HANDBALL

Trauer, Analyse und dann Ärmel aufkrempeln

bv; 09.06.2019, 20:52 Uhr
HANDBALL

Trauer, Analyse und dann Ärmel aufkrempeln

  • 4
bv; 09.06.2019, 20:52 Uhr
Gummersbach - Der Abstieg des VfL Gummersbach begann vor vielen Jahren - Verein sollte an Trainer und Sportdirektor festhalten.

Von Bernd Vorländer

 

Das für viele Undenkbare ist Realität geworden, der VfL Gummersbach ist nach mehr als fünf Jahrzehnten Zugehörigkeit zur Beletage des deutschen Handballs in die Zweite Liga abgestiegen. Das mochten sich die meisten kaum vorstellen - auch der Verfasser dieses Kommentars nicht. Konstanz statt Kiel, Ferndorf statt Flensburg lauten künftig die Gegner. Die Gründe für dieses Desaster sind vielschichtig, der Niedergang des oberbergischen Handball-Dinos begann bereits vor vielen Jahren. Doch Schuldzuweisungen sind jetzt fehl am Platz. Besserwisserei bringt den Verein keinen Zentimeter weiter. Nötig ist nach der ersten Trauer eine Bestandsaufnahme - in allen Bereichen, auf allen Ebenen.

 

WERBUNG

 

Etwa beim Personal: Trainer Torge Greve hat einen Kontrakt, der auch für das Bundesliga-Unterhaus gilt. Ihm sollte man weiterhin das Vertrauen schenken. Gleiches gilt auch für Sportdirektor Christoph Schindler, der immer nur so viel Geld ausgab, wie der VfL zur Verfügung hatte. Alles andere wäre auch grob fahrlässig gewesen. Mit anderen finanziellen Möglichkeiten hätte man sich Spieler leisten können, die den Abstieg verhindert hätten. Aber neue Sponsoren machten um die Kreisstädter immer einen großen Bogen. Schindler muss jetzt zeitnah ein Konzept vorlegen, das nah- und mittelfristig Perspektiven aufzeigt. Nur dann kann man wieder Aufbruchstimmung vermitteln.

 

Anders sieht es bei der Mannschaft aus. Es ist völlig unklar, mit welchen Spielern der VfL in die neue Spielzeit geht. Einige Akteure wechseln zu anderen Vereinen, von einigen Spielern sollte man sich auch trennen, die in dieser Saison den Befähigungsnachweis für die Bundesliga schuldig blieben. In den Sternen steht auch, welche Akteure überhaupt einen Vertrag für die Zweite Liga besitzen - das gilt insbesondere für die Neuzugänge. Auch beim Personal muss der Sportdirektor demnach rasch Klarheit schaffen.   

 

 

Viele weitere Punkte bleiben im Ungefähren: Ziehen die Sponsoren alle mit? Auch wenn man die Lizenz für die Zweite Liga sicher hat, so droht doch Ungemach, denn die Altschulden werden sich nicht mit Einnahmen aus dem Bundesliga-Unterhaus weiter tilgen lassen. Was gibt der Spielermarkt noch her? Die meisten geeigneten Akteure sind längst fest gebunden. Halten die Zuschauer dem VfL die Treue? Sicher nicht, sollte der Verein an der Eintrittspreisgestaltung festhalten.

 

Die nächsten drei Wochen werden entscheidend sein. In dieser Zeit müssen die Weichen gestellt werden. Leicht wird dies alles nicht, mit Querschüssen derjenigen, die sowieso alles besser wussten, ist zu rechnen. Und in der neuen Saison werden die Teams gerade gegen den VfL alles in die Waagschale werfen, um dem großen Favoriten ein Bein zu stellen.  Jammern hilft jetzt nichts: Tradition hin, Mythos her, nun gilt es das harte Schwarzbrot der Zweitklassigkeit zu essen, die Croissants sind anderen vorbehalten. Und das hat man sich selbst eingebrockt.

 

Artikel: Herzschlagfinale mit zwei gebrochenen Herzen

 

KOMMENTARE

1

und ???? wie geht es jetzt , woo weiter

ralf, 10.06.2019, 10:08 Uhr
2

„Doch Schuldzuweisungen sind jetzt fehl am Platz. Besserwisserei bringt den Verein keinen Zentimeter weiter. Nötig ist nach der ersten Trauer eine Bestandsaufnahme - in allen Bereichen, auf allen Ebenen.….. Ihm sollte man weiterhin das Vertrauen schenken. Gleiches gilt auch für Sportdirektor Christoph Schindler, der immer nur so viel Geld ausgab, wie der VfL zur Verfügung hatte.“

