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Energiekrise im Sport: Vereine sehen kaum Sparpotenziale

ks, pn; 18.10.2022, 17:00 Uhr
Foto: FV Wiehl ---- Schon vor Ausbruch des Ukrainekrieges haben viele Vereine Energiesparmaßnahmen ergriffen und ihre Flutlichtanlagen auf LED umgestellt.
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Energiekrise im Sport: Vereine sehen kaum Sparpotenziale

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ks, pn; 18.10.2022, 17:00 Uhr
Oberberg – Landessportbund NRW sieht Energiekostenexplosion auf Sportvereine zurollen und ruft zum Energiesparen auf – Oberberg-Aktuell hat sich bei mehreren Vereinen aus dem Oberbergischen umgehört.

Von Katharina Schmitz und Peter Notbohm

 

Bislang wurden Sportvereine im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung nicht berücksichtigt. Der Landessportbund NRW (LSB) schlug deshalb bereits im September Alarm und rief die 18.000 Vereine mit ihren fünf Millionen Mitgliedern angesichts der drohenden Energiekostenexplosion zu Einsparungen in Höhe von 20 Prozent auf, um pauschale Schließungen von kommunalen Schwimmbädern und Sportstätten zu vermeiden.

 

Im Oberbergischen haben manche Kommunen bereits reagiert: In Lindlar (OA berichtete) und den Sportstätten des Kreises (OA berichtete) bleiben die Duschen künftig kalt. Andere Städte und Gemeinden zögern in dieser Frage noch. Heinz Duda, Teamchef der Bundesliga-Tischtennismannschaft des TTC Schwalbe Bergneustadt, bringt aber auf den Punkt, was viele Sportvertreter denken: „Wenn wir Geld für die Rettung der Lufthansa haben, sollten wir auch Geld für Bildungs- und Sportstätten haben.“

 

Auch LSB-Präsident Stefan Klett sieht die aktuelle Entwicklung kritisch: „Nach mehr als zwei Jahren Pandemie sind die Reserven aufgebraucht, viele Vereine werden die explodierenden Energiekosten kaum stemmen können.“ Dass der Sport im Entlastungspaket keine Berücksichtigung gefunden hat, stößt bei ihm auf Unverständnis: „Es kann nicht sein, dass die Bundespolitik die Fehler der Corona-Pandemie wiederholt und die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft so geringschätzt. Unsere Sportvereine brauchen eine spürbare finanzielle Entlastung.“

 

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Oberberg-Aktuell hat sich bei mehreren Vereinen umgehört und nach den bisherigen Auswirkungen auf den Trainings- und Spielbetrieb, potenziellen Einsparpotenzialen sowie Forderungen an die Politik erkundigt.

 

Fußball

 

Viele Fußballvereine spüren bislang noch eher wenig von den Maßnahmen, sehen aber auch kaum noch Potenzial für weitere Einsparungen. „Einen der größten Kostenfaktoren haben wir Anfang des Jahres bei unserer Flutlichtanlage durch die Umstellung auf LED beseitigt“, berichtet Marc Krämer, 1. Vorsitzender der SG Holpe-Wallerhausen. Auch das Sportheim saniert die Morsbacher Spielvereinigung derzeit energetisch. Die Auswirkungen merken, werde man wohl erst bei den gestiegenen Stromkosten, „denn als eigenständiger Verein haben wir diese Kosten schon immer selbst getragen“. Auch die Duschen bleiben vorerst warm, an die Spieler gebe es einen Appell, „schlau“ zu duschen. Ein Tabu sollen Beitragserhöhungen bleiben: „Wir wollen so wenig wie möglich an unsere Mitglieder. Die finanzieren uns über unsere Vereinsfeste schon mehr als genug.“

 

Auch beim SSV Homburg-Nümbrecht wurden die Flutlichtanlagen auf allen drei Plätzen längst umgerüstet. Kalte Duschen kann sich Matthias Faulenbach, Geschäftsführer des Landesligisten, ohnehin nicht vorstellen: „Gerade für Kinder und Jugendliche müssen wir weiter annehmbare Verhältnisse anbieten. Die Sportvereine leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft auf und neben dem Platz und haben durch die Pandemie schon viel gelitten.“ Gestiegene Nutzungsgebühren spürt der Verein bislang noch nicht. Diese werden in Nümbrecht über den Gemeindesportverband geregelt.

