SOZIALES
Gelungene Inklusion: Traumjob unter „Fellnasen“
Lindlar – Michel Giesecke arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung – Für seinen Traumjob zog er ins Oberbergische und fand ihn bei den „Kuhlbacher Fellnasen".
Wenn Michel Giesecke morgens zur Arbeit kommt, ist es der Hofhund, der ihn als erster freudig begrüßt. Ins Herz geschlossen hat der 32-Jährige aber längst alle Tiere, die auf dem Hof „Kuhlbacher Fellnasen“ von Daniela Pilgram in Lindlar leben. Und das sind immerhin über 50. „Ich wollte immer schon mit Tieren arbeiten, am liebsten auf einem Bauernhof“, erklärt Giesecke. Er hat sich durch die Arbeit auf dem Kleintierhof einen Traum erfüllt. Der Wunsch mit Tieren zu arbeiten, begleitete ihn schon während seiner Schulzeit auf der „Städtischen Förderschule Geistige Entwicklung Auf dem Sandberg“ in Köln und auch während seiner ersten Arbeitsjahre in der Caritas Wertarbeit Köln, einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Hier war er unter anderem im Garten- und Landschaftsbau tätig.
Mit der Arbeit auf einem Bauernhof hatte all dies aber wenig zu tun. Also beschloss er, von Remscheid nach Lindlar zu ziehen, um seinen beruflichen Wunsch ein Stück näher zu kommen. Im November 2019 bezog er eine ambulant betreute WG in Lindlar und wechselte in die Behinderten Werkstätten Oberberg (BWO). Die BWO hält mit dem Inklusionsfachdienst eigens Mitarbeiter bereit, die für die Werkstatt-Beschäftigten Wege in ein selbstverantwortliches Arbeitsleben eröffnen. Und während Michel Giesecke in der BWO zunächst wieder Aufgaben im Garten- und Landschaftsbau sowie im Hausmeister-Dienst übernahm, suchte der Inklusionsdienst parallel nach einem Praktikumsplatz.
Ein einstweiliges Ende machte der Suche die Corona-Krise: Alle Beschäftigten mussten zu Hause bleiben und bei Michel machte sich Langeweile breit. „Ich wollte viel lieber arbeiten gehen“, sagt er. Die Idee seiner Betreuerin im Betreuten Wohnen des Wipperfürther Vereins „Noh Bieneen" bei Daniela Pilgram nach einem Praktikumsplatz zu fragen, kam somit genau zur rechten Zeit.
Zwischen Ponys, Wallabys, Alpakas und allerlei weiteren „Fellnasen“ lernten sich Pilgram und Giesecke kennen – und waren sich auf Anhieb sympathisch. „Zuvor hatte ich Sorge, ob ich es neben der Arbeit auf dem Hof schaffe, einen Menschen mit geistiger Behinderung zu betreuen. Doch Michel ist total selbstständig, sein Handicap merkt man ihm gar nicht an, so die 40-Jährige. Und weil auch keine der corona-bedingten Beschränkungen einem Praktikum im Wege standen, startete dieses am 4. Mai.
„Schon nach den ersten Tagen war ich total begeistert. Michel ist verlässlich, gewissenhaft und hat eine tolle Art, mit den Tieren umzugehen. Auch meine Familie hat ihn gerne hier“, sagt sie. Bedenken, ihn in ein festes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, gab es trotzdem. „Und das hatte nichts mit ihm zu tun. Doch ich hatte noch nie einen Angestellten und wusste nicht, was organisatorisch auf mich zukommt“, erklärt sie. Die Lösung bot ein Betriebsintegrierter Arbeitsplatz (BiAp). Diese eröffnen Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, außerhalb der BWO zu arbeiten, während sie formell Beschäftigte der BWO bleiben – und somit beispielsweise auch weiterhin über die Werkstatt versichert sind.
An zwei Tagen pro Woche unterstützt Giesecke jetzt Daniela Pilgram bei der Pflege der Tiere. „Ich will hier nicht mehr weg“, sagt er. Und wenn alles läuft, wie geplant, muss er das auch gar nicht. Denn beide schmieden schon Pläne für die Zeit nach Corona. „Wenn wir erst wieder Kindergeburtstage, Familienfeiern und Ausritte ausrichten können, kann er auch dabei Aufgaben übernehmen“, sagt die Hofbesitzerin.
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