LOKALMIX

Beim ersten Sichtkontakt wird es laut

lw; 24.01.2022, 20:55 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Die Teilnehmer des Gegenprotests.
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Beim ersten Sichtkontakt wird es laut

lw; 24.01.2022, 20:55 Uhr
Gummersbach – 1.100 Menschen gingen gegen die Impfpflicht auf die Straße – Zum Gegenprotest kommen mehr als 100 Oberberger – Keine Zwischenfälle - 200 Kontrollen - Weitere Versammlungen in Oberberg (AKTUALISIERT).

Von Lars Weber

 

Seit Dezember sind die Gegner einer Impfpflicht in medizinischen Berufen und weitere Menschen in der Gummersbacher Fußgängerzone unterwegs. Auch heute, dieses Mal wieder angemeldet. 1.100 Personen zählte die Polizei vor Ort. Bislang hatten die Teilnehmer keine Widerworte oder andere Aktionen zu erwarten. Nur vereinzelt fanden sich ab und an Menschen vor Ort ein, die die Motivationen der Demonstranten hinterfragten oder sie offen dafür kritisierten. Die Initiatoren der „Gummersbacher Erklärung“ gingen – auch ob des aktuellen Infektionsgeschehens – mit ihrer Aktion ins Internet. Den Mitgliedern des Kreisverbands von Die Linke war das alles aber nicht mehr genug. Deshalb veranstalteten sie heute unter dem Motto „Solidarität! Für Demokratie und Rücksichtnahme in der Pandemie“ eine Kundgebung vor dem Bergischen Hof, um ein Zeichen gegen Verschwörungsideologien zu setzen.

 

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Der Ort, direkt vor dem Gummersbacher Impfzentrum, passte zu dem Anliegen der Veranstalter und der etwas mehr als 100 Menschen - viele aus Politik und Gesellschaft –, die die erstmalige Gelegenheit in der Kreisstadt nutzten, auf der einen Seite für Solidarität einzustehen und auf der anderen Seite sich abzugrenzen von jenen, die aus ihrer Sicht auch protestieren gegen jene, „die ihr Bestes tun, um in dieser Phase den Laden am Laufen zu halten“.  Darüber hinaus kritisierten sie die Verbindung einiger Demonstranten zu Gruppen des Telegram-Dienstes im Netz, in denen „Verschwörungsideologien sowie antisemitische, rassistische und antidemokratische Positionen verbreitet“ werden und weshalb beim Staatsschutz bereits ermittelt wird.

 

Bevor sich der große Protest-Zug auf der anderen Seite der Fußgängerzone in Bewegung setzte, ergriffen unter anderem drei Landtagskandidaten das Wort: Jan Köstering für Die Linke Oberberg, Thorben Peping für die SPD und Marc Zimmermann für die Grünen. „Nichts rechtfertigt es, mit Faschisten und Verschwörungstheoretikern auf die Straße zu gehen“, so Köstering. Peping griff ein Zitat von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, dass die „stille Mitte“ lauter werden solle. „Genau das machen wir hier!“

 

 

Laut wurde es dann wirklich, als gegen 18:25 Uhr die beiden Gruppen erstmals Kontakt aufnahmen. Denn die Impfgegner mussten am Gegenprotest vorbei, wenn sie auf ihren zwei Runden – ausgehend wieder vom Wilhelm-Heidbreder-Platz aus - durch die Innenstadt von der Kaiserstraße auf die Alte Rathausstraße abbogen. Getrennt wurden sie dabei von der Polizei, die aber nicht eingreifen musste. Zudem stellten sich die Veranstalter des Protestzugs ebenfalls zwischen ihre Teilnehmer und den Gegenprotest, um gegebenenfalls deeskalierend einwirken zu können. Lautstarken „Maske rauf!“ oder „Alerta Alerta Antifascista!“-Rufen wurde mit Musik oder Trillerpfeifen begegnet. „Nazis raus!“-Rufe wurden teils übernommen und selbst skandiert. Es gab aber auch vereinzelte Mittelfinger in Richtung des Gegenprotests. Die beiden Begegnungen verliefen ohne Zwischenfälle.

 

Neben dem Gegenprotest gab es auch für die Demonstranten etwas Neues. Nachdem in der vergangenen Woche die Anmeldung nur einen Tag zuvor zurückgezogen wurde und es viel Kritik an der unangemeldeten Versammlung gegeben hatte, trat das „Medizinische Fachpersonal Oberberg“ diese Woche wieder als Veranstalter auf. Das hieß bei der Gruppe mit mehr als 750 Teilnehmern: Die Ordner der Gruppe mussten – zumindest stichprobenartig – erstmals die 3G-Regelung bei den Teilnehmern kontrollieren und sich auch mit dem Gummersbacher Ordnungsamt abstimmen.

 

Dies funktionierte nach ersten Einschätzungen. Auch, weil die meisten Teilnehmer die Maskenpflicht beherzigten. Polizei und Ordnungsamt führten laut einer Mitteilung etwa 200 gemeinsame Kontrollen durch. Bei der Kontrolle der Ordnertätigkeit wurden keine Verstöße festgestellt. Nachweislich wurde die Zehn-Prozent-Quote bei den 3G-Kontrollen eingehalten, heißt es weiter. Bei den Teilnehmern gab es vier Anzeigen wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht plus eine Anzeige wegen des unerlaubten Musizieren während des Aufzugs.

 

Zusätzlich hat die Polizei eine Strafanzeige wegen Schmierereien und Graffiti auf dem Pflaster der Fußgängerzone aufgenommen. Dort war unter anderem "Nazis raus" zu lesen. Bei der Gegendemo seien keine Verstöße festgestellt worden.

 

Weitere Versammlungen im Oberbergischen

Die Polizei hat über weitere Versammlungen informiert, die heute Abend im Kreis stattgefunden haben. So seien in Engelskirchen etwa 70 Teilnehmer bei einer nicht angemeldeten Versammlung gewesen. Hier wurden von der Polizei zwölf Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Maskenverstößen gefertigt und eine Strafanzeige wegen der Nichtanmeldung der Versammlung.

 

In Hückeswagen wurden laut Polizei etwa 25 Personen bei einer nicht angemeldeten Versammlung gezählt. Auch hier wurde eine Strafanzeige wegen der Nichtanmeldung gefertigt.

 

Etwa 15 Personen seien es bei einer nicht angemeldeten Versammlung in Wipperfürth gewesen. Auch dort wurde eine Strafanzeige wegen der Nichtanmeldung gefertigt.

 

In Waldbröl wiederum waren etwa 150 Teilnehmer bei einer nichtangemeldeten Versammlung. Es wurden elf Anzeigen wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht gefertigt und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen der Angabe falscher Personalien, so die Polizei. An einer angemeldeten Gegen-Demo der SPD nahmen rund 30 Personen teil (siehe Bericht im Corona-Ticker von heute). Hier wurden keine Verstöße festgestellt.

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