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Corona-Krise bedroht auch Sportvereine

pn; 27.03.2020, 18:00 Uhr
Foto: Michael Kleinjung.
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Corona-Krise bedroht auch Sportvereine

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pn; 27.03.2020, 18:00 Uhr
Oberberg - Sportvereine fallen zwar unter den NRW-Rettungsschirm, das Vereinsleben fehlt aber besonders der älteren Generation.

Von Peter Notbohm

 

Sport- und Fitnesskurse am Computer? So weit sind die meisten Vereine im Oberbergischen in der Corona-Krise noch nicht. Kleine Videos zum Nachmachen, die Justina Mohrholz ihren Schützlingen der Kinderturnabteilung des VfL Gummersbach zusendet oder eine ganze Workout-Einheit, die der CVJM Oberwiehl mit seiner Trainern seinen Handballern über Instagram angeboten hat, sind noch die eher rare Ausnahme, könnten bei einer Verlängerung der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus aber doch bald vielleicht zur Regel werden.

 

Noch bis zum 20. April ist jeglicher Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie alle Zusammenkünfte in Vereinen, Sportvereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen durch die NRW-Landesregierung untersagt. Ob diese Verordnung dann wirklich außer Kraft tritt, wird sich zeigen, die Vereinsvorsitzenden vieler oberbergischer Vereine setzten darauf aber ihre Hoffnungen. „Wir haben hier eine der schönsten und besten Anlagen im gesamten Kreisgebiet und eigentlich ist es eine Schande, dass wir sie nicht nutzen können“, hat Hans-Georg Potthof, Vorsitzender des VfL Engelskirchen zwar volles Verständnis für die getroffenen Maßnahmen, würde sich aber freuen demnächst wieder viele Athleten im Sportpark Leppe antreffen zu können.

 

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Zumindest einen kleinen Teil ihrer Bewegungsangebote können oberbergische Vereine mit Hilfe moderner Kommunikationstechnik also noch aufrechterhalten – das ist aber längst nicht in jeder Sportart möglich und auf der anderen Seite erfüllen viele Vereine mit einem aktiven Vereinsleben auch einen sozialen Zweck. „Wir haben viele langjährige und ältere Mitglieder, die sich sportlich überhaupt nicht mehr betätigen, dafür aber nach den Trainingseinheiten kommen, um Kontakte zu pflegen“, berichtet Stefan Kuxdorf, Vorsitzender des TV Bergneustadt, „momentan tendiert unser Vereinsleben durch die Maßnahmen aber gegen Null. Dabei ist das gerade für diese Menschen eine sehr wertvolle Stunde.“

 

Den meisten Sportlern bleiben - unabhängig vom Alter - derzeit aber nur das heimische Wohnzimmer oder der oberbergische Wald, um sich alleine oder maximal zu zweit fit zu halten. „In dieser Hinsicht können wir froh sein, auf dem Land zu leben. Im Gegensatz zur Großstadt haben die Menschen hier noch die Möglichkeit, sich trotzdem an der frischen Luft zu bewegen“, meint Kay Wegermann, Vorsitzender des TV Strombach. Sein Verein hatte bereits einen Tag vor der staatlichen Anordnung den „sportlichen Shutdown“ vollzogen. Dass man Sportler ohnehin nicht lange einsperren kann, sieht er an seinen Söhnen, die auch in Zeiten der Corona-Krise nicht auf die sportliche Bewegung verzichten wollen. „Sportler sind keine Menschen, die sich nur vor den Fernseher setzen. Die brennen darauf, sich zu bewegen“, hofft auch Wegermann, dass die Maßnahmen Ende April zurückgefahren werden können.

 

[Der CVJM Oberwiehl ist deutschlandweit einer von vielen Vereinen, der mit Challenges zum Sport in den eigenen vier Wänden aufruft. Die Jugendtrainer Tahnee Ranke, Ann-Kathrin Klüser und Moritz Madel organisierten zudem via Instagram eine komplette Trainingseinheit, die von 60 Mitgliedern des Vereins genutzt wurde.]

 

Auch Florian Pottrick, stellvertretender Vorsitzender des VfL Gummersbach weiß um den Einfallsreichtum von sportlich aktiven Menschen. Während die Handballer der Akademie von ihren Trainern mit individuellen Trainingsprogrammen ausgestattet wurden, müssen die Tischtennisspieler des Vereins schon ein wenig kreativer werden: Trick Shots zum Üben werden per Video ausgetauscht. Zum Nachmachen wird dabei noch nicht einmal eine Tischtennisplatte benötigt – der Küchentisch kann zügig umfunktioniert werden.