 

Ein wenig anders sieht dies beim FV Wiehl aus. Hier wird es in dieser Woche Gespräche geben, denen der 1. Vorsitzende Christian Will aber nicht vorgreifen wollte. Im vom DFB kürzlich veröffentlichten Amateurfußballbarometer, an dem bundesweit 3.800 Personen teilgenommen hatten, gaben 82 Prozent der befragten Personen an, dass sie sich angesichts der hohen Mehrkosten im Verein Unterstützung durch die Politik wünschen. 93,8 Prozent fordern bei der Umsetzung von energiesparenden Maßnahmen Unterstützung durch öffentliche Institutionen.

 

Handball

 

„Wo sollen wir sparen? Wir müssen bei Licht trainieren“, fragt Hartmut Markeli, Chef der Handballer des HC Gelpe/Strombach und sieht keine weiteren Energieeinsparpotenziale. Ungewöhnlich ist die Situation für den Verein durch verschiedene Trainingshallen. Während der Oberbergische Kreis die Duschen in der Halle am Dieringhausener Berufskolleg kaltgestellt hat, sagte Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein auf OA-Nachfrage, dass die Kreisstadt zwar bei den eigenen Liegenschaften sparen werde, Schüler und Sportler hierrunter aber nicht leiden sollen.

 

Markeli betont indessen, dass seinem Verein derzeit sogar eine Halle fehle. Teilweise müssen drei Mannschaften parallel innerhalb einer Trainingsstunden in die Eugen-Haas-Halle. Sorgen hat er außerdem vor einer erneuten Flüchtlingswelle. In diesem Fall könnten die Sporthallen zu Unterkünften umfunktioniert werden – wie bereits in Lindlar geschehen: Durch die Umwandlung der „kleinen Turnhalle“ an der Lennefetalhalle als Unterkunft für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine steht diese dem TuS Lindlar seit Anfang Oktober auf unbestimmte Zeit nicht mehr zur Verfügung.

 

Auch Stefan Kuxdorf, Abteilungsleiter beim TV Bergneustadt, nennt kalte Duschen einen „grenzwertigen“ Vorschlag. Einsparpotenzial ist aus seiner Sicht nahezu nicht vorhanden. „Alles ausstellen können wir nicht“, sagt er. Energie verschwendet habe man ohnehin noch nie – durch die gestiegenen Energiepreise (seit 1. September hat sich der Stromabschlag für den Verein verdreifacht) beobachte man trotzdem intensiv, wie der Vereinsraum und die Geschäftsstelle genutzt und geheizt werden. „Gas können wir überhaupt nicht einsparen. Viel wird darum auch vom Winter abhängen“, meint er.

 

Tischtennis-/Badminton-Bundesliga

 

Eine kalte Dusche kennt man bei den Tischtennis-Profis des TTC Schwalbe Bergneustadt bereits. Im Ligaspiel gegen TTF Liebherr Ochsenhausen war vor einigen Jahren einmal die Heizung ausgefallen. Teamchef Heinz Duda kann sich ein solches Szenario längerfristig allerdings nicht vorstellen, genauso wenig wie ein Absenken der Hallentemperaturen: „Das würde die Spielverhältnisse ändern. Die Bälle wären härter, springen dadurch anders und auch die Belege reagieren völlig anders.“ Zusatzkosten seien auf den Verein noch nicht zugekommen, Duda rechnet aber damit. Für den Nachwuchs sei die Entwicklung ein fatales Zeichen: „Durch Corona hatten wir schon einen enormen Mitgliederschwund und nun wollen wir erneut Kinder davon abhalten, Sport zu treiben?“

 

Ohne Einschränkungen kommen bislang auch die Badminton-Profis des 1. BC Wipperfeld in der Wipperfürther VOSS-Arena und in der Turnhalle in Wipperfeld aus. Der Vereinsvorsitzende Andreas-Peter Lamsfuß sieht das Risiko erst im kommenden Jahr. Anders sieht das bei anderen Bundesligisten aus. So muss Lokalrivale Refrath trotz des Bundesligabetriebs vorerst mit kalten Duschen vorliebnehmen.

 

Mehrspartensportvereine

 

„Das ist alles nicht ganz so prickelnd“, findet Claudia Vogt, 2. Vorsitzende des TuS Lindlar. Die Temperaturen im Vereinsheim seien auf 19 Grad, in den Sporthallen und Kabinen gar auf 16 Grad gesenkt worden. Frieren würden dabei vor allem die älteren Sportler in den Gymnastikkursen. Außerdem steige laut Wolfgang Waldheim die Gefahr von Verletzungen. Insbesondere die Fußballer müssten nach den Trainings und Spielen aufgrund der abgeschalteten Warmwasseraufbereitung ungeduscht nach Hause fahren.

 

„Das wirkt sich auf jeden Fall nachteilig auf das Vereinsleben und auf die Gesundheit der Aktiven aus“, so der Vorsitzende. Er kritisiert, dass der Energieverbrauch dadurch nicht reduziert werde, „sondern aus dem öffentlichen in den privaten Raum verlagert“ werde – und findet klare Worte: „Bevor solche gravierenden Einschnitte für den Sport umgesetzt werden, sollte man sich vorher mal mit den Vereinen zusammensetzen, um gemeinsam entsprechende Lösungen zu erarbeiten, und nicht einseitig Maßnahmen zu Lasten der Sportler beschließen.“

 

Der Verein leiste jährlich einen Betriebskostenzuschuss an die Gemeinde – für alle Mitglieder und damit unabhängig davon, ob sie aktiv sind oder nicht. Je nach Mitgliederzahl belaufe sich der Betriebskostenzuschuss auf bis zu etwa 6.000 Euro. Die Erhöhungen der Abschlagzahlungen durch den Energielieferanten BELKAW würden sich bis jetzt in Grenzen halten. Die Mitgliedsbeiträge sollen zurzeit unberührt bleiben, eine mögliche Erhöhung schließt Waldheim aber nicht aus: „Das hängt von der weiteren Entwicklung der Energiepreise ab.“

 

Auch für den TV Kotthausen als kleinen Sportverein mit 180 Mitgliedern und einer Tischtennismannschaft in der Verbandsliga sind die steigenden Energiekosten eine enorme Herausforderung. Der Marienheider Verein ist Eigentümer einer Sporthalle, die in den 1950er Jahren gebaut worden ist. Wirklich gedämmt sei diese nicht, zudem sei die Heizung in die Jahre gekommen. Laut Michael Nedell, dem 2. Vorsitzenden des TV, hätten sich die monatlichen Abschläge verdreifacht: „Das ist eigentlich nicht machbar. Wir sind jetzt am Rande dessen, was wir aufbringen können.“

 

Hohe Rücklagen habe der Verein nicht. Erst kürzlich mussten die Verantwortlichen für 2.000 Euro ein Ersatzteil für die Heizung aufbringen. Projekte wie die Installation einer Photovoltaikanlage seien für den kleinen Verein nicht realistisch – nicht zuletzt aufgrund des hohen Altersdurchschnitts der Mitglieder. Der Vorsitzende überschlägt beispielhaft: „Eine neue Heizung für 20.000 oder sogar 30.000 Euro kriege ich nie mehr amortisiert.“

 

Auch beim ASC Loope machen sich die Verantwortlichen Gedanken. „Im Augenblick stehen wir gut da, wir haben die Pandemie gut überstanden“, sagt Rolf Langer, Vorsitzender des Engelskirchener Vereins. Doch die Preiserhöhung der AggerEnergie sei enorm. Habe der ASC monatlich zuletzt einen Abschlag von 936 Euro bezahlt, seien nun 2.072 Euro fällig – also pro Jahr fast 25.000 Euro. „Das ist eine wahnsinnige Herausforderung. Viele Vereine können das nicht bezahlen, für sie würde das kurz- oder mittelfristig das Aus bedeuten“, sagt Langer deutlich. Noch habe der ASC Rücklagen, dauerhaft könnten diese Kosten jedoch nicht aufgefangen werden. Der Vorstand suche nach Einsparpotentialen. Eine Photovoltaikanlage hat der ASC jedoch nicht. „Unsere Dächer sind zu klein, um das kostendeckend zu machen“, so Langer.

