RECHTECK

Die Haftung für ein beschädigtes Polizeifahrzeug

Red; 23.04.2022, 10:30 Uhr
RECHTECK

Die Haftung für ein beschädigtes Polizeifahrzeug

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Red; 23.04.2022, 10:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt.

Jüngst war in Oberberg-Aktuell zu lesen, dass ein verdächtiger Kraftfahrzeugführer mehrere Haltezeichen der Polizeibeamten missachtete und sein Heil in der Flucht suchte. Bei der Flucht vor dem folgenden Polizeifahrzeug verunglückte nicht nur der Kraftfahrzeugführer, sondern darüber hinaus auch das Polizeifahrzeug, welches in der Böschung landete und erheblich beschädigt wurde. In diesen Fällen stellt sich die Frage, wer für den Schaden am Polizeifahrzeug haftet. Mitunter gibt es noch deutlich dramatischere „Verfolgungsjagden“. Wird den Anhaltezeichen der Polizei nicht Rechnung getragen, entwickeln sich nicht selten Verfolgungsjagden, an denen mehrere Polizeifahrzeuge beteiligt sind. Oft kann ein solcher Täter erst dadurch gestoppt werden, dass er von einem Polizeifahrzeug ganz bewusst gerammt wird, wodurch dann die Flucht ein „abruptes“ Ende findet, aber gleichzeitig der Streifenwagen demoliert ist. Wer haftet?

 

Es ist naheliegend, dass ein solcher Täter persönlich naturgemäß für den gesamten Schaden einzutreten hat. Es tritt indes regelmäßig das Problem auf, dass bei einem solchen Täter „nichts zu holen ist“. Hier gibt es indes ein probates Mittel, wie die Polizeiverwaltung und mithin das Land Nordrhein-Westfalen Schadenersatz durchsetzen kann. Ein jedes Fahrzeug, welches zum Straßenverkehr zugelassen wird, muss eine Haftpflichtversicherung nachweisen. Damit sollen Geschädigte vor der Gefahr geschützt werden, dass ein Schädiger den eingetretenen Schaden nicht begleichen kann. Einem jeden Geschädigten steht insoweit ein im Versicherungsvertragsrecht geregelter Direktanspruch gegenüber dem Haftpflichtversicherer zu, der auf § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG beruht. Immer dann, wenn bei dem „Gebrauch“ eines Kraftfahrzeuges ein Schaden herbeigeführt wird, kann der Geschädigte Ersatz beanspruchen. Der Bundesgerichtshof hat schon im Jahre 2012 entschieden, dass auch ein Flüchtender das Fluchtfahrzeug „gebraucht“, um sich einer Polizeikontrolle bzw. seiner vorläufigen Festnahme zu entziehen. Wenn im Zusammenhang mit dieser Flucht ein Unfall geschieht, so ist dies dem Gebrauch ebenso zuzurechnen, wie die bewusst herbeigeführte Kollision mit einem Polizeifahrzeug, wodurch der Flüchtende gestoppt werden soll. Auch diese Handlung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Gebrauch des Fahrzeuges. Voraussetzung für eine solche deliktische Haftung ist allein, dass der in Anspruch genommene Fliehende seinen Verfolger in vorwerfbarer Weise zu der selbstgefährdenden Reaktion herausgefordert hat. Jedem Fliehenden muss bewusst sein, dass der Verfolger oder auch ein unbeteiligter Dritter in Folge der durch die Verfolgung gesteigerten Gefahr einen Schaden erleiden kann. Danach ist aber ein solch eingetretener Schaden am Kraftfahrzeug dem Fliehenden zuzuordnen. Dieser bzw. die Haftpflichtversicherung des Fahrzeuges hat für den Schaden einzutreten. 

 

Hätten Sie es gewusst? 

 

 

Rolf-Helmut Becker

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht.

 

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