SOZIALES
30 Jahre gelebte Inklusion
Bergneustadt - Der Verein „Patienten im Wachkoma“ feierte sein 30-jähriges Bestehen mit einem Sommerfest für Patienten, Freunde, Unterstützer und Angehörige.
Von Astrid Deckers
Unter der Schirmherrschaft von Friedhelm Julius Beucher, Ehrenpräsident des Deutschen Behindertensportverbands, bot der Verein „Patienten im Wachkoma“ (PiW) anlässlich des 30-jährigen Bestehens ein buntes Programm für die Gäste . Neben ehemaligen und aktuellen Patienten und deren Familienangehörigen waren auch Vertreter zahlreicher Vereine und Institutionen als Gratulanten gekommen. Bergneustadts Ex-Bürgermeister Wilfried Holberg und sein Nachfolger Matthias Thul hatten es sich nicht nehmen lassen, dem Verein für seine Leistungen in den letzten Jahrzehnten zu danken und Schirmherr Beucher hatte noch einen ganz besonderen Gast im Schlepptau. Mit Valentin Baus war ein Weltklasse-Para-Sportler im Tischtennis eigens aus Bochum angereist. Deutsche-, Europa- und Weltmeistertitel konnte Baus ebenso erringen wie Medaillen bei den Paralympics.
["Unverzichtbar und auf Lebenszeit gewählt“, laut Geschäftsführer Hrachya Shljyvan: Mechthild Glunz, Logopädin im Haus Ilona und seit 2011 auch Vereinsvorsitzende von PiW. ]
Die Vorsitzende Mechthild Glunz freute sich sehr, auch Vertreter aus der Politik, von der Volksbank Oberberg und der Sparkasse Gummersbach, sowie befreundete Vorstände aus der Vereinsgruppe „Wir fürs Othetal“ zu begrüßen. Detlef Kämmerer vom TuS Othetal erzählte von der guten Zusammenarbeit im Vereinsverbund, zu dem auch „PiW“ gehöre, so sei neben Besuchen und gemeinsamen Veranstaltungen beispielsweise die Materialunterstützung bei Vereinsfesten selbstverständlich.
Dank eines griechischen Büffets und einer großen Kaffeetafel mit hausgemachten Kuchen kam auch das leibliche Wohl der Besucher nicht zu kurz. Während die Cocktailbar von Marcel Haase die Erwachsenen begeisterte, erwies sich die riesige Hüpfburg als Anziehungsmagnet für die Kleinsten.
Begonnen hatte alles im Jahr 1994, als Ilona, die Tochter des Gründers Dietmar Baumhof, nach einer Operation ins Koma fiel und er diese nicht in ein klassisches Pflegeheim geben wollte. Baumhof baute sein Eigenheim in Bergneustadt-Neuenothe aus und pflegte seine Tochter bis zu ihrem Lebensende im Jahr 1995. Im selben Jahr noch gründete er gemeinsam mit seiner Ehefrau Hildegard den Verein. Mit dem Einzug der ersten Patienten im Jahr 1999 und als eines von vier Teammitgliedern begann auch der Allgemeinmediziner Hrachya Shaljyan, der kurz zuvor vor dem Krieg in seinem Heimatland nach Deutschland geflüchtet war, seine Tätigkeit, zunächst als Pflegekraft im „Haus Ilona“. Mittlerweile zum 1. Geschäftsführer aufgestiegen, berichtete der Arzt über die einzigartige Philosophie von „PiW“, die sich enorm von klassischen Pflegeheimen unterscheide.
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[Eine Spende der Sparkasse Gummersbach in Höhe von 3.000 Euro hatte Bürgermeister Matthias Thul mitgebracht und der Boxring Bergneustadt überreichte in Person von Constantin Kierspol und Carolin Besting 500 Euro (Foto oben); Hrachya Shaljyan freut sich über den „Umschlag“ von Detlef Kämmerer ebenso wie seine Vorstandskollegen Mechthild Glunz und Karl-Heinz Andree (Foto unten, v.li.).]
Das Motto „Wir sind kein Heim – wir bringen Sie heim“ werde von allen Akteuren gelebt. So möchte der Verein, der mittlerweile bis zu acht zumeist austherapierte Wachkomapatienten mit nunmehr 35 Teammitgliedern betreut, die Patienten in ihren familiären Alltag integrieren, sie mittels des Rollstuhls mobilisieren und ihnen somit die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Hierfür wird unter anderem selbst gekocht, die Patienten sind in Rollstühlen ganztags im Haus und im Gartenbereich „unterwegs“ und die Angehörige erhalten Schulungen darin, das Familienmitglied daheim zu versorgen. Hierzu stehen im Haus auch vier Gästezimmer für Angehörige zu Verfügung.
Zweimal jährlich werden zweiwöchige Wassertherapie-Projekte gestartet. Diese beinhalten unter anderem auch Licht- und Klangtherapieangebote für aktuelle und ehemalige Patienten. Mit dem hauseigenen Pflegedienst, Logopäden, Ergotherapeuten und Physiotherapeuten, sowie der guten Zusammenarbeit mit Fachärzten aus der Umgebung habe man dieses innovative Konzept in den letzten 30 Jahren immer weiter erfolgreich ausbauen können.
