RECHTECK

Intolerante Vermieter von Hochzeitslocation

Red; 18.04.2015, 10:20 Uhr
RECHTECK

Intolerante Vermieter von Hochzeitslocation

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Red; 18.04.2015, 10:20 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute geht es um die praktischen Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

Ziel des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 19 AGG sind entsprechende Benachteiligungen bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse (zum Beispiel Mietverhältnis) unzulässig. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 AGG steht dem Benachteiligten Ersatz seines – immateriellen – Schadens zu. Der Benachteiligte hat also Anspruch auf eine Art Schmerzensgeld.

 

Wer dies alles nun für „heiße Luft“ ohne praktische Auswirkung hält, der täuscht sich. In der Arbeitswelt sind die praktischen Auswirkungen des AGG längst spürbar. Seit Inkrafttreten des AGG müssen Arbeitgeber schon im Bewerbungsverfahren penibel darauf achten, potentielle Arbeitnehmer zum Beispiel wegen ihres Geschlechts nicht zu benachteiligen. Für diesen Bereich hält das AGG spezielle und ausführliche Vorschriften bereit. Aber auch im übrigen Zivilrecht zeigen sich die praktischen Folgen des Gesetzes.

 

Ein Fall aus der Praxis: Bei den Klägern handelt es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar. Die Kläger wollten Mitte des Jahres 2014 eine gleichgeschlechtlich eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Die anschließende Feier sollte in einer Villa stattfinden, die der Beklagte vor allem für Hochzeitsfeiern vermietet. Besonderes Schmankerl: Das Brautpaar sollte kostenlos im „Hochzeitszimmer“ der Villa übernachten dürfen. Bei diesem „Hochzeitszimmer“ handelt es sich um das sonst von dem Beklagten genutzte Schlafzimmer.

 

Nun hätte es eine wunderschöne Hochzeitsfeier mit anschließender Übernachtung geben können, wenn nicht die vermietete Villa im Eigentum der Mutter des Beklagten stehen würde. Im Weltbild der Mutter des Beklagten hatte das aus zwei Männern bestehende Brautpaar keinen Platz. Der Beklagte sagte deshalb den beiden Hochzeitsherren ab, wünsche ihnen alles Gute und hoffte inständig, dass die Angelegenheit damit erledigt sei. Der Beklagte hoffte vergebens, denn kurze Zeit später erreichte den Beklagten ein Anwaltsschreiben, mit dem Schadensersatz in Höhe von 5.000 € nach dem AGG geltend gemacht wurde.

 

Mit Urteil vom 17. Juni 2014 (Az. 147 C 68/14) entschied das Amtsgericht Köln, dass den Klägern grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch nach dem AGG zustehe. Das Amtsgericht sprach als Schadensersatz aber nicht 5.000 €, sondern nur 750 € pro Kläger zu. Das Amtsgericht entschied, indem der Beklagte einen Vertragsschluss mit den Klägern wegen deren gleichgeschlechtlicher Partnerschaft abgelehnt habe, habe er gegen das aus dem AGG folgende Benachteiligungsverbot verstoßen. Im Hinblick auf den erstmaligen Verstoß des Beklagten und unter Berücksichtigung einer präventiven Wirkung hielt das Amtsgericht dann aber einen Entschädigungszahlung in Höhe von jeweils 750 € für ausreichend.

 

Die Zielsetzung des AGG ist richtig. Der Fall des Amtsgerichts Köln belegt aber auch, wie weitreichend mit diesem Gesetz in die Vertragsfreiheit jedes einzelnen eingegriffen wird.

  

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