HANDBALL

Herzschlagfinale mit zwei gebrochenen Herzen

db; 09.06.2019, 18:37 Uhr
Fotos: Daniel Beer (1), Klaus Stange --- Schluss. Aus. Vorbei: Der VfL Gummersbach steigt ab. Florian Baumgärtner zog sich sein Trikot über das Gesicht (AKTUALISIERT).
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Herzschlagfinale mit zwei gebrochenen Herzen

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db; 09.06.2019, 18:37 Uhr
Gummersbach – Der VfL Gummersbach spielt in Bietigheim nur Unentschieden und steigt durch den Eulen-Sieg gemeinsam mit der SG ab – 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.

Eine surreale Situation in der Arena in Bietigheim. Die 4.517 Zuschauer, die zuvor alles für ihre Mannschaften gegeben hatten, verstummten mit dem Schlusspfiff. Beide Teams hatten sich nach hartem Kampf 25:25-Unentschieden getrennt. Für die SG war damit der Abstieg besiegelt, während der VfL gleichzeitig hilflos nach Ludwigshafen gucken musste.

 

Eine Minute war dort noch zu spielen. Am Ende gewannen die Eulen mit 31:30 und retteten sich dadurch vor dem Abstieg. Der VfL Gummersbach steigt so zum ersten Mal aus der höchsten deutschen Spielklasse ab. In der Tabelle machte ein Treffer den Unterschied im Torverhältniss - zugunsten der Eulen.

 

SG BBM Bietigheim – VfL Gummersbach 25:25 (14:13).

 

„Ich kann nichts sagen, gerade herrscht in mir völlige Leere“, meinte Sportdirektor Christoph Schindler nach dem Spiel. Zur Zukunft des Vereins, der Spieler oder seiner eigenen Planung konnte und wollte sich Schindler so kurz nach dem Abstieg noch nicht äußern.

 

[Nach langer Zeit im Rückstand konnte der VfL gegen Ende in Führung gehen und vom Klassenerhalt träumen.]

 

Trainer Torge Greve traurig: „Wir sind nicht heute abgestiegen, ich kann der Mannschaft heute keinen großen Vorwurf machen. Sie hat alles gegeben.“

 

Der Abstiegsgipfel begann ohne großes Abtasten. Der VfL startete mit einem Ballverlust ins Spiel, Bietigheim bekam im ersten Angriff einen Siebenmeter zugesprochen, den Christian Schäfer zum 1:0 verwandelte. Ivan Martinovic traf in der Rückwärtsbewegung zum 1:1. Torhüter Carsten Lichtlein verbuchte im Anschluss seine erste Parade. 

 

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Allerdings war dem VfL die Nervosität früh anzumerken. Bietigheim startete aggressiv und mit offenem Visier – sowohl in der Deckung als auch im Angriff. Jonas Link traf zum 2:1. Die Bietigheimer jubelten schon über das 3:1 durch Patrick Rentschler, aber die Schiedsrichter hatten abgepfiffen und Lichtlein parierte den anschließenden Siebenmeter gegen Schäfer. Stanislav Zhukov traf im Gegenzug nur die Latte.

 

[Nach dem Spiel kämpften einige Spieler, Fans und Verantwortliche mit den Tränen.]

 

Nach zehn Minuten stand es weiter 2:1 für die Hausherren. Abstiegskampf pur auf dem Feld und großartige Stimmung auf den Rängen. Aus Sicht des VfL häuften sich aber leider viel zu früh die Fehler. Zum Glück waren auch die Bietigheimer weit von Perfektion entfernt.

 

Norouzi wenig später mit dem zweiten VfL-Tor zum 3:2. Drago Vukovic und Vetle Rønningen holten sich die ersten beiden Zeitstrafen für ihre Mannschaften ab. Es blieb ein enges und hart umkämpftes Spiel. Nach 18 Minuten konnte Stanislav Zhukov den 6:6-Ausgleich erzielen.

 

[Sportdirektor Christoph Schindler konnte und wollte noch keine Aussagen zur Zukunft machen.]

 

Der lange verletzte Vukovic war kurzfristig noch ins Team gerückt: „Ich wollte der Mannschaft unbedingt helfen. Umso schlimmer für uns alle, dass wir uns nicht belohnen konnten.“ Für demn Routinier war es der letzte Auftritt im blau-weißen Trikot. Er erklärte unmittelbar nach der Partie seinen Rücktritt.   

 

Nach gut 20 Minuten nahm Bietigheims Trainer Hannes Jon Jonsson die erste Auszeit beim Spielstand von 7:7. Kurze Zeit später stand es 11:9 für die Hausherren und jetzt rief auch Torge Greve seine Jungs zusammen, die nach Zeitstrafe gegen Zhukov in Unterzahl spielten.

 

[An den VfL-Fans lag es nicht, sie unterstützten ihre Mannschaft bis zum Schluss.]

 

Gummersbach konnte zwischenzeitlich wieder ausgleichen, in die Pause ging es aber mit einem Rückstand. Marvin Sommer traf mit der letzten Aktion der ersten Halbzeit zum 14:13-Anschlusstor von der Siebenmeterlinie.

