BLAULICHT

Ist das noch Ehrenamt? Reichshofs Feuerwehr sieht sich an Belastungsgrenze

pn; 26.02.2024, 07:00 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- Mehrere Feuerwehrkameraden wurden für ihre mehrjährige Mitgliedschaft in der Feuerwehr Reichshof geehrt.
BLAULICHT

Ist das noch Ehrenamt? Reichshofs Feuerwehr sieht sich an Belastungsgrenze

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pn; 26.02.2024, 07:00 Uhr
Reichshof – Ehrungen und Beförderungen stehen bei der Jahresdienstbesprechung der Freiwilligen Feuerwehr im Mittelpunkt – Wehrchef Sascha Frede wirbt für Gespräche mit der Politik – Feuerwehr blickt auf ein vergleichsweise ruhiges Jahr zurück.

Von Peter Notbohm

 

21 Menschen in Reichshof wurden im vergangenen Jahr aus misslichen, teils lebensbedrohlichen Lagen von der Freiwilligen Feuerwehr Reichshof gerettet. 80 Brände mussten die Einsatzkräfte zudem löschen; insgesamt 285-mal (davon 180 Einsätze der technischen Hilfeleistung) wurden die Wehrkräfte alarmiert. Nur bei dem schweren Autounfall im Dezember (OA berichtete) kam für drei Menschen jede Hilfe zu spät. Im Vergleich zum Vorjahr (344 Einsätze) sind die Einsatzzahlen aufgrund ausgebliebener langer Dürreperioden und fehlender größerer Flächenlagen damit zwar gesunken, trotzdem warnte Reichshofs Feuerwehrleiter Sascha Frede am Sonntag im Rahmen der Jahresdienstbesprechung, dass die Feuerwehr am Limit arbeite.

 

Seit einem Jahr ist Frede als Nachfolger von Christoph Dick für Reichshofs Feuerwehr verantwortlich. Zwölf Monate, in denen er sich ein genaues Bild machen konnte: Trotz einiger positiver Entwicklungen sieht er die Feuerwehr an der „rein ehrenamtlichen Belastungsgrenze angekommen“, in Teilen sogar schon überschritten. In seiner Rede warb er daher bei Reichshofs Politik, die gut vertreten war, für Gespräche, um lösungsorientierte und zielgerichtete Entlastungen zu finden.

 

[Reichshofs Wehrleiter Sascha Frede (li.) begrüßte Kreisbrandmeister Wilfried Fischer zum letzten Mal bei einer Jahresdienstbesprechung der Feuerwehr Reichshof.]

 

„Jeder Cent, den Sie in Ihre Feuerwehr investieren, ist sehr gut angelegtes Geld zum Schutz und der Fürsorge Ihrer Bürger und mindestens gleichwohl meinen Einsatzkräften“, sagte Frede in der Mensa der Eckenhagener Gesamtschule. Reichshofs Feuerwehr mit seinen sechs Abteilungen, in denen sich derzeit 583 Mitglieder befinden, darunter 263 aktive Feuerwehrleute, verglich er mit einem gewaltigen Uhrwerk, in dem es ein immenser Kraftakt sei, „dass sich alle Zahnräder drehen“. Insgesamt sei er „sehr stolz und demütig“, Leiter einer solch „großen und bunten Feuerwehr“ zu sein.

 

Positiv aus Fredes Sicht: Das große Problem der unzureichenden Bekleidung und persönlicher Schutzausrüstung wurde in konstruktiven Gesprächen mit Verwaltung und Politik gut gelöst. Dass für Aus- und Fortbildungen ein wiederkehrendes Jahresbudget eingerichtet wurde und zudem erstmalig ab diesem Jahr Reinigungskosten der Feuerwehrgerätehäuser anteilig erstattet werden, habe man ebenfalls wohlwollend zur Kenntnis genommen. In 2024 wird die Feuerwehr zudem einen zweiten hauptamtlichen Gerätewart und eine BufDi-Stelle bekommen. Geplant sind zudem Anschaffungen eines neuen Mannschaftstransportwagens, eines Tanklöschfahrzeugs und eines neuen Einsatzleitwagens. An zwei Standorten bekam die Feuerwehr außerdem neues hydraulisches Rettungsgerät.

 

Warnende Worte formulierte aber nicht nur der Wehrchef. Auch der Leiter der Jugendfeuerwehr Maik Bourbones richtete einen Appell an seine Kameraden. Zwar habe man mit insgesamt 143 Kindern und Jugendlichen weiterhin die größte Kinder- und Jugendfeuerwehr im Oberbergischen. Nicht zuletzt das Sommerzeltlager habe aber gezeigt, dass man in der Organisation chronisch unterbesetzt sei. „Wenn ständig im Jugendbereich engagierte Kameraden abberufen werden, wird es immer schwieriger. Wir alten Hasen sind nicht mehr ewig da“, sagte Bourbones und warb ausdrücklich dafür, den Nachwuchs zu hegen und pflegen: „Das sind die aktiven Helfer von morgen.“ Neuer Ausbildungsbeauftrager der Jugendfeuerwehr wird Louis Sabottke.

 

[Eckhard Günter (2.v.l.) und Hermann Wolfslast (m.) erhielten die Sonderauszeichnung des Feuerwehrverbandes in Gold.]

 

Ehrungen

 

Standing Ovations von den Kameraden erhielt der 90-jährige Hermann Wolfslast, der für seine 70-jährige Mitgliedschaft in der Feuerwehr Reichshof geehrt wurde. „So einen technischen Wandel in der Feuerwehr wie er, wird so schnell niemand mehr erleben. Hermann kann sich wahrscheinlich noch daran erinnern, wie mit dem Trecker die Pumpe zum Löschteich gezogen werden musste“, sagte Kreisbrandmeister Wilfried Fischer.

