RECHTECK

(April-)Scherz beim Autokauf?

Red; 02.04.2022, 10:00 Uhr
RECHTECK

(April-)Scherz beim Autokauf?

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Red; 02.04.2022, 10:00 Uhr
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Der 1. April ist einen Tag vorbei – soll uns aber in dem heutigen RechtEck beschäftigen. Mit einem Scherz hatte das OLG Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 02.05.2017 (Az. 8 U 170/16) zu tun. Worum ging es?

Der Beklagte A  stellte im Sommer 2015 auf einem Internetportal eine Kleinanzeige zum Verkauf eines Fahrzeugs der Marke X ein.  Als Kaufpreis gab er einen Betrag von 11.500 € an, was dem damaligen tatsächlichen Verkehrswert des Fahrzeugs entsprach. In der Kleinanzeige hieß es unter anderem:

Ich bitte höflichst von Preisvorschlägen, Ratenzahlungen, Tauschen gegen Teppiche, Schwiegermütter oder ähnlich abzusehen, der Wagen ist sein Geld echt wert, daher wird er nicht verschenkt und wenn er Euch zu teuer erscheint, dann bitte auch nicht anrufen und Euch einen in Eurer Preisklasse suchen.“

Am 12.8.2015 kam es zu Kaufvertragsverhandlungen zwischen den Parteien. In einem Telefongespräch bot der Kläger dem Beklagten einen gebrauchten PKW Y  zum Tausch an. Dies lehnte der Beklagte ab.

 

Noch an diesem Tag versandte der Beklagte eine elektronische Nachricht an den Kläger K, in der es hieß:

„Also für 15 kannste ihn haben.“

Der Kläger antwortete:

"Guten Tag für 15 € nehme ich ihn. Wohin kann ich das Geld überweisen.

Wo kann ich das Auto abholen…"

Der Beklagte antwortete:

„Kannst Kohle überweisen, Wagen bringe ich dann.“

 

Was meint der geneigte Leser? Angebot und Annahme liegen vor. Also ist ein Kaufvertrag geschlossen worden. Das dachte  auch K. Er wollte die Kontodaten des A haben, um den Kaufpreis zu überweisen. Dieser rückte sie nicht raus. Mit seiner Klage verlangte der Kläger dann Erfüllung des Kaufvertrages und Herausgabe des PKW X. Das Landgericht Limburg an der Lahn hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung musste sich dann das OLG beschäftigen. Die Richter des 8. Zivilsenates machten aber kurzen Prozess und führten § 118 BGB ins Feld: „Eine nicht ernstliche gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.“ Also übersetzt: sog. Scherzerklärungen sind  nichtig. 

 

So auch das Oberlandesgericht: „Der Beklagte musste die Antwort des Klägers auf seine erste Nachricht nicht als ernsthafte Annahme eines vermeintlichen Kaufvertragsangebots ansehen. Dafür war der Inhalt der ersten Nachricht viel zu absurd. Er durfte die Reaktion seines Gegenübers vielmehr als ein Sicheinlassen auf eine Scherzkonversation verstehen.“

Es spielte nach Ansicht der Frankfurter Richter auch keine Rolle, dass hier beide Seiten schriftliche Erklärungen abgegeben hatten:

„Zwar mag es sein, dass die Erwartung eines Erklärenden, dass der Mangel der Ernstlichkeit seiner Erklärung nicht verkannt werden werde, bei Willenserklärungen unter Abwesenden im Einzelfall eher unberechtigt sein kann, als wenn der Erklärende in der Lage ist, seine Erklärung durch Tonfall, Mimik und Gestik als Scherz zu kennzeichnen. Der vorliegende Fall ist aufgrund der vom Landgericht herausgearbeiteten Umstände allerdings so eindeutig, dass diese Einschränkungen keine Rolle spielen.

Aus diesem Grund war es auch nicht erforderlich, die fehlende Ernsthaftigkeit der Erklärungen mit Icons oder Ähnlichem zu betonen oder in irgendeiner Weise nachträglich aufzudecken.“

Aus den Umständen des Falles ergibt sich eindeutig, dass der Kläger die fehlende Ernstlichkeit der Erklärung des Beklagten kannte oder zumindest hätte kennen müssen. Es ist, wie das Landgericht hervorhebt, abwegig, dass der Beklagte sein Fahrzeug tatsächlich für 15,- € verkaufen wollte. Es gab für den Beklagten keinen Grund, sein Fahrzeug angesichts eines Verkehrswerts von 11.500,- € für nur 15,- € an den ihm völlig unbekannten Kläger zu verkaufen. Diese Umstände sind für jedermann und damit auch für den Kläger offensichtlich.“

 

Ein klarer Fall. Aber Vorsicht – andere Richter hätte dies ja auch anders sehen können…

 

 

Andreas Günther

 

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und  Familienrecht

 

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