KULTUR

„Wir verwalten das Verbot von Musik“

ks; 12.12.2020, 11:00 Uhr
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Fotos: Dirk van Betteray, KreisChorVerband Oberberg, Musikverein Loope, The Voices Project, Klangwerk Morsbach --- Dirk van Betteray lädt zu Online-Proben ein.
KULTUR

„Wir verwalten das Verbot von Musik“

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ks; 12.12.2020, 11:00 Uhr
Oberberg – Das gemeinschaftliche Singen und Musizieren ist derzeit kaum möglich – Wie steht es also um die oberbergischen Chöre und Musikvereine?

Von Katharina Schmitz

 

„Anfang des Jahres waren wir noch voller Tatendrang, denn noch nie standen für uns so viele Auftritte auf dem Programm wie 2020. Doch nach dem Rosenmontagszug in Morsbach war für uns Schluss“, schildert Lisa Schütz von dem Morsbacher Musikverein Klangwerk. Abgesagte Konzerte, Proben im Netz und der Verlust von Gemeinschaft – nicht zuletzt in der Adventszeit offenbart sich die Bedeutung des gemeinsamen Singens und Musizierens. Wie steht es also um die oberbergischen Chöre und Musikvereine?

 

[Laut Rolf Udo Schneider vom KreisChorVerband sei es bei Chorproben in Oberberg zu keiner Übertragung des Virus gekommen.]

 

„Die Gemeinschaft ist zum Erliegen gekommen“, meint Rolf Udo Schneider vom Leitungsteam des KreisChorVerbandes Oberberg. Rund die Hälfte der am Verband angeschlossenen Chöre haben sich zwischen Juli und Oktober draußen oder in großen Räumen für Proben getroffen. Ansonsten wurde von Online-Proben über Zoom und Teams Gebrauch gemacht. „Doch ein richtiger Chorklang kommt dabei nicht zustande“, bedauert Schneider. Wie sich die Pandemie auf die Mitgliederzahlen auswirke, wisse der Verband erst im Frühjahr 2021. „Fakt ist jedoch, dass die Pandemie hinsichtlich des Chorsterbens als Multiplikator fungiert“, ist er sich sicher. So lösen sich Ende des Jahres unter anderem der Steinmüller-Frauenchor sowie der Männerchor Wipperfürth auf.

 

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Zwischenzeitlich gar nicht mehr geprobt hat Ralf Zimmermann, Chorleiter der „The Voices“ und „The Voice Boys“ aus Bergneustadt: „Durch die fehlenden Konzerte fehlen auch die Ziele, auf die man hinarbeitet. Zwar haben uns bislang nur wenige Abmeldungen erreicht, doch haben Kinder schnell andere Interessen.“ Dem stimmt auch Dirk van Betteray zu. Der Kreischorleiter sowie Leiter diverser Chöre im Oberbergischen ist zudem der Meinung, dass die Stimmung nun im Gegensatz zum ersten Lockdown im Frühjahr verändert sei: „Das liegt zum einen an der Länge des jetzigen Lockdowns. Zum anderen sind die Mitglieder mittlerweile vorsichtiger.“ Außerdem stellt van Betteray nicht zuletzt als Dirigent des Knaben- und Mädchenchors der Bergischen Akademie für Vokalmusik klar, dass der musikalischen Bildung aufgrund der Pandemie ein Jahrgang fehle: „Das ist bei den Domchören nicht anders. Wir konnten in diesem Jahr kein Casting durchführen – und die Kinder orientieren sich um.“

 

[Für Andrea May, 1. Vorsitzende des Musikverein Loope, ist das gemeinsame Musizieren eine Herzensangelegenheit.]

 

Auch der Musikverein Loope leidet im Jahr seines 70. Bestehens unter der Pandemie – vor allem wegen des Todes des Ehrenvorsitzenden Günter Gellrich im März dieses Jahres. „Wir konnten uns als Musikverein nicht angemessen verabschieden. Das ist sehr schmerzhaft“, erläutert die Vorsitzende Andrea May. Normalerweise ist der Musikverein bei sämtlichen Festlichkeiten über das Jahr hinweg im Oberbergischen präsent: im Karneval, bei Schützenfesten, auf Martinszügen, bei Feiern sowie im Advent und zur Weihnachtszeit. „Bis zuletzt haben wir gehofft, dass wir zumindest an den letzten beiden Adventswochenenden durch Loope ziehen dürfen – selbst das geht nicht, und das fehlt uns sehr“, sagt May, die die Gemeinschaft unter den Musikern als familiär beschreibt.

 

„Derzeit erlebe ich mich als Verwalter des Verbotes von Musik“, beschreibt van Betteray, der sich lediglich mit einem Teil des Kirchenchors „Cäcilia“ Holpe auf die Weihnachtsgottesdienste vorbereitet, seine Gemütslage. Seit Monaten seien die Verantwortlichen damit beschäftigt, die Corona-Schutzverordnungen zu studieren. Sie achten auf ausreichende Abstände, Desinfektion sowie eine veränderte Reinigung der Instrumente – bis hin zur Absage jeglicher Proben. Trotzdem bleiben die Sänger und Musiker zuversichtlich und versuchen, die Kultur zumindest im Netz am Leben zu erhalten und damit van Betteray zufolge nach Möglichkeiten zu suchen, durch die Musik Trost zu spenden.

 

[Die Sänger von „The Voices Project“ tragen Masken mit Logo.]

 

Die Bergneustädter „The Voices“ haben beispielsweise vier kleine Filmchen mit Zusammenschnitten der vergangenen Weihnachtskonzerte erstellt. Zu jedem Advent wird eines dieser Videos auf YouTube veröffentlicht. „Außerdem sind wir mit einer Weihnachts-CD viral gegangen“, sagt Zimmermann und verweist auf die gängigen Musik-Streaming-Portale. Auch van Betteray ist auf YouTube aktiv. Neben Chormusik im Advent bietet er unter anderem auch Online-Proben.

 

[Die Musiker des Klangwerk Morsbach (hier bei einem Auftritt im Jahr 2018) hoffen, dass alle Vereine die bestehende Situation meistern.]

 

Voneinander getrennt und doch gemeinsam musizieren die Looper mittels ihres Handyprojektes. „Wir haben unsere Stimmen mit dem Handy im Homeoffice aufgenommen und anschließend zusammengeschnitten“, erklärt May. Die Stücke lassen sich über die Website des Musikvereins finden. Die Musiker des Klangwerks Morsbach arbeiten wieder an den Planungen für ein Konzert, das Schütz zufolge Ende April des kommenden Jahres stattfinden soll: „Hoffentlich können wir dann wieder Menschen mit unserer Musik begeistern und endlich wieder das tun, womit wir unsere Freizeit am liebsten verbringen.“

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