Die Analyse ist mir zu kurz gesprungen. Herr Schindler war nicht nur Sportdirektor sondern auch Geschäftsführer. Da kann man nicht fordern alles auf den Kopf zu stellen und der Chef kann so weitermachen wie bisher. Er hatte schließlich die sportliche und finanzielle Verantwortung.
Er hat m.M.n. zu lange an dem vorherigen Trainer festgehalten und Ihm vorher ohne jegliche Not den Vertrag verlängert. Schindler war auch für die Verpflichtung von Vukovic verantwortlich, obwohl sein physischer Zustand bekannt war.
Der neue Slogan „Heimat des Handballs“ hat sehr viel Geld gekostet und ist nie vermarktet worden.
Kein Sponsor ist in der Zeit von Schindler gewonnen worden.
Hinzu kommt die Personalie Jahn, der den Verein und Gesellschafter gepalten hat. Er hatte den Weg des VfL vorgegeben „Wir werden Großes erreichen“. Das muss er jetzt auch die Konsequenzen ziehen.
Es muss Schluß sein mit der Mauschelei und Cliquenbildung. Sonst verspielt der Verein auch diese Chance eines Neuaufbaus.

Bernhard, 10.06.2019, 12:11 Uhr
3

ein klasse Kommentar, sachlich und faktisch zu einhundert Prozent korrekt formuliert. Ich möchte Ihnen exakt so beipflichten. Wenn man genau hinschaut, gibt es viele Beispiele, die ein Hinterfragen von Herrn Schindler sinnvoll machen. Aber das sollten Menschen tun, denen es ohne eigene Interessen zu verfolgen tatsächlich um den Verein geht.

Alexander, 10.06.2019, 13:55 Uhr
4

Bernhard, ich danke Ihnen!
Herr Vorländer kommentiert in einem Stil, der nicht nur zu kurz gegriffen ist, sondern vielmehr die Hilflosigkeit aller Personen im inneren und äußeren Zirkel des VfL‘s aufzeigt (und da zähle ich auch die Presse mit dazu).
„neue Sponsoren machten immer einen großen Bogen um GM“...ja natürlich! Warum sollten sie auch keinen machen? Seit 20 Jahren gibt es kein schlüssiges, nachhaltiges Konzept, für das es sich lohnte zu investieren! Die „Heimat des Handballs“ mit „Fremdschäm-Metallica-Gruß“ setzt dem Ganzen die Krone auf! Anmerkung: wie viel Geld ist allein in dieser Kampagne versenkt worden? Agentur, Imagefilme, Prösentationen
Schuldzuweisungen: nein! Bin ich d‘accord! Bestandsaufnahme? Aber unbedingt und knallhart! Ross und Reiter müssen genannt werden. Das immerwährende Lied der Altlasten wird ja bereits auch wieder gespielt...mich als Fan interessiert mal: worüber reden wir denn hier wirklich seit ca 1997? WER hat denn da WAS verbockt?
Neben dem wirtschaftlich fragwürdigem Handeln, lässt einen die sportlichen Entscheidungen der letzten Jahre auch Tränen n die Augen treiben. Eine Traineranzahl, die sonst nur beim HSV und VfB im Fußball zu finden sind. Es wurden Spieler verpflichtet, wo selbst der zuständige Spielerberater sich erst noch beraten muss. Der Kader ließ, ob der finanziellen Situation, natürlich nicht viel zu. Aber muss man dann unbedingt Spieler aus der ganzen Welt holen?? Könnte man nicht mit einem guten (gerne sehr guten) Scouting frühzeitig in der zweiten Liga nach kommenden Top-Leuten schauen. Man muss der Konkurrenz halt irgendwie einen Schritt voraus sein, hinkte aber in den letzten Jahren mehrere hinterher.
In diesem Zusammenhang sei positiv angemerkt: die Entscheidung auf Torge Greve zu setzen ist absolut richtig!! Endlich einmal wieder eine klare Linie, klare Ansprache in Auszeiten und der Mut, jungen Leuten, wie Herzig, eine Chance zu geben.
Hier nehme Schröter aber explizit aus. Das Verhalten dieses jungen Mannes in zahlreichen Szenen in dieser Saison ist für mein Dafürhalten einfach eines 1. Ligaspielers nicht würdig! Es passt ins diesjährige Bild des Vereins.
Zu guter Letzt: so ziemlich das einzige Wort nach diesem Super-GAU, was mir in all den Stellungnahmen und Interviews daher kam und keine Worthülse war, kam vom Trainer: DEMUT! Wir müssen demütig sein! Ja! Bitte beherzigt dies alle!! Und wirklich alle!! Dann sieht man die zweite Liga auch nicht als knallhartes Schwarzbrot, sondern nimmt als das beste Croissant, was man kriegen kann!

Werner Kampmann, 11.06.2019, 00:34 Uhr
0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG