RECHTECK

Lieber keine Kündigung riskieren

Red; 09.08.2014, 10:00 Uhr
RECHTECK

Lieber keine Kündigung riskieren

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Red; 09.08.2014, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute zum Weisungsrecht der Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber hat ein Weisungsrecht, auch Direktionsrecht genannt. Danach kann er die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig beschriebene Aufgabe des Arbeitnehmers einseitig konkretisieren. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst das Recht, die Arbeitspflicht näher auszugestalten. Das gilt sowohl für die Zeit als auch den Ort, den Inhalt und die Art und Weise der abzuleistenden Arbeit. Häufig kommt es zum Streit darüber, ob der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht rechtmäßig Gebrauch gemacht hat. Der Arbeitnehmer, der die Auffassung vertritt, eine Anordnung nicht befolgen zu müssen, lebt gefährlich, riskiert er doch eine fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

 

Mit einer solchen Fallgestaltung hat sich das Bundesarbeitsgericht zuletzt mit einem Urteil vom 29.08.2013 (AZ: 2 AZR 273/12) befasst. Der Entscheidung lag der nachfolgend stark verkürzte Sachverhalt zugrunde: Die Arbeitnehmerin war bei der Arbeitgeberin als Referentin beschäftigt. Zum Thema „Arbeitszeit“ fand sich sowohl im Arbeitsvertrag als auch in einer Betriebsvereinbarung eine Regelung. In den Unterlagen war einerseits von einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden die Rede, andererseits gab es auch Regelungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, ein Gleitzeitkonto war eingeführt. So kam es zwischen den Parteien zum Streit darüber, in welchem zeitlichen Umfang die Arbeitnehmerin zu arbeiten hatte. Die Arbeitgeberin forderte ihre Mitarbeiterin schriftlich auf, strikt eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Weil die Arbeitnehmerin diese Anweisung nicht befolgte, kam es zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

 

Diese Kündigung war wirksam und hat das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst – wie die Arbeitsgerichte in allen drei Instanzen übereinstimmend entschieden haben. Das BAG weist darauf hin, dass es für die Bewertung des Sachverhaltes ausschließlich auf die objektive Rechtslage ankommt. Soll heißen: Nur nach der letztendlich richtigen Auslegung aller vertraglichen Regelwerke durch die Arbeitsgerichte entscheidet sich, ob eine Weisung rechtmäßig ist oder nicht, ob im vorliegenden Fall unsere Arbeitnehmerin also verpflichtet ist, 38 Stunden in der Woche zu arbeiten oder nicht. Muss die Arbeitnehmerin nach der objektiven Rechtslage die Weisung befolgen, in unserem Fall also die volle Arbeitszeit ableisten, verletzt sie ihre Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag in Form einer Arbeitsverweigerung, wenn sie der Anordnung des Arbeitgebers nicht Folge leistet.

 

In diesem Zusammenhang spielt es für die Wirksamkeit der Kündigung keine Rolle, dass zwischen den Parteien Streit über die Auslegung des Arbeitsvertrages bestand. Verweigert der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung später als fehlerhaft erweist. In diesem Zusammenhang kann der Arbeitnehmer nicht einmal darauf verweisen, dass er sich seine – im Ergebnis falsche – Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung ggf. durch einen Rechtsanwalt gebildet hat. Nur ganz ausnahmsweise, wenn der Arbeitnehmer überhaupt nicht damit zu rechnen brauchte, seine Ansicht könne unzutreffend sein, liegt ein ihn entlastender unverschuldeter Rechtsirrtum vor. Der Arbeitnehmer kann sich der Weisung des Arbeitgebers nicht einmal dadurch auch nur vorläufig entziehen, dass er ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der zwischen den Parteien umstrittenen Frage einleitet. Anderenfalls – so das BAG ausdrücklich – würde das Weisungsrecht des Arbeitgebers in einer nicht gerechtfertigten Weise eingeschränkt.

 

Danach kann man jedem Arbeitnehmer nur empfehlen, Weisungen des Arbeitgebers bei auch nur etwas unklarer Rechtslage zunächst einmal zu befolgen, damit er keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses riskiert. 

 

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