 

Der Unterbrandmeister, der sich noch gut an einen seiner ersten großen Waldbrände bei Pochwerk in den 1950er Jahren erinnern konnte, hat für die Feuerwehr etwas Bleibendes hinterlassen. Beim Bau des Feuerwehrgerätehauses in Mittelagger hat er nach eigener Aussage nicht nur den Beton zur Baustelle gefahren, sondern der Feuerwehr auch das Holz für den Dachstuhl aus seinem eigenen Waldbestand gespendet. "Noch heute stehe ich jeden Tag an der Holzspaltmaschine", erzählte Wolfslast.

 

10 Jahre aktive Mitgliedschaft

Marina Bieker (Mittelagger)

Leon Maurice Kranz (Mittelagger)

Julian Lange (Nosbach)

Christian Koch (Nosbach)

Nathan Köllner (Nosbach)

Robin Assmann (Hunsheim)

Tom Krämer (Hunsheim)

Alina Schumacher (Hunsheim)

Oliver Mertens (West)

Emily Joyce Brodhäcker (Odenspiel)

Marius Otto (Odenspiel)

Dieter Achenbach (Big Band)

Sophie-Michelle Semmler (Big Band)

Sarah Kattwinkel (Musikzug Odenspiel)

Madeleine Mosberger (Musikzug Odenspiel)

 

25 Jahre aktive Mitgliedschaft

Marcus Haas (Mittelagger)

Alexander Dick (Heischeid)

Achim Ringsdorf (Big Band)

Jennifer Hebel (Musikzug Odenspiel)

Katharina von Weschpfennig (Musikzug Odenspiel)

Ingo Thape (Musikzug Odenspiel)

 

35 Jahre aktive Mitgliedschaft

Gregor Knaupe (Eckenhagen-Hespert)

Ingolf Preuß (Mittelagger)

Jörg Altjohann (Nosbach)

Stefan Theile (Nosbach)

Maik Häger (Nosbach)

Frank Naujock (West)

Thomas Dick (Heischeid)

Thomas Riehl (Heischeid)

Michael Veith (Heischeid)

Jürgen Ringsdorf (Big Band)

 

40 Jahre aktive Mitgliedschaft

Karsten Zittlau (Heischeid)

Frank Riehl (Heischeid)

 

50 Jahre aktive Mitgliedschaft

Manfred Krämer (Hunsheim)

Martin Kästner (Hunsheim)

Udo Steiniger (Musikzug Odenspiel)

 

60 Jahre aktive Mitgliedschaft

Eckhard Günter (West)

 

70 Jahre aktive Mitgliedschaft

Hermann Wolfslast (Mittelagger)

 

[Sieben der 15 Feuerwehrmitglieder, die für ihre zehnjährige Mitgliedschaft in der Feuerwehr geehrt wurden.]

 

Bürgermeister Rüdiger Gennies sprach in seiner Rede von den „Airbags“ der Gemeinde: „Sie sind immer an Bord, immer bereit, uns zu schützen.“ Das werde von vielen als selbstverständlich genommen, sei aber das genaue Gegenteil, sagte das Gemeindeoberhaupt: „Sie sorgen für Sicherheit, retten Menschenleben und schützen Sachwerte. So zu handeln bekundet viel Verantwortungsgefühl und Gemeinsinn.“ Daher hätten Politik und Verwaltung aus Gennies Sicht auch ihr Möglichstes getan, trotz schwieriger Haushaltslagen die erforderlichen Mittel für Investitionen bereitzustellen. Bis 2027 sind neben der jährlichen einen Million Euro für den laufenden Feuerwehrbetrieb rund 1,82 Millionen Euro für Fahrzeug- und Geräteinvestitionen vorgesehen. Zudem wird für etwa 1,2 Millionen Euro das Feuerwehrgerätehaus in Wenrath realisiert.

 

[Sven Brochhagen wurde zum Brandinspektor befördert.]

 

Bei seinem letzten Besuch als Kreisbrandmeister warb Wilfried Fischer (hört zum 30. April auf) im Rahmen seines Grußwortes für mehrere Kampagnen des deutschen Feuerwehrverbandes („Keine Gewalt gegen Einsatzkräfte“, „Frauen am Zug“, „Vielfalt in der Feuerwehr“ und „Gegen Extremismus in der Feuerwehr“). Zudem berichtete er von den aktuellen Entwicklungen am Übungsstandort in Brächen, dem Katastrophenschutzbedarfsplans sowie dem Verbandsausschuss vom Samstag, an dem öffentlich wurde, dass es zu einer Erhöhung der Mitgliedsbeiträge für die Kommunen kommen wird und die geplante Satzungsänderung noch einmal geschoben werden muss.

 

Im Anschluss nahm die Feuerwehr ihre Zeugnisausgabe (71), Übernahmen in die Ehrenabteilung (1), aus der Kinderfeuerwehr (5) sowie der Jugendfeuerwehr (8), Entlassungen aus- (2) und Bestellung in Funktionen (5), Beförderungen (43) sowie Ehrungen (38) vor. Der Löschzug Denklingen war hiervon ausgenommen, da die Ehrungen und Beförderungen erst anlässlich der Feier zum 125-jährigen Bestehen durchgeführt werden. Musikalisch begleitet wurde die Jahresdienstbesprechung von der BigBand der Feuerwehr Eckenhagen unter Leitung von Karl-Werner Doepp.

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