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Oberbergs Top-Klubs und der Kampf um Zuschauer

pn, lo; 09.10.2021, 12:00 Uhr
Foto: Thomas Wirczikowski.
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Oberbergs Top-Klubs und der Kampf um Zuschauer

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pn, lo; 09.10.2021, 12:00 Uhr
Oberberg – Monatelang waren Fans durch Corona aus den Hallen ausgesperrt – Wie reagieren die drei oberbergischen Bundesligavereine auf die schleppende Rückkehr?

Von Peter Notbohm

 

2.717 Handballfans lockte der EHV Aue am 28. Februar des vergangenen Jahres in die SCHWALBE arena. „Nur“ hieß es damals aus Sicht des VfL Gummersbach. Bevor Deutschland sich Mitte März in den eisernen Griff der Corona-Pandemie begab, strömten regelmäßig über 3.000 Zuschauer in den oberbergischen Handball-Tempel. Und heute? 1.510 Zuschauer kamen zum Saisonauftakt gegen den VfL Lübeck-Schwartau, obwohl die Arena gemäß der aktuellen Corona-Verordnung sogar ausverkauft sein durfte und der Verein nach eigenen Angaben auch etwa 1.350 Dauerkarten abgesetzt hat. Im zweiten Heimspiel gegen den Dessau-Roßlauer HV waren es immerhin schon 1.968 Menschen, die den Sport wieder live in der Halle ‚atmen‘ wollten – damit aber immer noch unter 50 Prozent der möglichen Auslastung.

 

Ein oberbergisches Problem? Mitnichten! In nahezu allen Handball-Hallen in Liga 1 und 2 ist man weit von den Zahlen der Prä-Corona-Zeit entfernt. Auch andere Sportarten sind betroffen: Weitere Beispiele aus dem Oberbergischen sind Tischtennis-Bundesligist TTC Schwalbe Bergneustadt oder das Badminton-Spitzenteam aus Wipperfeld. Auch sie müssen derzeit um die Rückkehr ihrer Fans buhlen und kämpfen.

 

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Selbst König Fußball hatte zu Saisonstart Probleme, in der Bundesliga die erlaubten Kapazitäten auszufüllen. 3G oder doch 2G? Viele Zuschauer und Fans sind nicht nur wegen möglicher Ansteckungsrisiken verunsichert, sondern haben teils auch schlicht keine Lust, sich mit dem Thema zu befassen oder ihre Daten zu hinterlassen. Christoph Schindler, Geschäftsführer des VfL Gummersbach, ist zwar froh, endlich wieder Fans in der SCHWALBE arena begrüßen zu dürfen, blickt aber doch ein wenig sorgenvoll auf die aktuellen Zuschauerzahlen. „Sie sind das Ergebnis der Entwicklungen der letzten anderthalb Jahre“, meint er.

 

Die Menschen seien durch die vielen ‚Ups and Downs‘ in Bezug auf die Inzidenzzahl sowie ständige Diskussionen über Lockerungen schlicht verunsichert. „Das Einzige, was wir tun können, ist den Menschen das Gefühl der Sicherheit zurückzugeben. Sie müssen erleben, dass ihnen dank guter Hygienekonzepte nichts passiert, wenn sie zu uns in die Halle kommen “, sagt Schindler. Die steigenden Zahlen im zweiten Heimspiel sieht er als Fingerzeig, dass der Verein auf dem richtigen Weg sei. Die Gegenprobe wird es spätestens diesen Sonntag geben, wenn Bayer Dormagen zum Mittelrheinderby in der SCHWALBE arena gastiert.

 

Denn eines ist klar: Während der Pandemie haben viele Vereine dank Landeshilfen und Gehaltsverzichten zwar irgendwie überlebt, langfristig ist der Profisport aber auf Einnahmen aus dem Ticketing angewiesen. „Wir benötigen dauerhaft mehr Zuschauer. Die Organisation eines Heimspiels kostet mit 1.000 Zuschauern genauso viel, als wenn die Halle ausverkauft wäre“, erklärt Schindler und rechnet damit, dass die Politik irgendwann zum reinen 2G-Modell umschwenken wird. In Gummersbach würde das ohnehin kaum einen Unterschied machen: Bei den Einlasskontrollen zeigt nur eine Minderheit einen Schnelltest vor, das Gros der Fans ist geimpft oder genesen.

