BLAULICHT

Totschlag: Lindlarer zu siebenjähriger Haftstrafe verurteilt

pn; 08.02.2023, 14:25 Uhr
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Foto: Peter Notbohm ---- Unter großem Medieninteresse wurde heute das Urteil im Lindlarer Totschlagsprozess gefällt.
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Totschlag: Lindlarer zu siebenjähriger Haftstrafe verurteilt

pn; 08.02.2023, 14:25 Uhr
Lindlar – 64-Jährige wird am Landgericht Köln verurteilt, nachdem er seine Ehefrau mit einer Hantelstange erschlagen hat – Schwurgericht stellt verminderte Schuldfähigkeit fest.

Von Peter Notbohm

 

In sich zusammengesunken und den Blick auf den Tisch vor ihm gerichtet: Wie schon an den meisten der Prozesstage war während der knapp 20-minütigen Urteilsbegründung von Richter Peter Koerfers kaum eine Regung bei dem 64-jährigen Lindlarer zu beobachten, der am 20. März des vergangenen Jahres seine Ehefrau erschlagen und anschließend versucht hat, sich selbst das Leben zu nehmen (OA berichtete). Ein Schwurgericht am Kölner Landgericht verurteilte ihn heute wegen dieser Tat zu einer siebenjährigen Haftstrafe wegen Totschlags und stellte dabei eine verminderte Schuldfähigkeit fest.

 

„Wir haben keinen Zweifel daran, dass bei ihnen ein Tötungswille vorlag. Jeder, der schon einmal eine Hantelstange in der Hand hatte, weiß, was passiert, wenn man damit häufig und massiv auf einen Schädel einschlägt“, bezeichnete der Vorsitzende die Tat als „unglaublich brutal“. Mindestens fünf Mal habe der Mann auf seine 63-jährige Ehefrau eingeschlagen, die ihm nur Augenblicke zuvor eröffnet hatte, die Ehe nach 43 Jahren beenden zu wollen. Sie verstarb noch in derselben Nacht an ihren massiven Kopfverletzungen in der Klinik Köln-Merheim.

 

„Diese Äußerungen führten in Einbettung der weiteren Streitigkeiten zu einem hochgradigen Affekt“, so Koerfers weiter. Eine Gutachterin hatte dem Lindlarer im Rahmen des Prozesses eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Er leide an einer wahnhaften Störung in Form eines Eifersuchtswahns. Dem war die Kammer allerdings nicht gefolgt. Sie stellte eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung fest: „Ihre Fähigkeit, einzusehen, dass ihr Handeln falsch ist, war in diesem Moment nicht beeinträchtigt. Ihre Steuerungsfähigkeit war allerdings vermindert.“ Auch Mordmerkmale konnte die Kammer nicht feststellen: „Dafür fehlen uns die Einzelheiten der Tatsituation.“

 

Klar war für die Kammer allerdings, dass es sich um das „tragische“ Ende einer arrangierten Ehe gehandelt hat. „Sie heirateten, ohne sich zu kennen, weil sie sich versprochen waren“, führte Koerfers aus. Schon früh hätten beide erkannt, unterschiedliche Vorstellungen und Mentalitäten zu haben. Zusammen blieb man aus kulturellen Gründen dennoch. 1992 war das Ehepaar im Zuge des Jugoslawien-Krieges nach Deutschland gekommen, hatte sich hier ein erfolgreiches Leben aufgebaut. Dass der Angeklagte seine Frau trotz aller Differenzen geliebt habe, glaubte die Kammer dem Lindlarer.

 

Zum Problem wurde allerdings seine Eifersucht: Fast täglich habe er sie irgendwann bedrängt endlich zuzugeben, eine Affäre zu haben. Bereits im September 2021 soll es einen Vorfall gegeben haben, bei dem der 64-Jährige sie mit einem Jagdmesser bedroht haben soll. Die Ermittlungen wurden damals eingestellt, er begab sich anschließend für mehrere Wochen in eine Klinik in Gummersbach. Nach seiner Entlassung wurde es aber schnell wieder schlimmer: Am 20. März folgte die Kurzschlussreaktion im gemeinsamen Familienhaus. „Solche Dinge lassen sich kaum behandeln“, schloss der Vorsitzende.

 

Den anschließend versuchten Suizid bezeichnete Koerfers als Folge der schweren seelischen Erschütterung. Der Lindlarer hatte gezielt in der Nähe des Schwimmbads mit seinem SUV eine Baumreihe anvisiert und war ungebremst auf diese zugerast. Die Wucht des Aufpralls hatte damals dafür gesorgt, dass der Motorblock meterweit durch die Luft geflogen war. Der Mann war daraufhin mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Kölner Klinik gekommen, wo ihm Ärzte das Leben retteten. Er war noch am Tag danach in Untersuchungshaft gekommen, wenig später in eine LVR-Klinik in Essen und anschließend wieder in eine JVA.

 

Bei der Urteilsverkündung waren auch zwei der drei Kinder des 64-Jährigen im Gerichtssaal. Sie hatten das gesamte Verfahren verfolgt, selbst aber von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. So musste sich das Schwurgericht bei seinem Urteil auch weitgehend auf die Aussagen des Angeklagten stützen. In allen Einzelheiten glaubte die Kammer ihm allerdings nicht. Vor allem an den ehrverletzenden Worten, mit der seine Ehefrau ihn beleidigt haben soll, zweifelte das Gericht:  „Der Angeklagte hat sich im Vorfeld des Verfahrens bereits sehr konstant geäußert. Da hätte so ein prägnantes Detail vorher fallen müssen und nicht erst in der Hauptverhandlung!“

 

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft gefordert - die Verteidigung maximal sechs Jahren. „Nach Abwägung aller Umstände halten wir sieben Jahre für Tat und Schuld angemessen. Es ist eine Strafe, die ihnen ermöglicht, noch zu Lebzeiten wieder in Freiheit zu kommen“, so Koerfers.

 

 

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