 

Solche kleinen Angebote werden allerdings auf Dauer nicht reichen, um die vielen Trainer weiter beschäftigen zu können, die schließlich hierfür in der Regel auch bezahlt werden. Von einer Milchmädchenrechnung „keine Leistung, kein Geld“ sehen die meisten Vereine zwar noch ab, „schließlich brauchen wir die Trainer auch nach der Krise“, sagt Potthof stellvertretend für viele. Manche Übungsleiter kommen ihren Vereine aber auch entgegen und verzichten freiwillig auf ihre pauschalen Aufwandsentschädigungen. Zudem wurde heute durch Andrea Milz, Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt erklärt, dass auch gemeinnützige Sportvereine mit wirschaftlichem Geschäftsbetrieb und Übungsleiter antragsberechtigt für den NRW-Rettungsschirm sind.
 

Sorgen bereiten den Vereinen trotzdem die laufenden Kosten. Während man beim TV Bergneustadt in der glücklichen Lage ist, keine Hallengebühren zahlen zu müssen, will beim VfL Engelskirchen die Sanierung des Sportparks Leppe weiter finanziert sein. Auch beim TV Strombach werden bereits Überlegungen angestellt, was bei einer längeren Ausfallzeit passiert: „Dann wäre zu klären, ob wir trotzdem weiter Pauschalen wie Energiekosten an die Stadt zahlen müssen“, sagt Kay Wegermann. Beim VfL Gummersbach hatte man bereits vor der Corona-Krise geplant, an diesem Wochenende eine neue Premium-Fördermitgliedschaft ins Leben zu rufen. „Darüber wollen wir neue Mitglieder generieren“, sagt Pottrick.

 

[Foto: VfL Engelskirchen --- Der Sportpark Leppe wurde erst vor Kurzem rundum erneuert.]

 

Ins Blaue planen, muss man derzeit auch beim TC Wiehltal. Zwar wird der Tennisverein die Aufbereitung seiner Plätze so weit es geht nach hinten terminieren, unendlich aufschieben lässt sich aber auch das nicht. „Wir stehen vor einem großen Fragezeichen, wie es weitergeht, werden uns aber so vorbereiten, dass ab Juni hoffentlich wieder gespielt werden darf“, sagt Dieter Buschbeck, Vorsitzender des Vereins. Zwar sei man bei dieser Entscheidung von Wissenschaft und Politik abhängig, „aber wir wollen unseren Optimismus auch nicht verlieren.“

 

Immerhin: Kein Verein berichtet bislang von dramatischen finanziellen Einbußen. Austrittswellen gibt es noch nicht und auch die wichtigste Einnahmequelle aller Vereine, die Mitgliedsbeiträge, dürfte vorerst gesichert sein. „Wir sind kein gewerblicher Anbieter, sondern als Verein eine Interessengemeinschaft, die einem tollen Sport frönt“, sagt Buschbeck. Ähnlich sieht das auch Hans-Georg Potthof: „Die Schließung ist von der Politik vorgegeben, da dürfen die Vereine nicht in die Pflicht kommen, Beiträge zurückzahlen zu müssen.“ Nicht wenige Vereine kommen ihren Mitgliedern bei Bedarf aber auch entgegen. Der Vorstand der Reiterfreunde Gut Hahnenseifen hat beispielsweise beschlossen, die Mitgliedsbeiträge nicht im April, sondern erst im Juni abzubuchen.

 

Ein wenig sorgenvoll blickt allerdings Jens Helmbold, Vorsitzender des TuS Derschlag, auf die Zeit nach Lockerung der politischen Maßnahmen. Denn die einhergehenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise treffen vermutlich vor allem die kleinen Unternehmen, die sich häufig im lokalen Sport als Sponsor engagieren. „Das wird zur echten Herausforderung für die Gesellschaft werden und wir werden schauen müssen, wie wir dann den Spielbetrieb finanziert bekommen." Über die Beratungs-Hotline des Landessportbundes können sich Vereine zwar informieren und eventuelle Hilfen beantragen, Helmbold sieht aber ähnliche Probleme wie für Firmen auf den Sport zukommen: „Die Stellen werden bei einer Vielzahl an Anträgen schnell überlastet sein.“ Von solchen Szenarien sind die oberbergischen Vereine allerdings noch ein Stück weit entfernt und eine Vielzahl der Mitglieder zeigt auch hier Zusammenhalt und Solidarität.

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