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Amateurfußball in Deutschland: Wie sieht die Perspektive für die Zukunft aus?
Immer wieder werden Stimmen laut, die bemängeln, dass die Vereine sich immer weiter von ihrer Fanbasis entfernen und sich längst in einem Elfenbeinturm befinden, zu dem der normale Fußballfan keinen Zugang mehr hat.
Die Bundesliga ist das große Aushängeschild des deutschen Fußballs und zog vergangenes Jahr knapp 12 Millionen Zuschauer in die Stadien. Diese Zahl zeigt deutlich, wie beliebt der Profifußball in Deutschland ist, denn hinzu kommen noch die Millionen von Fernsehzuschauern, die sich die Spiele zu Hause oder in der Kneipe um die Ecke anschauen.
Die Ergebnisse der Bundesliga sind ein häufiges Gesprächsthema im Freundeskreis oder auch im Büro, wo selbst semi-interessierte Menschen ihre Bundesliga Tipps in Tipprunden oder im Wettbüro abgeben – je nachdem, wie ernst sie es meinen.
Dennoch werden immer wieder Stimmen laut, die bemängeln, dass die Vereine sich immer weiter von ihrer Fanbasis entfernen und sich längst in einem Elfenbeinturm befinden, zu dem der normale Fußballfan keinen Zugang mehr hat.
Doch wie sieht die Lage im Amateurfußball aus? Kommt es aufgrund der Entfremdung der Bundesligavereine zu einem Plus an Mitgliedern? Fangen aufgrund der Heim-EM wieder mehr Menschen mit Fußball bei ihrem lokalen Verein an? Und wie sieht die Zukunft des deutschen Amateurfußballs aus? Diese Fragen sollen in diesem Artikel beantwortet werden.
Mitgliederzahlen der Amateurvereine in Deutschland mit positiver Entwicklung
Die Entwicklung der Mitgliederzahlen in den Amateurvereinen Deutschlands hat in den vergangenen Jahren eine positive Entwicklung genommen, denn nach den Problemen während der Corona-Pandemie, die zu einem deutlichen Rückgang der aktiven Mitglieder führten, kann sich der Amateurfußball heute wieder über mehr Zulauf als je zuvor erfreuen.
Seit dem Jahr 2020 verzeichnete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) insgesamt einen Zuwachs von etwa 7,5 % der Mitgliederzahlen. Diese Fakten bestätigen eindeutig die Beliebtheit des Königs Fußball und zeigen zudem, dass die Vereine nicht die Angst haben müssen, ihre Mitglieder zu verlieren. Sie können eher damit rechnen, dass sich in der kommenden Zeit noch mehr Menschen anmelden werden, um aktiv am Vereinsleben teilzunehmen.
Zu beachten ist auch die Entwicklung im Jugendbereich, denn dort stieg die Zahl der Mädchen bis 16 Jahre, die sich in Vereinen anmeldeten, seit 2022 um ganze 17 %, was aber auch mit der Beliebtheit des Frauenfußballs im Allgemeinen zu tun haben dürfte. Aber auch bei den Jungen unter 18 Jahren bestätigt sich dieser positive Trend und die Entwicklung spiegelt sich zudem in der steigenden Anzahl gemeldeter Mannschaften wider, die im dritten Jahr in Folge zugenommen hat.
Insgesamt sind heute mehr als 7,7 Millionen Menschen in den rund 24.000 Fußballvereinen des DFB organisiert, was einem Anstieg von knapp 5 % zum Vorjahr entspricht. Diese Zahlen verdeutlichen die zentrale Rolle, die der Amateurfußball in Deutschland spielt.
Die Vereine leisten nicht nur einen wertvollen Beitrag zur sportlichen Betätigung, sondern fördern auch die soziale Integration und das Gemeinschaftsgefühl. Die Euphorie durch die Europameisterschaft im eigenen Land dürfte diesem Aufwärtstrend weiteren Schwung verleihen, denn dazu gibt es bis jetzt noch keine genauen Zahlen.
Auch Zuschauerzahlen der Amateurligen stabil
Als Beispiel für den Amateurfußball soll an dieser Stelle die Regionalliga West genutzt werden, denn gerade in NRW besteht eine besonders hohe Dichte an Teams und der Konkurrenzdruck ist dementsprechend groß.
