BLAULICHT

Staatsanwältin platzt fast der Kragen: „Wir sind nicht doof!“

lw; 18.03.2021, 14:14 Uhr
BLAULICHT

Staatsanwältin platzt fast der Kragen: „Wir sind nicht doof!“

lw; 18.03.2021, 14:14 Uhr
Gummersbach - 42-Jähriger soll jungen Mädchen im Internet Bilder seines Geschlechtsteils gesendet und ein kinderpornografisches Video besessen haben – Zweiter Prozesstermin.

Von Lars Weber

 

Vulgär, explizit und verstörend: Die Auszüge aus Chats zwischen dem Angeklagten und minderjährigen Mädchen auf der Plattform „Momio“ sind schwer zu ertragen gewesen, als die Staatsanwältin diese heute beim Prozess gegen den 42-jährigen Mark R. (Anm.d.Red.: Name geändert) am Gummersbacher Amtsgericht erneut vortrug. Der erste Prozesstag war im August gewesen. Der Angeklagte soll den Kindern nicht nur Bilder von seinem Penis geschickt haben, sondern die Mädchen aufgefordert haben, selbst Fotos ihres Intimbereichs zu schicken und sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Dem Gummersbacher wird deshalb sexueller Missbrauch vorgeworfen. Außerdem geht es in einem weiteren Fall um die Verbreitung kinderpornografischer Schriften, hier um ein Video.

 

Das Vorgehen bei den acht Fällen auf „Momio“, eine für Kinder entwickelte Plattform, war immer gleich. Der Angeklagte soll sich an zwei Tagen im Juli 2017 als 14-jähriger Junge ausgegeben, sich durch Fotos das Vertrauen der 11- bis 14-Jährigen erschlichen und ihnen dann – teils auch mit Einverständnis der Mädchen – Bilder von seinem Penis geschickt haben. In manchen Fällen wurden weitere Bilder ausgetauscht. Der Anwalt des Angeklagten wiederholte die Aussage des 42-Jährigen. Demnach sollen Lastwagenfahrer, die in der Nähe des Hauses parkten, das ungeschützte WLAN genutzt haben. Der Staatsanwältin platzte bei der Wiederholung dieser Theorie fast der Kragen. „Es wurden E-Mail-Adressen auf ihrem Computer gefunden, die auch bei Momio hinterlegt sind. Das können die Lkw-Fahrer nicht gewesen sein“, sagte sie. „Wir sind nicht doof!“

 

Bei dem anderen Vorwurf geht es um ein Video, das 2019 bei der Durchsuchung der Wohnung des Vaters zweier Töchter im Teenager-Alter auf dem Computer gefunden wurde. Es hat einen kinderpornografischen Inhalt. Dieses stamme aus einer Chatgruppe der Schulklasse der älteren Tochter. In dieser sei das Video geteilt worden, was auch bis zur Klassenlehrerin vorgedrungen sei. Eine Mail von der Lehrerin an die Eltern in diesem Zusammenhang wurde vor Gericht auch verlesen. Das Video sei auf den Computer ohne das Wissen des 42-Jährigen gelangt, nachdem sich seine Ehefrau die Datei von der Tochter hat schicken lassen.

 

Um zu klären, wie das Video auf den Computer gelangt ist, hat das Schöffengericht um Richter Ulrich Neef beim Prozessauftakt im August einen Sachverständigen beauftragt. Das Ergebnis lag nun vor: Das Video war in zweifacher Ausführung in einem temporären Ordner zu finden, der zum Beispiel von Kommunikationsdiensten automatisch angelegt wird. Es habe keine bewusste Speicherung vorgelegen. Die Bilder rund um das Datum, als auch das Video verschickt wurde, deuteten darauf hin, dass das Video tatsächlich über einen Chatdienst getauscht wurde. So sei dort zum Beispiel eine Aufnahme des Chatverlaufs aus der Klassengruppe zu finden. Weitere kinderpornografische Inhalte fanden sich nicht.

 

Nicht geklärt werden konnte, ob sich tatsächlich die Ehefrau das Video hat schicken lassen. „Wenn dem so war, dann wird es in diesem Fall auch eine Anklage geben“, gab die Staatsanwältin den Hinweis an Mark R.. „Wollen Sie wirklich Ihre Ehefrau über die Klinge springen lassen?“ Rechtsanwalt und Angeklagten blieben aber bei der Version. Es ginge ihnen um die Wahrheitsfindung.

 

In der kommenden Woche soll der Prozess fortgesetzt werden. Dann wird das Gutachten der Rechtsmedizin Köln vorgetragen. Dabei geht es um die Frage, ob die Penis-Fotos, die in den Chats verwendet wurden, das Geschlechtsteil des Angeklagten zeigen. Dass solche Fotos existieren, räumte der Angeklagte bereits ein. Es soll sich dabei aber um private Fotos handeln, die er nur mit seiner Frau geteilt habe.

 

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