 

Der Wechsel zur 2G-Regelung wäre der Wunsch von Heinz Duda, Teamchef des Bergneustädter Tischtennis-Teams. „Eine Minderheit bestimmt sonst das Verhalten der großen Mehrheit, die sich für den Impfschutz entschieden hat“, meint er. Noch wichtiger wären ihm allerdings klare Regelungen der Behörden, die nicht andauernd geändert werden und dem Verein die Organisation eines Heimspieltages erschweren. Auch auf dem Bursten merkt man den Zuschauerschwund: Bei der Rückkehr der Schwalbe-Fans gegen Werder Bremen am dritten Spieltag waren es zwar nach einem Jahr ohne Zuschauer immerhin 100 – das sei allerdings gerade einmal ein Drittel der zuvor erreichten Spitzenkapazitäten.

 

Ähnliches berichtet Andreas-Peter Lamsfuß, Chef des Badminton-Bundesligisten aus Wipperfeld. Seine Sportart hatte noch mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen. Während Fußball, Handball und Tischtennis im Profibereich ihre Saison trotz Corona durchzogen, wurde die Badminton-Bundesliga abgebrochen. „Wir müssen überhaupt erst einmal wieder wahrgenommen werden“, erklärt er. Auch in Wipperfeld fiel die Zuschauerresonanz zu Saisonbeginn ernüchternd aus und lag maximal bei einem Drittel früherer Werte. Über gezielte Aktionen an Schulen und bei Firmen versucht sich der Spitzenverein wieder ins Bewusstsein der Menschen zurückzubringen, in das Hygienekonzept hat man viel investiert und setzt dabei auch auf Digitalisierung.

 

Amateursport im Oberbergischen

 

Während die Bundesliga-Teams aus dem Oberbergischen noch darum kämpfen ihren Zuschauer ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, sieht es im Amateursport teilweise anders aus. „Ich habe nicht den Eindruck, dass Zuschauer wegen Corona nicht zu uns in die Halle kommen“, sagt Jörg Weber, Handballchef beim Oberligisten SSV Nümbrecht. Dass die ersten Heimspiele des Vereins aus dem Südkreis ‚normal‘ besucht gewesen sein, erklärt er mit dem gelebten Hygienekonzept: „Die Leute fühlen sich bei uns sicher, während diese Konzepte in mancher Halle nur Theorie sind.“

 

Anderes berichtet Michiel Lochtenbergh, Sportlicher Leiter beim HC Gelpe/Strombach. Zwar ist man auch hier mit den ersten Zahlen zufrieden, insgesamt sei man aber noch deutlich unter dem Niveau von vor zwei Jahren. Für ihn haben die gesunkenen Zuschauerzahlen auch etwas mit dem konkurrierenden Angebot zu tun. „Nach einem eher verregneten Sommer hatten wir unsere ersten Heimspiele an den letzten schönen Tagen des Jahres“, sagt er. Zudem spreche der Handball ein eher älteres Publikum an, das selbst mit der Impfung noch auf Vorsicht bedacht sei. „Konzerte, Festivals und Restaurants werden schon wieder überlaufen. Dort halten sich aber vor allem junge Menschen auf. Das Thema ist seit 18 Monaten in unseren Köpfen, da kann man nicht erwarten, dass sofort alle wieder zur Normalität zurückkehren.“

 

Für die Fußballvereine aus der Region brachten die Anpassungen der Corona-Schutzverordnung kurz vor dem Saisonstart Ende August erhebliche Erleichterungen mit sich. Die Zuschauer können die Sportanlagen betreten, ohne dass sie sich registrieren oder einen 3G-Nachweis vorzeigen müssen. Auf Nachfrage von OA erklärten Klubvertreter, dass hinsichtlich der Besucherströme im Vergleich zu den Zeiten vor Corona keine beziehungsweise kaum Veränderungen zu beobachten sind. „Man sieht die bekannten Gesichter, die auch schon vorher am Sportplatz waren“, so Christian Will, Geschäftsführer des FV Wiehl. Matthias Faulenbach, Geschäftsführer des SSV Homburg-Nümbrecht, berichtet von ähnlichen Erfahrungen. „Den einen oder anderen hat man vielleicht schon etwas länger nicht gesehen. Das kann aber auch andere Gründe haben.“ Einzelne Vereine überprüfen beim Einlass die 3G-Regeln, obwohl dies nicht vorgeschrieben ist.

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