KULTUR
Aus Schicksal wurde Gemeinschaft
Oberberg - Das Oberbergische ist seit vielen Jahrzehnten für Zugezogene eine neue Heimat geworden - Seit den 1960er Jahren partizipieren die Siebenbürger Sachsen an der kulturellen Gestaltung in der Region.
Von Jan Weber
Das Oberbergische ist inzwischen eine neue Heimat für Menschen geworden, die in den vergangenen Jahrzehnten zugezogen sind. So auch für die Siebenbürger Sachsen, die sich hier vermehrt seit Ende der 1960er Jahre angesiedelt haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem ideologischen Wechsel hin zur Sowjetunion, begegnete man ihnen in Siebenbürgen (Zentralrumänien) nicht mehr so harmonisch wie in den vielen Jahren zuvor. Die Reise führte die meisten von ihnen nach Deutschland und Österreich, wo bereits Verwandte und Freunde von ihnen untergekommen waren. In Wiehl-Drabenderhöhe befindet sich heute die größte Siedlung von Siebenbürger-Sachsen außerhalb Rumäniens, jedoch sind sie auch in weiteren Teilen Oberbergs vertreten.
Das Ehepaar Michael und Katharina Schuster kam in den Tagen nach Weihnachten vor genau 40 Jahren nach Gummersbach. Vom ersten Tag an ließ sich eine Gemeinschaft unter den Zugezogenen erkennen. Die meisten waren handwerklich begabt, so auch der gelernte Schreiner Michael Schuster, sodass schnell neue Arbeit gefunden und ein Eigenheim errichtet werden konnte. "Freunde und Verwandte die schon vor uns herkamen haben uns viel unterstützt, so wie wir auch sie. Die Gemeinschaft war von Anfang an gegeben", erinnert sich der 81-Jährige. Er gesellte sich außerdem gerne zu seinen Bekannten der Siebenbürgischen Blaskapelle. An Weihnachten bereiten seine Frau und er die selbstgemachten Leckereien wie Krautwickel und Wurst vor - so wie es auch in Rumänien schon immer Tradition war.
![]()
[Das siebenbürgische Ehepaar Michael und Katharina Schuster hat in Gummersbach-Bernberg eine neue Heimat gefunden. ]
Das Wohn- und Pflegeheim "Haus Siebenbürgen" in Wiehl-Drabenderhöhe ist ebenfalls ein Ort der Gemeinschaft, der die Kultur und Gewohnheiten der Siebenbürger aufrecht erhält. Über Zweidrittel der 128 Bewohner gehören zu den damals Zugewanderten. In dem 1966 eröffneten Heim werden die alten Traditionen und Bräuche aufrecht erhalten. "Unsere Bewohner erhalten mehrmals in der Woche typisches siebenbürgisches Essen wie unter anderem Polenta und süße Leckereien wie die Dobos-Torte und den Baumstriezel. Man kann mit ihnen gute Gespräche führen und gemeinsam in Erinnerungen versinken", sagt Heimleiter Marcus van Breen. Wer zum ersten Mal durch die Räumlichkeiten des Hauses schlendert, wird große Augen machen. Neben zur Schau gestellten Trachten und modellgerechten Nachbauten von siebenbürgischen Kirchen trifft er auf eine hauseigene Kapelle, in der die ehemals Zugezogenen gemeinsam mit den hier Gebürtigen ihren Glauben leben können. Im großen Hof vor dem Heim findet alle zwei Jahre ein traditionelles Kronenfest statt, bei dem sich auch die jüngere Generation einfindet.
[Enni Janesch gibt Interessierten gerne eine Führung durch den Turm der Erinnerung in Wiehl-Drabenderhöhe.]
In unmittelbarer Nähe an das Haus Siebenbürgen befindet sich der "Turm der Erinnerung". Er wurde in der Form einer der Wehrtürme aus Rumänien nachgebaut. "Wir sind froh, dass wir diesen Ort haben, an dem wir unsere Erinnerungen pflegen können. Das ist ein Zeichen für die gelungene Integration und das gute Zusammenleben mit den Menschen, die hier schon länger leben", berichtet Enni Janesch, die Vorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe des Verbandes der Siebenbürger Sachsen. In Oberberg gibt es in Gummersbach und Wiehl-Bielstein noch zwei weitere Kreisgruppen. "Wir und unsere Kinder versuchen die alten Bräuche weiterzuführen. Sei es durch die Gemeinschaft, das Essen oder die sächsische Sprache", sagt Roswitha Martini, die stellvertretende Vorsitzende der Kreisgruppe Gummersbach.
![]()
[Im "Haus Siebenbürgen" ist eine Gemeinschaft zwischen allen Bewohnern entstanden. Hier findet man jede Menge Tradition wieder.]
Es gibt neben den drei oberbergischen Kreisgruppen noch zwölf weitere in Nordrhein-Westfalen. Die Organisationen veranstalten traditionelle Tanzabende in Drabenderhöhe, wie den "Katharinenball" oder jetzt passend zu den Feiertagen den Weihnachtsball. Die siebenbürgische Jugend ist bei den Bällen ebenso vertreten wie die erste Generation der Angesiedelten. Die hier existierenden siebenbürgischen Vereine brachten der Gegend nicht nur ein Blasorchester oder das Altenheim, sondern auch den Honterus-Chor sowie eine Tanzgruppe und noch zahlreiche Verbindungen mehr, bei der sich die jüngere Generation einbringen kann.
KOMMENTARE
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
