WALDBRöL

Wo Achtsamkeit großgeschrieben wird

kr; 04.03.2020, 06:00 Uhr
Fotos: Karin Rechenberger --- Braune Kutten symbolisieren bei den Mönchen und Nonnen die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau.
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Wo Achtsamkeit großgeschrieben wird

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kr; 04.03.2020, 06:00 Uhr
Waldbröl – OA gibt einen Einblick in den Alltag der Buddhisten in Waldbröl und berichtet über die vielfältigen Kurse und Seminare im EIAB.

Von Karin Rechenberger

 

Sie strahlen eine unglaubliche Ruhe, eine wohlige Gastfreundlichkeit und Freundlichkeit aus – die Nonnen und Mönche des EIAB in Waldbröl. Sie schöpfen diese Ruhe und Kraft aus dem Reichtum der Lehren Buddhas und vermitteln diese Tugenden in einem umfangreichen Angebot an Kursen und Seminaren.

 

Das Europäische Institut für angewandten Buddhismus (EIAB) ist eine gemeinnützige Organisation, die gegründet wurde, um durch Meditation und Achtsamkeit im täglichen Leben Frieden, Harmonie und Stabilität in die Familien, die Gesellschaft und die Welt zu bringen. Die „Dharmalehrer“ des EIAB vermitteln ihr Verständnis und ihre Erfahrung nicht allein durch Worte, sondern auch durch ihre Präsenz, wie sie im Leben stehen und handeln. „In unseren Kursen und Seminaren decken wir alle Bereiche des Lebens ab“, berichtet Mönch Thay Phap An (Foto). Dazu gehöre neben den Grundlagen der buddhistischen Lehre die Beziehung, das Glück, die Heilung, das innere Kind in uns, Neubeginn und Schicksal, Kommunikation sowie buddhistische Psychologie. In den Kursen wird die Lehre Buddhas in allen Ebenen des täglichen Lebens integriert.

 

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An das EIAB wenden sich an alle Menschen, die die Qualität ihres eigenen Lebens sowie das ihrer Familien und Gemeinschaften verbessern möchten. Es gibt zahlreiche Kurse gegen Stressabbau, Kurse, um innere Energie aufzubauen sowie Meditationkurse, um Weisheit und Klarheit zu haben. So erlangen die Teilnehmer nicht nur ein solides Fundament in den wesentlichen Lehren Buddhas, sondern erreichen auch eine Herrschaft über Geist und Körper durch die Kultivierung der Kunst des achtsamen Lebens. „An Wochenenden finden teilweise vier bis fünf Kurse parallel statt“, sagt Schwester (Sr.) Song Nghiem.

 

Thay Phap An ist Direktor und Studienleiter des EIAB. Er ist in Vietnam geboren. 1992 wurde er von Thich Nhat Hanh ordiniert. An seiner Seite lehrt Schwester Song Nghiem, die ebenfalls im fernöstlichen Land geboren wurde. Sie wurde 2004 von Thay als Nonne ordiniert. Ihr besonderes Interesse gilt der Körperübung und der Kultivierung der Freude und des Glücks im Alltag. Aus vielen europäischen Ländern kommen die Menschen, um Kraft zu schöpfen.

 

Bei den Kursen ist das zentrale Thema die Achtsamkeit. Sehr beliebt seien die „Familien-Retreats“. Die Familien sind der wichtigste Baustein der Gesellschafft. Die wichtigste Übung innerhalb der Familie bestehe darin, sich ausreichend Zeit füreinander zu nehmen, ohne dass es dabei um etwas anderes geht, als sich mitzuteilen und einander zuzuhören. Bei Konflikten, die zum Beispiel zwischen Teenagern und Erwachsenen bestünden, sehen die Mönche ihre Aufgabe darin, die Streitparteien wieder zusammenzubringen. Es ginge um gegenseitigen Respekt, Dankbarkeit und Versöhnung. „Es wird auch oft geweint, aber das sind meistens Glückstränen“, erklärt Sr Song Nghiem und lächelt.

 

 

Bei der 40-köpfigen buddhistischen Gemeinschaft in Waldbröl werden Mitgefühl und gegenseitige Wertschätzung großgeschrieben. Die Köpfe aller sind kahlgeschoren und sie tragen alle braunen Kutten als Zeichen der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Alle leben sehr bescheiden und ernähren sich vegan. „In unserer Küche dürfen nur Brüder und Schwestern kochen. Sie kochen mit Liebe und das schmeckt man beim Essen“, so Sr. Song Nghiem.

 

Das Institut in Waldbröl richtet sein Angebot nicht nur an Menschen, die sich dem Buddhismus verbunden fühlen. Buddhismus, so wie er im EIAB gelehrt wird, ist keine Religion. Man hilft Menschen, zu ihren eigenen religiösen und kulturellen Wurzeln zurück zu finden. Mittel dazu ist die Praxis der Achtsamkeit. Das Institut soll eine Zuflucht sein, ein Ort der Entschleunigung und des Herunterkommens für den gestressten Menschen.

 

Das Gebäude

 

 

2008 kaufte Thich Nhat Hanh, von seinen Schülern Thay genannt, das leerstehende Haus in Waldbröl und gründete das EIAB, um die Menschen Achtsamkeit zu lehren. Bis 1938 war das Haus ein Pflegeheim für fast 700 geistig behinderte Menschen. Ein Großteil von ihnen hatte laut Aufzeichnungen Schizophrenie. Der Reichsleiter der NSDAP, Robert Ley, ließ das Haus räumen, bis auf die Grundmauer abtragen und errichtete ein pompöses Hotel für die Deutsche Arbeitsfront. Angesichts der folgenden Kriegsniederlagen wurde es nie in Betrieb genommen, es wurde als Lazarett genutzt.

 

 

In Gedenken an die 700 Bewohner des Pflegeheims haben die Buddhisten vor den Wandbildern als Dauerausstellung 700 bunte Herzen aufgehängt. Regelmäßig wird mit Gebeten und Glockenschlägen der Opfer des Naziregimes gedacht. Aus den einstigen Säulen des Monumentalbaus haben die Mönche Glockentürme gebaut. Die größte Glocke hängt unter einem Dach im Garten des riesigen Anwesens. Darauf steht: „Höre mit Mitgefühl“.

 

 

 

„Be still and now“, „Breathe and smile“ und „I am here for you“ sind nur einige der klugen Weisheiten, die beim Schreiben entstanden sind, die Schwester Phung Nghiem in der Kalligrafie-Ausstellung präsentiert.

 

 

Tagesablauf eines Mönches

 

 

5 Uhr: Aufstehen

5:30 Uhr: Sitzmeditation und Körperübungen

7:30: Frühstück

9 bis 11:30 Uhr: Arbeitsmeditation

12 Uhr Mittagessen

14 Uhr Tiefenentspannung

15 bis 17:30 Uhr: Arbeitsmeditation

18 Uhr: Abendessen

20 Uhr: Dharma-Austausch

21:30 Uhr: Edles Schweigen

 

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