 

Tennis

 

Als recht komfortabel kann die Lage beim TC Wiehltal bezeichnet werden. „Wir haben uns selbst geholfen“, sagt Dietmar Buschbeck als Vorsitzender des Reichshofer Tennisclubs – und das in fast weiser Voraussicht. Vor zwei Jahren habe der Verein mithilfe des landesweiten Förderprogramms „Moderne Sportstätten 2022“ eine energetische Neuausrichtung vorgenommen. Im Clubhaus sei ein neues Heizungssystem installiert worden, auf dem Dach eine Photovoltaikanlage angebracht worden. „Das hilft uns im ersten Schritt“, meint Buschbeck. Insgesamt habe die Maßnahme 100.000 Euro gekostet, 90 Prozent seien gefördert worden.

 

Was dem Verein allerdings noch fehle, sei ein Stromspeicher. Kosten in mittlerer vierstelliger Höhe hatten die Verantwortlichen abgeschreckt, doch bei der Jahreshauptversammlung, die in dieser Woche stattfindet, dürfte das Thema erneut besprochen werden. Eine Erhöhung seitens der AggerEnergie habe den Verein in den vergangenen Wochen nicht erreicht. „Wir sind ein Kunde, der nicht jedes Jahr den Anbieter gewechselt und an einem Tarif festgehalten hat“, sieht Buschbeck einen Vorteil. Das komme dem Tennisclub nun zugute.

 

Schwimmen

 

So wie die Schwimmabteilung des TuS Derschlag nutzt auch der WSC Lindlar die örtlichen Sportstätten als Mieter. Die enormen Preissteigerungen bei den Energiekosten seien bislang noch nicht an den Lindlarer Schwimmverein weitergegeben worden, treffen diesen aber indirekt. Wie bereits berichtet, sind die Wassertemperaturen im Parkbad gesenkt worden: im großen Sportbecken um ein Grad, im Lehrschwimmbecken sogar um drei Grad.

 

„Wenn man sich bewegt, dann ist das okay“, sagt Vorstandsvorsitzende Sandra Bremer. Doch insbesondere für Babys sei dieser Unterschied enorm, sie würden in dem 30 Grad warmen Wasser deutlich schneller auskühlen. „Einige Kursteilnehmer kommen deshalb nicht mehr“, berichtet Bremer, andere ältere Kinder würden vermehrt dickere Schwimmkleidung tragen. Dass das Parkbad in den kommenden Monaten – wie bereits in der Pandemie – vorübergehend geschlossen werde, erwartet Bremer nicht.

KOMMENTARE

1

Bzgl. der Gummersbacher Sporthalle sollten sich Waldbröl und Lindlar mal eine Scheibe abschneiden. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit ist es nach einem intensiven Handballtraining für "Jung und Alt" eine Zumutung kalt zu duschen. Am liebsten wär es den Gemeinden, dass man zu Hause duscht, damit die Energiekosten bei den Sportlern liegen.

Handballer, 19.10.2022, 13:00 Uhr
2

Da stößt so manch ein Verein an die Grenzen des Machbaren. Da wird für die Ehrenämter geworben und bei der Sache werden sie mit Füßen getreten. Als geschäftsführender Vorstand mit Eigentum, wäre man doch verrückt, das Amt inne zu halten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in solch einer Situation, sich noch irgendjemand zur Verfügung stellt, in den Vorstand beizutreten. Das ist der Untergang des Vereinsleben und des gesellschaftlichen Miteinander.

Sportfreund, 20.10.2022, 11:08 Uhr
3

Die Stadt Waldbröl ist ja seit der Wahl von Larissa Weber ohnehin eine absolut sportfeindliche Stadt. Leider.

., 20.10.2022, 18:34 Uhr
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