RECHTECK

Lügen lohnt sich nicht – meistens jedenfalls

Red; 03.09.2013, 08:00 Uhr
RECHTECK

Lügen lohnt sich nicht – meistens jedenfalls

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Red; 03.09.2013, 08:00 Uhr
Oberberg - In regelmäßigem Abstand bietet Oberberg-Aktuell in dieser Rubrik rechtliche Hinweise zu Fragen des Alltags - Dieser Service wird präsentiert von der Bergneustädter Kanzlei Fincke Rechtsanwälte - Beratung in allen Rechtsfragen.

 

Die Frage des Arbeitgebers im Einstellungsgespräch nach einer Schwangerschaft der Bewerberin ist wegen ihrer geschlechtsdiskriminierenden Wirkung unzulässig. Fragt der Arbeitgeber, darf er sich deshalb nicht wundern, wenn er belogen wird.

 

Ein Arbeitgeber aus dem Rheinland wunderte sich wahrscheinlich trotzdem, als er das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11.10.2012 (Az.: 6 SA 641/12) las. Die Geschichte hat allerdings auch eine besondere Note. Unser Arbeitgeber war nämlich nur für 15 Monate auf der Suche nach einer Vertretung für seine schwangere Mitarbeiterin. Deshalb wollte er eines verständlicherweise nicht, nämlich eine Vertreterin einstellen, die selbst schwanger war. Von einer Schwangerschaft war im Einstellungsgespräch auch keine Rede. Das änderte sich vier Wochen nach dem ersten Arbeitstag.

 

Die zur Schwangerschaftsvertretung eingestellte Mitarbeiterin teilte ihrem verdutzten Chef nämlich mit, sie sei selbst seit mehreren Monaten schwanger, beabsichtige, demnächst in Mutterschutz und Elternzeit zu gehen. Was folgte, war die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung, die Klage der Mitarbeiterin vor dem Arbeitsgericht und besagtes Urteil des Landesarbeitsgericht Köln, mit dem festgestellt wurde, dass trotz der Besonderheiten des Falles ein Grund für eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung weit und breit nicht zu finden sei.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes darf ein Arbeitgeber Frauen bei der Bewerbung nicht nach einer Schwangerschaft fragen. Fragt er trotzdem, darf die Bewerberin lügen, weil die Frage eben unzulässig ist. Dass eine Frau ihre Schwangerschaft ungefragt nicht offenlegen muss, versteht sich von selbst.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat dies alles bislang aber nur für Bewerberinnen festgestellt, die unbefristet eingestellt werden wollten. Jetzt hat das Landesarbeitsgericht Köln anknüpfend an eine  Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entschieden, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses zu keiner anderen Beurteilung führen kann. Das Recht zur Lüge besteht selbst dann, wenn feststeht, dass die Bewerberin wegen Mutterschutz und Elternzeit während der Vertragslaufzeit überwiegend ausfällt. Die Kölner Richter begründen dies genauso wie ihre Kollegen aus Luxemburg mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zur Beschäftigung. Natürlich – so die Richter- hätte der Arbeitgeber die Bewerberin nicht eingestellt, wenn sie im Einstellungsprozess über die ihr bekannte Schwangerschaft informiert hätte. Damit liege die unmittelbar geschlechtsdiskriminierende Wirkung der Frage auf der Hand.

 

Ob unser Arbeitgeber sich danach einen männlichen Schwangerschaftsvertreter gesucht hat? Wir wissen es nicht.

 

Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es bei Fincke Rechtsanwälte in Bergneustadt

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