BLAULICHT

Ehefrau mit Hantel erschlagen: „Mein Kopf funktionierte nicht mehr richtig“

pn; 13.01.2023, 15:15 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Am Kölner Landgericht muss sich derzeit ein 64-jähriger Lindlarer verantworten, weil er seine Frau getötet haben soll.
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Ehefrau mit Hantel erschlagen: „Mein Kopf funktionierte nicht mehr richtig“

pn; 13.01.2023, 15:15 Uhr
Lindlar – 64-Jähriger soll seine Frau getötet haben, nachdem sie sich trennen wollte – Lindlarer soll versucht haben, anschließend Suizid zu begehen – Angeklagter spricht am zweiten Prozesstag am Kölner Landgericht vom schrecklichsten Tag seines Lebens.

Von Peter Notbohm

 

In sich zusammengesunken, den Blick zumeist starr auf den Tisch vor sich gerichtet und den Übersetzungen des Dolmetschers lauschend: So verfolgte der 64-jährige Lindlarer, der sich seit dem 22. Dezember vor einem Schwurgericht am Kölner Landgericht wegen Totschlags verantworten muss, weitgehend den heutigen zweiten Prozesstag, bei dem er auch erstmals selbst Angaben zur ihm vorgeworfenen Tat machte.

 

Obwohl nur seine Verteidigerin spricht und ein vorbereitetes Statement verliest, sieht man dem Angeklagten an, wie sehr ihn die ihm vorgeworfene Tat vom 20. März des vergangenen Jahres beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er an jenem Nachmittag in Streit mit seiner Frau geraten ist. Grund war laut Anklage, dass die 63-Jährige ihm eröffnete, sich trennen zu wollen. Kurz darauf soll er mit einer Hantelstange fünf Mal zugeschlagen haben. Die Frau erlitt schwerste Kopfverletzungen, wurde zwar noch in die Klinik Köln-Merheim gebracht, verstarb dort aber noch in derselben Nacht.  

 

Eine halbe Stunde nach dieser Tat, gegen 17:55 Uhr, kommt es in Lindlar auf der Kölner Straße in der Nähe des Schwimmbads zu einem schweren Verkehrsunfall eines SUV (OA berichtete). Wie sich schnell herausstellen sollte, handelt es sich bei dem Fahrer des Wagens um den 64-Jährigen, der zu diesem Zeitpunkt bereits von der Polizei wegen des Vorfalls gesucht wird und aufgrund der Aussagen von Zeugen als dringend tatverdächtig gilt.

 

Die Unfallermittler stellen fest, dass es keinerlei Bremsspuren gibt und der Mann ungebremst gegen einen Baum und ein Verkehrsschild gefahren ist. Die heute vernommenen Polizisten sprechen von einem riesigen Trümmerfeld. Der Lindlarer wacht später auf der Intensivstation auf, wo er von Beamten sofort festgenommen wird. Zunächst kommt er in Untersuchungshaft, wenig später wird er in einer Essener LVR-Klinik untersucht. Hieß es zunächst der Mann sei schuldunfähig, revidieren die Ärzte diese Diagnose später und gehen von einer verminderten Schuldunfähigkeit bei ihm aus.

 

In seiner Einlassung berichtete die Verteidigerin davon, dass ihr Mandant den 20. März als „schrecklichsten Tag seines Lebens“ bezeichnet. Es falle ihm schwer, den Tathergang zu schildern. Er bereue zutiefst, was er seiner Frau und seiner Familie angetan habe. „Sein Kopf hat im Moment der Tat nicht richtig funktioniert“, sagt die Anwältin. Der 64-Jährige habe noch ein bis drei Schläge mit der Hantelstange vor Augen, ob es mehr waren kann er nicht mehr sagen.

 

Erst anschließend habe er realisiert, was er getan hatte: Er sei davon ausgegangen, dass seine Frau zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen sei. Er habe daraufhin die Autoschlüssel genommen und entschieden, es sei besser, dass er auch nicht mehr leben sollte. Dazu passt, dass der Mann zunächst auch keinen Anwalt verlangt habe, weil er „für diese Tat büßen“ müsse. Er wisse noch, dass er das Gaspedal bis zuletzt durchgedrückt habe, anschließend setze seine Erinnerung erst wieder beim Aufwachen auf der Intensivstation ein.

 

Warum er seine Frau getötet hat? Obwohl die Ehe im Alter von fünf Jahren von den Eltern arrangiert worden sei, habe er seine Frau in den über 40 Jahren Ehe immer geliebt. Ein Pastor habe ihm aufgrund seiner Eheprobleme geraten, mit ihr zusammen in die Kirche beten zu gehen. Sie hätte das am Abend vor der Tat auch selbst vorgeschlagen, davon am nächsten Morgen aber nichts mehr wissen wollen. Zudem habe er sich durch ihre abwertenden Worte in seiner Ehre gekränkt gefühlt.

 

Sie habe ihm zudem eröffnet, dass er sich eine andere Frau suchen solle, wenn er glücklich weiterleben wolle. Die Staatsanwaltschaft spricht dagegen von massiver Eifersucht bei dem 64-Jährigen, diesen Fakt erwähnt die Einlassung der Anwältin nur am Rande – sehr zum Unverständnis von Richter Peter Koerfers.

 

„Hier befindet sich etwas an entscheidender Stelle, was bisher noch nie erwähnt wurde. Von einem Kirchenbesuch und ehrverletzenden Worten höre ich heute zum ersten Mal“, sagt der Vorsitzende und richtet klare Worte an den Angeklagten. „Ich kann schwer nachvollziehen, dass in den zahlreichen Explorationsgesprächen viele unangenehme Details genannt wurden, diese Dinge bislang aber nicht. Eine schriftliche Einlassung ohne Nachfragen ist zudem weniger Wert als eine wörtliche Einlassung“, forderte er von dem Lindlarer Antworten und verweist darauf, dass die Exploration von massiver Eifersucht und einer unglücklichen Ehe spreche. „Sie müssen sich überlegen, ob sie nur über Verteidigererklärungen oder direkt mit uns kommunizieren wollen!“

 

Fortgesetzt wird der Prozess am kommenden Dienstag. Die Verteidigung deutete an, bis dahin noch einmal das Gespräch zu suchen, ob ihr Mandant sich dann in der Lage fühle, Antworten zu geben.

 

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