HANDBALL
Diskussionen nach dem Abpfiff: VfL verliert Handball-Thriller gegen Magdeburg
Gummersbach - Der VfL Gummersbach verliert erstmals in dieser Saison in der SCHWALBE arena – 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm
VfL Gummersbach - SC Magdeburg 31:32 (16:17).
Nach intensiven und dramatischen 60 Minuten mit strittigen Entscheidungen und einem Herzschlagfinale in den letzten Sekunden im Hexenkessel der einmal mehr ausverkauften SCHWALBE arena (zum 38. Mal in Folge) hatte Magdeburgs Coach Bennet Wiegert nur noch eine Frage an seinen Gummersbacher Trainerkollegen Gudjon Valur Sigurdsson: „Warum spielt ihr eigentlich immer gegen uns so verdammt gut?“
Und in der Tat: Der amtierende Champions League-Sieger taumelte, fiel letztlich aber nicht. Stattdessen riss Gummersbachs starke Heimserie. Die unglückliche 31:32-Niederlage gegen den weiterhin ungeschlagenen Tabellenführer der Handball-Bundesliga (HBL) war die erste Heimniederlage für die VfL-Handballer in dieser Saison.
Nach Spielschluss entluden sich die Emotionen geradezu. Nachdem Magdeburg sieben Sekunden vor Ende per Siebenmeter von Matthias Musche in Führung gegangen war, nahm Sigurdsson unmittelbar seine letzte Auszeit. Mit dem siebten Feldspieler schafften es die Gummersbacher Matthis Häseler auf Rechtsaußen mustergültig freizuspielen. Sein Gegenspieler Musche kürzte noch durch den Raum ab, zog aber auch sofort wieder zurück, sodass es zu keinem Kontakt zwischen den beiden Außen kam. Häselers Winkel war dadurch nicht mehr perfekt, der Wurf wurde von Magdeburgs Sergey Hernandez parierte. Für den Spanier war es erst die fünfte Parade. Mit 16 Prozent gehaltener Bälle blieb der derzeit wohl beste Keeper der Liga weit unter seinem sonstigen Topniveau.
![]()
[Viel Erklärungsbedarf gab es nach dem Spielschluss. Geschäftsführer Christoph Schindler reagierte äußerst emotional auf das Verweigern des Videobeweises durch die Schiedsrichter.]
Im Anschluss wurde vor allem von Gummersbacher Seite wild diskutiert. Die Schiedsrichter berieten, ob sie den Videobeweis nehmen sollen, um sich die letzte Szene noch einmal anzuschauen, entschieden sich allerdings dagegen. Das brachte VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler zum Schäumen. Er musste gleich von mehreren Ordnern und Ole Pregler zurückgehalten werden. Auf den VfL Gummersbach dürfte deshalb vermutlich noch eine Geldstrafe zukommen. Von den VfL-Fans gab es ein gellendes Pfeifkonzert in Richtung der Schiedsrichter und der Magdeburger, die ihres Siegestanz ausgerechnet vor dem VfL-Fanblock machten.
[
„An dieser Szene muss er wachsen, da muss er durch“, meinte Gudjon Valur Sigurdsson zum letzten Wurf seines Rechtsaußen Matthias Häseler.]
Beide Trainer wollten sich im Anschluss nicht direkt zur Szene äußern. „Lasst uns heute nicht über die Schiedsrichter reden. Ich möchte mich auf die Leistung meiner Mannschaft konzentrieren. Auf alles andere habe ich keinen Einfluss“, meinte Sigurdsson im Anschluss auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Auch Wiegert gab den Diplomaten: „Die letzten 30 Sekunden werden immer komplizierter. Ich habe die Szene noch nicht gesehen, mir in der Kabine nur einiges erzählen lassen. Ich weiß nicht, ob es darum geht, dass Felix Claar im Anschluss den Ball aus dem Raum aufnimmt und ob das für einen Check reicht oder ob es um einen möglichen Kontakt zwischen Musche und Häseler geht.“
Es war der dramatische Höhepunkt eines Hochgeschwindigkeitsspiels, das mit ungewöhnlich vielen Fehlern auf beiden Seiten begonnen hatte. Über 1:4 (7.) und 4:4 (9.) entwickelte sich eine zerfahrene Anfangsphase. Sigurdsson zählte nach einer Viertelstunde bereits acht technische Fehler seines Teams. Über 8:11 (20.) und 13:16 (27.) kämpfte sich der VfL zur Pause aber auch immer wieder heran.
![]()
[Kay Smits sorgte mit starken Aktionen dafür, dass Gummersbach nie abreißen ließ. Unter der Woche gab der Niederländer zudem bekannt, die anstehende EM auszulassen. "Alle medizinischen Untersuchungen der letzten Monate sind positiv und nichts spricht gegen eine Teilnahme an der EM, dennoch möchte ich meine Belastung sorgfältig überwachen und habe mich entschieden, dieses Turnier auszulassen", so der Nationalspieler.]