 

Die zweite Halbzeit begann schlecht für den VfL: Bietigheim erhöhte auf 16:13, auch weil Gummersbach zweimal an Torhüter Domenico Ebner scheiterte. Kurz darauf Zeitstrafe gegen Alexander Becker und Siebenmeter für Bietigheim. Aber Lichtlein konnte gegen Michael Kraus parieren. Unmittelbar danach musste der VfL-Schlussmann dann mit einer Zeitstrafe vom Feld und Link machte für die SG das 17:13. Es sah jetzt ganz schlecht aus für den Bundesliga-Dino. Zu diesem Zeitpunkt sprach fast nichts mehr für Gummersbach.

 

[In seinem letzten Spiel für den VfL Gummersbach konnte Torhüter Carsten Lichtlein den Abstieg nicht verhindern.]

 

Puhle blieb jetzt im Tor und konnte einige Paraden verbuchen. Mit Beginn der Schlussviertelstunde traf Florian Baumgärtner für Gummersbach aus der eigenen Hälfte ins leere Tor zum 20:18. Beide Fan-Lager gaben noch einmal alles.

 

Bietigheim schien in der Schlussphase zunächst aber einfach das bessere Nervenkostüm und die nötige Portion Selbstbewusstsein zu haben: Jonathan Fischer netzte rotzfrech per Heber zum 22:19 ein. Torge Greve beschwor seine Mannschaft, nicht in Panik zu geraten. Baumgärtner und Preuss brachten den VfL dann wieder auf ein Tor heran – 22:21. Und kurz darauf Stanislav Zhukov mit dem Ausgleich und im Gegenzug fing Lichtlein den nächsten Lupfer.

 

Jetzt wendete sich das Blatt und die Spannung auf dem Feld und den Rängen war am Limit. Das Spiel steuerte auf ein Herzschlagfinale zu. Norouzi mit dem Führungstor für den VfL – 22:23 und noch fünf Minuten. Aber der VfL verpasste eine höhere Führung und das Drama in Bietigheim näherte sich dem endgültigen Höhepunkt.

 

[Die Halle in Bietigheim war zum ersten Mal in dieser Saison ausverkauft.]

 

Moritz Preuss brachte Gummersbach mit dem 24:25 wieder in Führung, aber Kraus antworte zum 25:25. Der nächste VfL-Angriff verpuffte, weil Norouzi den Ball im Passversuch wegwarf. Bietigheim hätte sich jetzt mit einem Tor retten können, aber der bislang so starke Kraus scheiterte gut zwölf Sekunden vor Schluss. Lichtlein gab seinen Mannen das Signal zur Ruhe und der VfL versuchte keinen weiteren Angriff mehr. Eine Entscheidung, die nach dem Spiel bei einigen Spielern und Zuschauern auf Unverständnis stieß.

 

Was in der letzten Auszeit 20 Sekunden vor Schluss besprochen wurde und wie die Informationslage über das Spiel in Ludwigshafen war, dazu machte Trainer Torge Greve keine klare Aussage. „Es waren nur noch wenige Sekunden und es ist immer ein Risiko, wenn der Ball dann noch einmal nach vorne gegeben wird“, so Greve. Es ist am Ende auch müßig, ob ein Angriff mit knapp zehn Sekunden auf der Uhr noch zum Erfolg geführt hatte. Am Ende stand ein Unentschieden und der Abstieg.

 

Die VfL-Fans vor der Halle waren kurz nach dem bitteren Abstieg zwar traurig, blickten aber auch schon in die Zukunft. Der Abstieg müsse jetzt akzeptiert und der Neuaufbau gestartet werden, so der allgemeine Tenor.

 

 

Bietigheim: Domenico Ebner (8 Paraden), Jürgen Müller; Christian Schäfer (6/2), Patrick Rentschler (5), Dominik Claus (4), Jonas Link (4), Michael Kraus (3), Robin Haller (2), Jonathan Fischer (1).

 

Gummersbach: Carsten Lichtlein (6 Paraden), Matthias Puhle (4 Paraden); Pouya Norouzi (6), Florian Baumgärtner (3), Marvin Sommer (3), Stanislav Zhukov (3), Drago Vukovic (3), Eirik Köpp (2), Moritz Preuss (2), Tobias Schröter (2), Ivan Martinovic (1/1).

 

Schiedsrichter: Robert Schulze/Tobias Tönnies

 

Zuschauer: 4.517 (ausverkauft)

 

Siebenmeter: 2/3 – 2/3 (Schäfer scheitert an Lichtlein – Sommer vergibt)

                                            

Zeitstrafen: 12:10 (Rønningen (2), Emanuel, Rentschler, Claus, Asmuth – Vukovic, Zhukov, Preuss, Sommer, Becker)

 

Spielfilm: 1. Hz 1:0, 2:1, 3:1, 4:3, 6:4, 6:6, 10:8, 11:11, 14:13  2. Hz. 16:13, 18:15, 21:19, 22:22, 24:25, 25:25.

