RECHTECK

Impfen – welcher Elternteil entscheidet bei der Impfung eines Kindes?

Red; 20.03.2021, 08:00 Uhr
RECHTECK

Impfen – welcher Elternteil entscheidet bei der Impfung eines Kindes?

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Red; 20.03.2021, 08:00 Uhr
Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um das Impfen.

Von Rechtsanwalt Andreas Günther, Fachanwalt für Familienrecht

 

Diese Fragestellung ist ganz aktuell. Auch wenn die derzeitigen COVID-19- Impfstoffe noch nicht für Kinder zugelassen sind, wird sich diese Frage irgendwann stellen. Sie gilt natürlich aber auch bei den herkömmlichen Impfungen wie Masern, Tetanus etc..

 

In seiner Entscheidung hat nunmehr das Oberlandesgericht Frankfurt/Main Maßstäbe gesetzt. Es ging um die Impfung des kleinen A., geboren im Jahr 2018. Die Eltern sind geschieden. Sie üben das Sorgerecht aber weiter gemeinschaftlich aus. Die Mutter wollte das gemeinsame Kind mit den Standardimpfungen durch einen Kinderarzt impfen lassen. Der Vater verweigerte seine Zustimmung. Er lehnte die Impfungen ab.

 

Zur Ausgangslage: Bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann das Familiengericht einem Elternteil die Entscheidung über eine Einzelangelegenheit von erheblicher Bedeutung (z.B. Wahl der Schule, schwere Operation, Religionszugehörigkeit etc.) übertragen (§ 1628 BGB), wenn sich die Eltern nicht einigen können (siehe hierzu auch RechtEck vom 01.10.2016 Mit dem Kind in Urlaub – aber nicht in die Türkei? ). Das Impfen ist eine Sache von erheblicher Bedeutung.

 

Nach der Weigerung des Vaters hat die Mutter einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht gestellt. Das Gericht hat der Mutter die Entscheidungskompetenz für das Impfen alleine übertragen. Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 08.03.2021 Az. 6 UF 3/21 gaben die Richter des Familiensenat der Mutter weiter recht und wiesen die Beschwerde des Vaters zurück.

 

Die Bedenken des Vaters sind unbegründet. Entscheidend ist auch hier das Kindeswohl. Dieses ist ausreichend gewahrt, wenn der eine Elternteil den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim RKI (STIKO) folgt (folgen will). Wörtlich heißt es hier in der Entscheidung der Frankfurter Richter:

 

„Bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnisse über Schutzimpfungen nach § 1628 Abs. 1 BGB auf einen Elternteil kann grundsätzlich maßgeblich darauf abgestellt werden, dass ein Elternteil Impfungen offen gegenübersteht und seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf, wenn im Einzelfall kein Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 03. Mai 2017 - XII ZB 157/16 ; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. April 2018 - 9 UF 77/18).“

 

Der Vater hatte unter anderem damit argumentiert, dass das Impfen die körperliche Unversehrtheit des Kindes verletzt. Auch hier verweisen die Richter auf die STIKO. Diese gibt dazu entsprechende Empfehlungen:

 

„Auch die vom Kindesvater angesprochene Sorge um die körperliche Unversehrtheit im Hinblick auf den Impfvorgang ist durch eine den Empfehlungen der STIKO entsprechende Behandlung aufgegriffen. Für den Impfvorgang ist eine am Kindeswohl orientierte Vorgehensweise mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen empfohlen (siehe die Hinweise zur Schmerz- und Stressreduktion beim Impfen in Ziff. 4.6 der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2020/2021, Epidemiologisches Bulletin Nr. 34/2020 vom 20. August 2020). Dass diese Empfehlungen im Hinblick auf den Impfvorgang aus Gründen des Kindeswohls unzureichend sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.“

 

In erfreulicher Deutlichkeit hat hier das Gericht einen Fingerzeig für zukünftige Fälle gegeben. 

 

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