BLAULICHT

Gewalt, Unfallflucht und Drogenfahrt: 29-Jähriger muss 14 Monate hinter Gitter

pn; 23.01.2024, 18:30 Uhr
Symbolfoto: Peter Notbohm.
BLAULICHT

Gewalt, Unfallflucht und Drogenfahrt: 29-Jähriger muss 14 Monate hinter Gitter

pn; 23.01.2024, 18:30 Uhr
Waldbröl - Angeklagter bleibt dem Urteil fern - Polizei fahndet nach ihm, weil er erneut straffällig geworden sein soll - Neben der Haftstrafe wurde auch eine Führerscheinsperre ausgesprochen.

Von Peter Notbohm

 

Dass Boris T. (Anm.d.Red.:Name geändert) in drei Monaten seinen Führerschein neu beantragen darf, dürfte für den 29-jährigen Waldbröler nur ein schwacher Trost sein. Der Mann wurde am Montag von einem Schöffengericht am Waldbröler Amtsgericht wegen Unfallflucht, Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer 14-monatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Zudem wurde ihm der Führerschein für zwölf Monate entzogen, von denen bereits neun vorüber sind. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er am 20. April des vergangenen Jahres nach der Kollision mit einem Verkehrsschild einfach weitergefahren war. Zudem am 28. April einen 30-Jährigen zu Boden geschlagen hat und nur einen Tag später dessen Auto mit seinem Wagen rammte.

 

Im Gefängnis dürfte Boris T. genügend Zeit haben, sich auf die bevorstehende Medizin-Psychologische Untersuchung (MPU) vorzubereiten. Vermutlich wird er noch länger hinter Gitter müssen, da er wegen eines Urteils des Amtsgerichts Remscheid unter laufender Bewährung steht. Ob er von dem Urteil bereits mitbekommen hat, ist allerdings unklar. Nachdem er zum ersten Prozesstag (OA berichtete) noch erschienen war und ein Teilgeständnis abgelegt hatte, blieb er dem Gericht am Montag fern. Seinem Verteidiger, der sich das Fehlen zunächst nicht erklären konnte, schickte er im Laufe der Verhandlung lediglich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Ein Grund könnte allerdings sein, dass die Polizei den 29-Jährigen derzeit sucht.

 

Noch während das Gericht den Leiter eines Verkehrsunfallteams der Polizei befragte, bekam Richter Carsten Becker im Gerichtssaal einen Anruf der Ermittler. Wie der Vorsitzende anschließend dem Verteidiger und dem Staatsanwalt mitteilte, bestehe der Verdacht, dass Boris T. der Hauptverdächtige im Zusammenhang mit der Schießerei auf dem Schulhof einer Waldbröler Grundschule am frühen Freitagmorgen sei (OA berichtete) und man daher nach ihm fahnde. Auf das aktuelle Verfahren am Amtsgericht hatte dies aber keine Auswirkungen, da die Unschuldsvermutung gilt.

 

Der Hauptkommissar des VU-Teams sagte aus, dass es bei dem Unfall auf der Morsbacher Straße zwischen Waldbröl und Biebelshof am 29. April des vergangenen Jahres, wegen dem Boris T. der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen wurde, keinen Versuch gegeben habe, eine Kollision zu verhindern. Allerdings konnte der erfahrene Experte nichts zu den Details des Crashs sagen, nur, dass es sich um einen kleinen Kollisionswinkel mit relativ geringem Schaden gehandelt haben muss.

 

Ehe im Anschluss die Plädoyers gehalten wurden, kam zudem das Vorstrafenregister von Boris T. zur Sprache. Neben kleineren Delikten stach vor allem die Verurteilung des Landgerichts Bonn hervor: Dort war der 29-Jährige im Sommer 2017 wegen Beteiligung an einer tödlich verlaufenen Schlägerei (OA berichtete) zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt worden (OA berichtete). Diese musste der Waldbröler vollständig absitzen. Im Gefängnis waren zudem bei einer Durchsuchung 65 Gramm Haschisch in seiner Unterhose gefunden worden, was ihm eine zusätzliche zehnmonatige Bewährungsstrafe kurz nach seiner Haftentlassung einbrachte – dieses Urteil wird Boris T. nun vermutlich ebenfalls absitzen müssen.

 

Die Staatsanwaltschaft forderte im aktuellen Verfahren eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monate – diese allerdings zur Bewährung, nachdem der Bewährungshelfer des 29-Jährigen am ersten Prozesstag noch von einer eher günstigen Sozialprognose ausgegangen war. Die Verteidigung sah viele Vorwürfe nicht als nachgewiesen an und plädierte auf ein mildes Urteil in Form einer Geldstrafe, da die eingestandene Körperverletzung durch das spätere Opfer provoziert worden sei. Zudem seien dessen Aussagen aus Sicht der Verteidigung wenig glaubwürdig und von starker Belastungstendenz geprägt gewesen, so der Anwalt.

 

Das Schöffengericht konnte sich dem nicht anschließen. Richter Becker sprach in seinem Urteil von „reinen Schutzbehauptungen“ des 29-Jährigen und richtete deutliche Worte an dessen Verteidiger: „Wir haben hier das Vorleben des Angeklagten. Wenn man schon einmal vier Jahre im Gefängnis saß, weil ein Mensch wegen eines Faustschlags sein Leben verloren hat, hat man die Pflicht so etwas nie wieder zu tun. Selbst wenn die eigene Freundin beleidigt worden sein sollte.“ Eine Freiheitsstrafe sei daher unerlässlich. Die Gefährdung des Straßenverkehrs einen Tag später habe er zudem billigend in Kauf genommen.

 

Dass es am Ende nicht zu einer Bewährungsstrafe kam, lag laut Becker an der aus Sicht des Gerichts nicht günstigen Sozialprognose. Man habe es mit einem Bewährungsversager zu tun gehabt, den auch sein Arbeitsplatz nicht davon abgehalten habe, weiter seine Aggressionen auszuleben. Erneut richtete sich Becker an den Verteidiger: „Man muss sich Bewährung auch verdienen. Hier gab es keine Entschuldigung, keine Wiedergutmachung, keine angefangene Aggressionstherapie und auch keinen Nachweis über eine Drogenfreiheit. Das ist alles keine Pflicht, aber Punkte, mit denen man sich für eine Bewährung hätte bewerben können.“


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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