Im vergangenen Jahr kamen zu den Spielen der Vereine der Regionalliga West knapp 700.000 Menschen, im Jahr zuvor waren es noch knapp über 550.000 Zuschauer und in der Saison 2021/22 waren es mehr als 630.000 Zuschauer. Diese Zahlen belegen deutlich, dass es kein mangelndes Interesse am Amateurfußball in Deutschland gibt.
Entwicklung der Fankultur in den Profiligen
Die Entscheidung von Borussia Dortmund, eine Sponsoring-Partnerschaft mit dem deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall einzugehen, hat bei den Fans für erhebliche Unruhe gesorgt. Manch einem Fußballfan dürften sofort Erinnerungen an die unliebsame Partnerschaft von Schalke 04 und dem russischen Unternehmen Gazprom gekommen sein.
Viele Anhänger des BVB lehnen ein Sponsoring mit einem Waffenhersteller klar ab und zeigen dies auch öffentlich. Sie kritisieren etwa, dass der Verein seine Werte verrate und werfen dem Club vor, sich am sogenannten Sportswashing zu beteiligen.
Dabei geht es darum, durch sportliche Sponsoring-Deals das öffentliche Image eines kontroversen Unternehmens aufzupolieren. Aus diesen Gründen war auch die WM in Katar in großer Kritik, weil nur unzureichend auf die Menschenrechtsverletzungen im Wüstenstaat hingewiesen wurde.
Die Fans haben ihre Unzufriedenheit deutlich zum Ausdruck gebracht, indem sie bei Spielen Transparente mit Protestbotschaften im Stadion verbreiteten und nach Boykott riefen. Besonders kritisch sehen die Schwarz-Gelben auch, dass der Sponsorenvertrag kurz vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison ohne ausreichende Einbeziehung der Fangemeinde getroffen wurde. Der Verein meint jedoch, dass ein Rüstungsunternehmen per se nicht schlechtes sei, denn auch für die Verteidigung der eigenen Werte und letztendlich der Demokratie, brauche es Waffen.
Der Amateurfußball als Ausweg?
Im Amateurfußball gibt es diese genannten Probleme nicht, denn meistens sind die Sponsoren der örtliche Klempner oder ein Traditionsunternehmen aus der Region.
Deswegen scheint der Weg für unzufriedene und verärgerte Fans aus den Profiligen klar vorgezeichnet zu sein: Er führt hin zum Amateurfußball, zurück zu den Wurzeln, wo es noch ehrlich zugeht. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn ein Spiel eines Amateurvereins kann nicht ganz die Emotional entfachen, wie dies in einem prall gefüllten Stadion der ersten Liga mit 40.000 Gleichgesinnten der Fall ist.
Es gibt keine verlässlichen Zahlen, die belegen, dass der Amateurfußball mehr Zulauf erfährt, weil die Fans vieler Bundesligisten enttäuscht sind. Ein denkbares Szenario ist es aber, denn bei einem Verein der Regionalliga West ist es in erster Linie nicht zu erwarten, dass es Probleme wie Sportswashing gibt.
Fazit: Amateurfußball wird immer beliebter!
Vor allem im Westen Deutschland ist der Amateurfußball so beliebt wie selten zuvor. Mehr als 1,85 Millionen Mitglieder in Fußballvereinen verzeichnet zum Beispiel der Westdeutsche Fußballverband, zu dem die Verbände Niederrhein, Mittelrhein und Westfalen gehören. Der Trend geht weiterhin steil nach oben, denn so waren es im Jahr zuvor 1,8 Millionen Mitglieder, was einen Anstieg um 500.000 Mitglieder bedeutet. Im Jahr 2021 hatte der Dachverband noch unter 1,8 Millionen Mitglieder, woran deutlich zu erkennen ist, wie beliebt der Amateurfußball im Westen ist.
Es ist davon auszugehen, dass sich diese Zahlen nochmals verstärken werden, wenn die Anmeldungen nach der beeindruckenden Heim-EM diesen Sommer nochmals stiegen dürften. Es sind vor allem Jugendliche, die sich Vereinen anschließen und da Fußball der beliebteste Sport ist, gibt es hier auch die meisten Anmeldungen.
