REICHSHOF

Gesamtschule Reichshof: Die Schultüren schließen für Wiehler Schüler

pn; 13.12.2025, 12:15 Uhr
WERBUNG
Foto: Peter Notbohm ---- Reichshof will keine Schüler aus der Nachbarkommune Wiehl mehr aufnehmen.
REICHSHOF

Gesamtschule Reichshof: Die Schultüren schließen für Wiehler Schüler

  • 0
pn; 13.12.2025, 12:15 Uhr
Reichshof – Die Gemeinde Reichshof will künftig keine Kinder aus Wiehl mehr an ihrer Gesamtschule aufnehmen – Schülerspezialverkehr endet im Sommer 2032 – Für Oberstufenschüler hat das finanzielle Konsequenzen.

Von Peter Notbohm

 

In diesem Sommer haben Wiehler Grundschüler das letzte Mal die Chance, sich an der Gesamtschule Reichshof in Eckenhagen anzumelden. Ab dem Schuljahr 2026/27 ist diese Tür für sie zu. Das hat Reichshofs Gemeinderat am Donnerstagabend nach intensiver Diskussion mehrheitlich beschlossen. Reichshof reagiert damit auf die neue Gesamtschule in Wiehl, gegen die man zuvor mit anderen Kommunen erfolglos geklagt hatte.

 

Die Gemeinde nimmt dafür Paragraf 46 VI des Schulgesetzes NRW in Anspruch, wonach der Schulträger festlegen kann, dass Schülerinnen und Schüler, die in ihrer Gemeinde eine Schule der gewählten Schulform besuchen können, die Aufnahme verweigert wird, wenn die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule übersteigt.

 

WERBUNG

In Reichshof steigen die Anmeldungen und damit der Anmeldeüberhang seit dem Schuljahr 2023/24. In den kommenden Schuljahren wird die Zahl der Reichshofer Viertklässler weiter ansteigen, im Schuljahr 2027/28 den Peak von 244 Schülern erreichen und bis zum Schuljahr 2031/32 auf hohem Niveau bleiben. Damit könnten theoretisch nur noch 15 auswärtige Schüler aufgenommen werden, sofern die Anmeldequote 49 Prozent beträgt. Die Abhängigkeit, Schüler aus Wiehl aufnehmen zu müssen, sinkt somit. Momentan sind Schüler aus den Nachbarkommunen Bergneustadt, Olpe, Drolshagen und Wiehl mit Reichshofern noch gleichgestellt, das ändert sich nun durch den Beschluss.

 

Gestritten wurde in Reichshofs Politik allerdings nicht über die Aufnahmeverweigerung für die Wiehler Schüler, sondern über die Folgen für den eingerichteten Reichshofer Schülerspezialverkehr mit der Nachbarkommune Wiehl. Momentan werden 15 Haltestellen in Wiehler Ortschaften angefahren, wodurch 107 Schüler befördert werden. Der Politik standen zwei Optionen zur Wahl. Ein definitives Aus des Schülerspezialverkehrs zum Schuljahr 2032/33 oder zumindest ein Hintertürchen, bei dem man die Zahlen der Anmeldeüberhänge weiter beobachtet und den Schülerspezialverkehr sukzessive auslaufen lassen würde.

 

In der Konsequenz hätte das bedeutet, dass bei erfolgreichen Neuanmeldungen aus Wiehl sich auch der Schülerspezialverkehr verlängert, da Schüler bis zur 10. Klasse einen Anspruch auf Beförderung haben, erklärte Fachbereichsleiter Marc Hermes, dass die Wahrscheinlichkeit, in den kommenden Jahren überhaupt Wiehler Schüler aufzunehmen aufgrund des Anmeldeüberhangs nur sehr gering sei. Laut ihm wird sich auch Wiehl sperren, Schüler von außerhalb aufzunehmen. Auch in Waldbröl sei dies schon länger der Fall.

 

Bereits im Schulausschuss war man sich in Reichshofs Politik uneins über die beiden Varianten. Der Ausschuss hatte mit knapper Mehrheit (11:10 Stimmen) das sukzessive Auslaufenlassen empfohlen, der Gemeinderat folgte dieser Empfehlung allerdings nicht. CDU, AfD, FDP und Teile der Grünen (20 Stimmen) wollten ein definitives Aus. SPD, FWO, Teile der Grünen und Linke (14 Stimmen) waren bei einer Enthaltung von Bürgermeister Jan Gutowski (parteilos) für die Alternative. Sollten Wiehler Schüler (auch Oberstufenschüler) ab dem Schuljahr 2032/33 in Reichshof auf die Gesamtschule gehen, müssten sie die Kosten für die Beförderung somit selbst tragen.

 

Klare Worte fand Jürgen Barth (Grüne): „Wenn ein Kind auf unsere Gesamtschule will, muss es halt sehen, wie es herkommt. Das ist dann ein Wiehler Problem. Die Kommune hat sich auch nicht um unsere rechtlichen Bedenken gegen die Gesamtschule Wiehl gekümmert.“ Auch Benjamin Häcke (CDU) warb für das definitive Aus des Schülerspezialverkehrs: „Warum sollen wir für etwas zahlen, was wir nicht brauchen?“ Ähnlich sah es Lukas Hillen (FDP): „Unsere Schüler werden auch nicht abgeholt. Es ist nicht unsere Aufgabe, zwei oder drei Schüler aus Wiehl abzuholen und die Kosten dafür in unserem Haushalt zu haben.“

 

Kritik kam vor allem aus Reihen der SPD. „Wir können nicht davon ausgehen, dass alle unsere Schüler den Wunsch haben, auf die Gesamtschule Reichshof zu gehen“, sagte Anja Theis. Man habe bereits heute die Situation, dass viele Schüler mit einer gymnasialen Empfehlung die Schule beim Übertritt in die Oberstufe aufgrund fehlender Wahlmöglichkeiten bei Leistungs- und Grundkursen nicht wählen bzw. verlassen. „Bei einem Abiturjahrgang mit 40 Schülern gibt es nur drei Leistungskurse zur Auswahl. Das grenzt stark ein, weshalb ich dafür appelliere, die Tür zum Schülerspezialverkehr nicht ganz zu schließen, sondern sie aufzumachen, wenn wir die Schüler benötigen“, so Theis.

 

Matthias Leienbach (FWO) verglich die Situation mit dem Fachkräftemangel in der Wirtschaft: „Beide Varianten kommen nahezu zum selben Ergebnis. Wenn auf uns Kosten durch den Schülerspezialverkehr zukommen, dann nur, weil wir diese Schüler aus Wiehl auch wirklich benötigen und hier haben wollen.“ Er bezweifelte stark, dass sich Schüler aus Wiehl künftig noch für das Reichshofer Schulsystem interessieren, wenn sie die Fahrkosten selbst tragen müssen.

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG