RECHTECK

Update: Digitaler Nachlass – Erbe von Facebook, BitCoin & Co.?

Red; 16.12.2017, 09:30 Uhr
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Update: Digitaler Nachlass – Erbe von Facebook, BitCoin & Co.?

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Red; 16.12.2017, 09:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es erneut um soziale Netzwerke.

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Andreas Günther

 

Rund alle 3 Minuten stirbt ein Facebook–Nutzer. Was passiert dann mit seinen Daten? Wer kann auf sie zugreifen? Die Erben natürlich – dachten wir, als das Landgericht Berlin vor 2 Jahren, am 17.12.2015, ein erstes Urteil zu diesem Thema fällte (siehe RechtEck vom 21.05.2016). Die Mutter der von der U-Bahn überfahrenen Tochter hoffte, über die Facebook-Einträge mehr über die Hintergründe des Todes zu erfahren. Leider vergeblich. Zwar gewann sie den Prozess, Facebook legte aber Berufung gegen das Urteil ein. Das Kammergericht Berlin (so nennt sich das „Berliner Oberlandesgericht“) entschied Ende Mai dieses Jahres gegen die Mutter (KG Berlin 31.05.2017 -  21 U 9/16). Die Mutter habe keinen Anspruch auf Zugang zu dem Konto.

 

Die Begründung der Berliner Juristen überrascht: Das Fernmeldegeheimnis stehe dem Zugang entgegen. Ob die Mutter als Erbin in den Vertrag mit der Facebook Ireland Ltd. automatisch eintritt, ließen die Richter offen. Hier greife das Post – und Fernmeldegeheimnis ein. Dies sei durch das Grundgesetz, Art. 10 Abs. 1 geschützt und habe Verfassungsrang. Nach § 88 Telekommunikationsgesetz (TKG) soll dies auch für die Telekommunikation, also eben auch Mobilfunk oder E-Mails, gelten. Facebook sei ein sog. Diensteanbieter im Sinne des TKG und zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Wenn Facebook sich oder „anderen“ „Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation“ verschaffen oder weitergeben würde, wäre das strafbar nach § 201 StGB – und Facebook dürfe sich ja nicht strafbar machen…

 

Sie merken schon, die Begründung der Richter am Kammergericht ist hölzern und schwer verständlich. Es Bedarf schon eines besondern juristischen Klimmzuges, die Erben als „andere“ im Sinn des TKG zu sehen, an die keine Daten des Toten weitergegeben werden können. Hierfür ernteten die Richter aus Berlin auch einige Kritik in der Fachwelt. Die Erben treten ja eigentlich nach § 1922 BGB in den Facebook-Vertrag des Erblassers ein. Dann können sie doch keine „anderen“ mehr sein. Ein Blick in die reale Welt hätte die Richter hier vielleicht wieder geerdet: Wäre der Briefkasten an der Wohnungstür der verstorbenen Tochter noch voll gewesen, hätte die Mutter als Erbin diesen natürlich öffnen und auch die Briefe lesen können. Das Postfach bei der örtlichen Postfiliale dürfen die Erben auch öffnen, ohne Einschränkungen durch das Postgeheimnis. Auch die Nachrichten auf der Handy-Mailbox oder dem Anrufbeantworter können die Erben einfach abhören. Wer mit dem Erblasser zu dessen Lebzeiten „chattet“, muss eben damit rechnen, dass die Erben Kenntnis von den Daten nehmen. Das Urteil der Kammerrichter überzeugt nicht.

 

Endgültig entschieden ist der Fall aber noch nicht. Das KG hat die Revision zum BGH zugelassen (AZ III ZR 183/17). Dort wird der Sachverhalt jetzt vom 3. Zivilsenat bearbeitet…

 

Es bleibt also spannend – denn: Nicht nur Facebook fällt in den digitalen Nachlass! Denken Sie an Ihre Zugangsdaten zum Internet, zum E-Mail Provider, der „Cloud“, dem Datingportal oder – aktuell ziemlich wertvoll – dem BitCoin-Wallet. Bei einem momentanen Wechselkurs von 1 BTC zu 13.815,00 Euro würden sich die Erben schwarz ärgern, wenn sie das Passwort zu dem Konto mit den 100 BTCs nicht kennen. Das bei den Jungs von BitcoinCore.org herauszuverlangen, wird eine sportliche Aufgabe. Das KG Berlin haben sie erstmal auf ihrer Seite.  

 

Wir halten für Sie die Entwicklung natürlich im Blick.

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