischen kennen, dass Ordnungsamt und Sozialarbeiter enge Kontakte pflegen. „Für die Initiative bin ich dem Bürgermeister dankbar“, so Grootens. Die Ansprache an die Menschen sei sehr sensibel gewesen. „Es gab Verständnis für die Maßnahme.“ Sozialarbeiter Bünyamin Yilmaz ergänzt: „Teils war sogar Erleichterung da, dass endlich etwas passiert.“

 

Mit tatkräftiger Unterstützung des Bauhofs und weiteren Angestellten der Stadt wurden Transporter und andere Fahrzeuge mit dem Hab und Gut der Menschen beladen. Alle sechs Familien wurden auf die Schnelle untergebracht. Vier von ihnen sind nun in von der Stadt angemieteten Wohnungen. Zwei Familien kamen zunächst privat unter. In den städtischen Wohnungen können die Familien bleiben, bis eine dauerhafte Lösung gefunden wurde, sagt Bürgermeister Thul.

 

Ob und wann die Menschen wieder in ihre Wohnungen können, das liegt jetzt an der Eigentümergemeinschaft im Verbund mit der Verwaltungsgesellschaft, so Kreisdirektor Grootens. Es gebe eine Kommunikation zu dieser Seite. „Ich habe das Gefühl, das Bewusstsein für das Problem existiert dort.“ Schon heute sollen Vertreter von Eigentümern und Verwaltung vor Ort gewesen sein, um sich ein Bild zu machen. „Ich hoffe, dass die Eigentümer nun Gas geben“, sagte Thul. Wie er gehört habe, sei eine Sanierung geplant gewesen.

 

Der Bürgermeister ist grad aber auch sauer. Die Immobilien machten schließlich nicht erst seit gestern Ärger. „Eigentum verpflichtet, gesetzlich, aber auch moralisch. Die Situation heute wäre vermeidbar gewesen!“ Grootens: „Wir haben klar gemacht: Hier wurde eine Grenze überschritten und wir werden uns nicht hinhalten lassen. Es geht jetzt um die Menschen hier!“ Die Räumung tue angesichts der existierenden Wohnraumnot sehr weh, so Thul weiter.

 

In den beiden Objekten in der Straße „Zur Nordhelle“ erfolgten laut Kreis Kompensationsmaßnahmen, damit die rund 150 Menschen dort leben bleiben können. Dabei muss in der Nacht eine Brandwache installiert werden, für die Eigentümer und Verwaltung aufkommen sollen. Eine Anfrage von OA liegt der Verwaltungsgesellschaft MVGM vor, wurde aber noch nicht beantwortet.

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