RECHTECK

Eheaufhebung wegen falschem Beruf?

Red; 25.03.2023, 10:00 Uhr
RECHTECK

Eheaufhebung wegen falschem Beruf?

Red; 25.03.2023, 10:00 Uhr
Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt.

In unserem heutigen RechtEck machen wir einen Ausflug ins Familienrecht. Kennen Sie noch Schwester Christa aus der Schwarzwald Klink? Die spielt heute eine Rolle.

Wie jeder weiß, kann das Band der Ehe mit einer Scheidung durch das Familiengericht zerschnitten werden. Der Gesetzgeber hat aber auch noch eine andere Methode vorgesehen: Die Eheaufhebung. In § 1314 BGB hat er z.B. festgehalten, dass die Ehe aufgehoben werden kann, wenn ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit befand. Dies leuchtet ein - dann sollte sich aber der Standesbeamte Gedanken machen, ob er den Beruf nicht verfehlt hat…

 

Es gibt aber auch noch andere Fälle, nicht minder kurios. Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Koblenz zu befassen (Beschluss vom 06.12.2021  13 UF 172/21). Hier zeigt sich übrigens, wie der Wandel unserer Gesellschaft auch in der Rechtsprechung ankommt. Gestritten haben sich zwei Lebenspartnerinnen. Im schönen Hunsrück hatten die beiden Frauen sich im Jahr 2011 kennen und lieben gelernt. Dabei war Frau S. tief beeindruckt von dem beruflichen Werdegang der A. Diese habe ihr nämlich schon beim Kennenlernen viel von ihrem Studium berichtet. Die weiteren Erzählungen über ihre berufliche Erfahrung und ihren Werdegang von der Steinmetzin zur Architektin faszinierten sie sehr. Zudem habe sie schon eine Altersvorsorge aufgebaut. Der geneigte Leser ahnt es schon: das dicke Ende kommt zum Schluss.

 

So stellte sich heraus, dass A gar nicht studiert hatte und natürlich auch keine Architektin war. Eine Altersvorsorge gab es auch nicht. Es krachte zwischen den Beiden so richtig. Sie haben sich nach der Trennung gegenseitig mit Strafanzeigen überzogen.

 

Nun wollte S kein Scheidungsverfahren durchführen, ihr kam § 1314 BGB in den Sinn. Danach kann die Ehe auch aufgehoben werden, „wenn einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten;“. Hier sah die S ihre Chance. Die berufliche Stellung der A sei für sie in jedem Fall mitursächlich für die Eingehung der Lebenspartnerschaft gewesen. Sie fühle sich jetzt arglistig getäuscht. Hätte sie gewusst, dass A keine Architektin sei, hätte sie sie nicht gepartnerschaftet.

 

So sah es auch das Amtsgericht Simmern! Das Familiengericht stützte sich auf eine Entscheidung aus dem Jahre 1987. Dort hatte sich der Ehemann sogar als Richter am Familiengericht ausgegeben, war aber „nur“ kaufmännischer Angestellter. Das Amtsgericht Simmern fackelte nicht lange, die Lebenspartnerschaft wurde aufgehoben. Dies ließ der A keine Ruhe. Sie legte Beschwerde zum OLG Koblenz ein. Mit Erfolg - hier die Begründung durch die Richter:

 

Zwischenzeitlich aber hat sich das Bild der Ehe und auch das Unterhaltsrecht mit dem Grundsatz der Eigenständigkeit der Ehegatten entscheidend verändert. Während früher die Ehefrau des Arztes "Frau Dr." war und damit einhergehend auch der Status der Ehefrau von dem des Ehemannes abhing, gilt in der heutigen Ehe weitgehend das Prinzip der Eigenständigkeit der jeweiligen Ehepartner, ein Prinzip, welches sich auch im Scheidungsrecht, insbesondere im Unterhaltsrecht mit dem Grundsatz, dass jeder Ehepartner grundsätzlich für seinen Unterhalt zu sorgen hat, niedergeschlagen hat. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat den Umstand des Berufs nicht mehr zweifelsfrei als objektiv erheblichen Umstand an.

 

Ja, die Zeiten, wo Gaby Dohm in der Scharzwaldklinik völlig selbstverständlich von Schwester Christa zu Frau Dr. Brinkmann aufstieg, sind also endgültig vorbei.

PS: bei Täuschung über die Vermögensverhältnisse gilt § 1314 BGB übrigens nicht

 

Andreas Günther, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht

 

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