 

Kommentar: Trauer, Analyse und dann Ärmel aufkrempeln

 

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KOMMENTARE

1

Schade VfL aber jetzt Mund abwischen und die 2. LIGA Rocken und stark wieder kommen

Thomas Wegner, 09.06.2019, 18:19 Uhr
2

Warum versucht man zum Schluß nicht den Siegtreffer zu werfen???
Weil man der überhebliche VFL ist!
Uns kann ja nichts passieren.

Achim Schmidt, 09.06.2019, 18:35 Uhr
3

Wenn man wie die ganze Saison nicht in der Lage ist "einfache " Tore
vom Kreis zu erzielen steigt man halt ab.
Schütteln und endlich mal einen Neuanfang machen.
Wirtschaft und Fans lasst den VFL Nicht hängen!

Peter Herrmann, 09.06.2019, 19:38 Uhr
4

Bitter! Für Gummersbach und Oberberg. Dürfte nicht einfach werden den Aufstieg zu schaffen.

Nadja, 09.06.2019, 19:56 Uhr
5

Vielleicht ist ganz gut so. Nach vielen Jahren des grade noch so in der 1.Liga, zeichnete sich das doch irgendwie ab. Natürlich ist es sehr schade und traurig für unseren Traditionsverein, aber es kann ein erfolgreicher Neuanfang daraus werden. Problem ist/wird nur das liebe Geld sein, das leider mittlerweile auch den Handball streckenweise verdorben hat. Dieses Übel ist dem VFL zum Verhängnis geworden.

JB, 09.06.2019, 20:01 Uhr
6

Guter Kampf! Aber die letzte Aktion macht mich sprachlos!

Christian , 09.06.2019, 20:48 Uhr
7

Das Spiel heute war nur ein Spiegelbild der Saison. Wer einfache Tore nicht werfen kann und so viele technische Fehler aufweist, der steigt ab. Abgestiegen sind wir schon während der ganzen vergeigten Heimspiele.

Ich bin gespannt, ob es für einen Neuanfang wirklich reicht. Mit einem direkten Aufstieg rechne ich nicht, und ob dann das Geld reicht, ist zweifelhaft. Das wird das letzte Erstligaspiel für viele Jahre in Gummersbach gewesen sein....

Michael , 09.06.2019, 22:08 Uhr
8

Die letzte Aktion ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten!!! So dumm kann eigentlich keiner sein... aber der VfL schafft es. Einfach nur traurig und amateurhaft

VFLer, 09.06.2019, 22:57 Uhr
9

Der Vfl ist verdient abgestiegen wer so schlecht spielt hat es verdient

thommy, 10.06.2019, 09:00 Uhr
10

Der Abstieg hat sich abgezeichnet. Wenn man gegen direkte Konkurrenten nicht gewinnen kann, landet man eine Etage tiefer... Heimspiele gegen Minden, den Bergischen HC und sogar gegen die Eulen wurden verloren. Und wenn ich ein Endspiel um den Klassenerhalt habe, gebe ich Gas und liege in Halbzeit 2 nicht zeitweise 5 Tore hinten. Der Druck war mit Sicherheit sehr hoch, aber es ging auch um die Existenz. Aber das sind schließlich auch Profis die mit dem Druck umgehen sollten. Man sollte jetzt nicht nach Gründen suchen, sondern den Wiederaufstieg anpeilen.

DR, 10.06.2019, 11:45 Uhr
11

Nun hat es den VfL leider erwischt.
Man muss nicht erwähnen dass der Tod in Etappen kam.
Jetzt ist die Frage wie es weitergeht.
Welcher Spieler sieht sich in der Verantwortung und stellt sich in der 2. Liga?
Sicherlich ist die 2. Liga weit vom Niveau der Bundesliga entfernt. Man kann aber nur direkt wieder aufsteigen wenn man viele Abgänge kompensieren kann. Die 2. Mannschaft des VfL spielt hier vielleicht eine entscheidende Rolle.
Nun hat man aber leider auch dort viele Talente ziehen lassen (müssen).
Nun heißt es für alle Beteiligten auf die Zähne beißen und Farbe zum VfL Gummersbach bekennen.
Sonst sehe ich große Parallelen zum HSV Hamburg im Fußball.
Oder wird es vielleicht doch der lang erwartete Neubeginn für den VfL?
Es bleibt spannend...

Olaf B. aus L. , 10.06.2019, 17:34 Uhr
12

Das wird eine Hammer 2. Liga!
Wie in alten Zeiten mit TuSEM Essen, TSV Bayer Dormagen, HSV Hamburg, TV 05/07 Hüttenberg da ist eine Menge Musik drin.

Uwe, 10.06.2019, 19:07 Uhr
13

Das ist wie ein schlechter Traum. Auch wenn es sich seit längerem angekündigt hat, hat man immer noch auf ein gutes Ende gehofft. Es ist nach wie vor unfassbar.

Gunder, 11.06.2019, 15:27 Uhr
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