LOKALMIX

Aus Winnyzja nach Wiehl

ks; 22.07.2022, 14:27 Uhr
Fotos: Katharina Schmitz --- (v.l.) Bürgermeister Ulrich Stücker, Inna Rybak, ukrainische Diplom-Psychologin, Valeria Schröck, duale Studentin, und Jörg Decker, Geschäftsführer von Sozialraummanagement, haben sich im Wiehler Rathaus getroffen.
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Aus Winnyzja nach Wiehl

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ks; 22.07.2022, 14:27 Uhr
Wiehl – Inna Rybak ist am 3. März mit ihrem Sohn aus der Stadt Chmilnyk in der Ukraine geflüchtet – Als Angestellte bei einem Jugendhilfeträger setzt sich die Psychologin für Geflüchtete ein.

„Wir dachten, dass der Krieg nicht lange anhält“, sagte Inna Rybak am Mittwoch im Rahmen eines Pressetermins im Wiehler Rathaus. Die Ukrainerin kommt aus der Stadt Chmilnyk in der Region Winnyzja, die im Süden an die Oblast Odessa und im Osten an den Verwaltungsbezirk Kiews grenzt. Seit 2016 arbeitet die 44-Jährige als Psychologin. Vor Ausbruch des Krieges habe sie sich mit der Rehabilitierung des Militärs beschäftigt. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar veränderte sich auch Rybaks Leben schlagartig: „Mein Mann hat mir geraten, das Land schnell zu verlassen.“ Eine Woche später floh sie gemeinsam mit ihrem Sohn. Angekommen sind die beiden in Wiehl.

 

Rybak und ihr Sohn leben nun im Oberbergischen, sind in Sicherheit, während ihr Mann in der Ukraine geblieben ist und an der Front kämpft. Sie stehen in Kontakt, schicken sich regelmäßig Sprachnachrichten und Videos – und vergewissern sich, dass es dem anderen gut geht. So wie Rybak seien viele weitere Psychologen und Ärzte nach Deutschland geflohen. „Sie müssen sich erst stabilisieren, bevor sie mithelfen können“, meint die Ukrainerin.

 

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Viele Kinder und Jugendliche, die in den vergangenen Monaten aus der Ukraine geflohen sind, zeigten Auffälligkeiten, seien traumatisiert. Derartige Rückmeldungen aus den Kitas und Schulen würden die Mitarbeiter des Wiehler Sozialraummanagements, einem örtlichen Jugendhilfeträger, häufig erhalten (OA berichtete). Beim Sozialraummanagement ist nun auch Inna Rybak angestellt. Die Diplom-Psychologin möchte ihren Landsleuten helfen, ist mit zahlreichen Geflüchteten in Wiehl und darüber hinaus vernetzt.

 

Jörg Decker, Geschäftsführer des Jugendhilfeträgers, hätte Rybak vertraglich gerne zwei Jahre an das Unternehmen gebunden. Doch die Ukrainerin zieht es, so wie viele andere Geflüchtete auch, wieder in ihre Heimat zurück. Geeinigt haben sie sich deshalb auf eine kürzere Vertragslaufzeit von sechs Monaten. „Es gibt auch Leute, die nicht mehr zurückkehren können, die kein Zuhause mehr haben.“ Auch diesen Menschen möchte Rybak helfen, sich nun in einem fremden Land zurechtzufinden und anzupassen – so zum Beispiel, wenn es darum gehe, pünktlich zu Terminen zu erscheinen. Das sei in der Ukraine nicht gerade üblich, sagt die Psychologin mit einem Lachen.

 

[Zusammen mit der ukrainischen Community in Wiehl und ihren Kollegen beim Sozialraummanagement hat Inna Rybak einen Flyer entwickelt. Der Flyer richtet sich an Kinder und Familien mit Wohnsitz in Wiehl.]

 

Unterstützt wird Rybak von Valeria Schröck. Sie ist duale Studentin der Sozialen Arbeit und ebenfalls beim Decker Sozialraummanagement tätig. „Ich bin mit der russischen Sprache aufgewachsen, da meine Mutter ursprünglich aus Russland stammt.“ Seit einem halben Jahr besuche sie außerdem einen Sprachkurs, um ihre Kenntnisse zu vertiefen. Mit Rybak tausche sie sich auf Russisch aus, helfe bei der Verständigung mit Arbeitskollegen und weiteren Gesprächspartnern. Für ukrainische Geflüchtete in Wiehl ist nun auch ein Flyer entwickelt worden, der über Rybaks Arbeit und diverse Angebote wie Einzel- und Gruppengespräche informiert. Dabei die ukrainische und nicht die russische Sprache zu nutzen, sei der Community laut Decker sehr wichtig gewesen.

 

„Sie sind in einer persönlichen Situation, die ich mir nicht vorstellen kann“, sagte Wiehls Bürgermeister Ulrich Stücker am Mittwoch zu der engagierten Psychologin. Er ist dankbar für das vielfältige Engagement der Wiehler Bürger, die sich für die Geflüchteten stark machen und hofft, dass in der Ukraine möglichst bald ein Leben in Frieden möglich sein wird. Abschließend sagt Stücker: „Wir können Ihnen die Ängste nicht nehmen, aber wir können versuchen, ein Gefühl von Sicherheit zu geben.“

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