Die zweite Hälfte wurde dann zur Wiederauferstehung des Kentin Mahé. Der Franzose, der zuletzt nur selten eine tragende Rolle gespielt hatte, wurde 21 Minuten vor Schluss eingewechselt und riss das Spiel vollkommen an sich. Bis zum Schlusspfiff kam der Spielmacher auf starke acht Tore. Ein weiterer Faktor für die stärkste Gummersbacher Phase war Bertram Obling, der nach seiner Einwechslung mit seinen vier Paraden dafür sorgte, dass aus einem 20:23 (43.) ein 27:25 (52.) wurde.
Doch in der Schlussphase zeigte sich einmal mehr die Cleverness und Qualität des Topteams aus Magdeburg. „Sie haben die Erfahrung und machen das extrem gut“, fand auch Ellidi Vidarsson, dessen Vertragsverlängerung bis 2029 vor dem Spiel bekanntgegeben wurde (siehe Bericht). Mahé produzierte nun einen Schrittfehler und einen Fehlwurf, was die Gäste zum 27:28 (55.) nutzten. Über 29:29 (56.) besorgte Julian Köster mit seinem fünften Treffer den 31:31-Ausgleich. Im Gegenzug erkämpfte sich Omar Ingi Magnusson gegen Kristjan Horzen den letzten Siebenmeter, der Rest ist bekannt.
![]()
[Die Vertragsverlängerung von Ellidi Vidarsson wurde von den VfL-Fans lautstark bejubelt.]
Von Wiegert gab es anschließend viele Komplimente in Richtung des VfL: „Das war ein tolles Handballspiel, was am Ende vielleicht keinen Sieger verdient hat und auch in beide Richtungen hätte ausgehen können. Wir können das extrem gut einschätzen, was das für ein glücklicher Punktgewinn für uns ist.“
Auch Sigurdsson war stolz auf die Leistung seiner Mannschaft trotz des enttäuschenden Ergebnisses, legte aber auch den Finger in die Wunde: „Auch wenn Magdeburg heute nicht den besten Tag hatte, muss diese Leistung unser Standard sein. Dann reden wir nicht über Eisenach, den BHC oder die Löwen. Wir haben das gegen Berlin, Kiel und Flensburg geschafft. Es ist ein Teil des Erwachsenwerdens, dass wir immer diese Qualität und Intensität auf die Platte bringen und nicht nur, wenn wir Außenseiter sind, sonst bleiben wir immer die Mannschaft, die überperformed gegen die guten und weniger performed gegen die Mannschaften auf Augenhöhe.“
Gummersbach: Kay Smits (8/1), Kentin Mahé (8), Julian Köster (5), Kristjan Horzen (4), Ellidi Vidarsson, Teitur Einarsson (je 2), Miro Schluroff, Tilen Kodrin (je 1).
Magdeburg: Omar Ingi Magnusson (11), Matthias Musche (7/2), Felix Claar, Gisli Kristjansson (je 4), Magnus Saugstrup (3), Elvar Örn Jonsson´, Daniel Pettersson (je 1).
Zeitstrafen
6:0 Minuten (Horzen, 2x Vidarsson).
Siebenmeter
1/1 – 2/3 (Magnusson scheitert an Kuzmanovic).
Schiedsrichter
Markus Hurst/Mirko Krag.
Zuschauer
4.132 (ausverkauft).
KOMMENTARE
1
Von wegen unglücklich verloren.
Die Mannschaft wurde von den Schiedsrichtern, zumindest um ein Unentschieden, betrogen.
2
Eines Geschäftsführers des VFL Gummersbach nicht würdig.
Tolles Vorbild für die Jugend und seine Jungs. Fair Play mit Füßen getreten. Ich habe mich fremdgeschämt.
3
Das war ein Skandal! Gummersbach hat 60 min gegen 9 Mann gespielt.
Klaus Fischer, 15.12.2025, 07:04 Uhr4
Ich verstehe Schindler zu 100%.
Dieses Gespann pfeift immer gegen den VFL und alle merken es.
Hier geht es um viel und da kann man auch vernünftige Bedingungen erwarten.
Fair Play sollte auch von den 2 gelebt werden.
Daher ist die Reaktion in Ordnung, hier muss mal ein Zeichen gesetzt werden
5
Mir stellt sich mit Blick auf den Spielstil des SC Magdeburg eine ganz andere Frage. Wer schützt eigentlich die Abwehrspieler vor den Kristjanssons, Skipagotus, Balenciagas und Gidsels, die ohne Rücksicht auf Verluste, meist mit der Schulter voraus, in die Gegenspieler reinrauschen, während sich die Abwehrspieler auf den Außenpositionen in Luft auflösen sollen, um den Außen freien Flug zu garantieren?
Über das arrogante Gepfeife dieses Schiedsrichterpaares rege ich mich schon lange nicht mehr auf!
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.


BILDERGALERIE