RECHTECK

„Tierliebe“ oder „Autoliebe“?

Red; 13.08.2022, 10:30 Uhr
RECHTECK

„Tierliebe“ oder „Autoliebe“?

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Red; 13.08.2022, 10:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt.

Nachdem nun die Tage zunehmend kürzer werden, kommt es in den frühen Morgen- und Abendstunden wieder vermehrt zu Unfällen mit Wildtieren und motorisierten Verkehrsteilnehmern. Für Zweiradfahrer ist dies höchst gefährlich, wie jüngst in Oberberg-Aktuell zu lesen war. Aber selbst bei Nutzung eines Autos führen diese Unfälle zu teils hohen Sachschäden.

 

Da Wildtiere herrenlos sind, (§ 690 BGB) haftet hier weder der Jagdpächter noch der Eigentümer des Waldgrundstückes. Hier hilft allein eine Teilkaskoversicherung. Dort ist der Zusammenstoß im Basistarif mit Haarwild im Sinne des Bundesjagdgesetztes, d.h. der Zusammenstoß mit Reh und Wildaschwein, geregelt und bei besseren Policen der Zusammenstoß mit Tieren jeglicher Art. Von daher sollte die Teilkaskoversicherung für jeden Kfz-Halter zwingend sein.

 

Da der Zusammenstoß gegenüber der Versicherung nachzuweisen ist, sollte der Kfz-Führer Fotos von etwa vorhandenen Haaren fertigen, wenn das Tier –wie so oft- verletzt die Unfallstelle verlässt. Gleichzeitig sollte die Polizei sowie der Jagdpächter verständigt werden, die dann entsprechende Bestätigungen für die Versicherung ausstellen. Sollte das Wild vor Ort verenden oder verletzt sein, gilt selbstredend dasselbe. Das tote Tier darf keinesfalls in den Kofferraum gelegt werden, weil dies bereits den Tatbestand der Jagdwilderei (§ 292 StGB) erfüllt.

 

Aber nicht immer kommt es zur Kollision zwischen dem Tier und dem Kraftfahrzeug. Aufgrund einer Vollbremsung oder eines Ausweichmanövers kann das Wildtier die Straße gerade noch rechtzeitig verlassen. Ärgerlich ist nur, wenn der Pkw gleichwohl Schaden genommen hat, weil man von der Straße abgekommen ist, wodurch das Kraftfahrzeug beschädigt wurde. Jetzt fehlt die im Versicherungsvertrag vorgesehene Kollision mit einem Wildtier, weshalb der Versicherer die Leistung ablehnen wird, weil es nicht zu der im Versicherungsvertrag geforderten Berührung mit dem Wildtier gekommen ist. Gleichwohl ist der Versicherer im Regelfall zur Leistung verpflichtet. Dies folgt indes nicht aus dem abgeschlossenen Teilkaskoversicherungsvertrag, sondern ggf. unter dem Gesichtspunkt der „Rettungskosten“.

 

In jedem Versicherungsvertrag wird dem Versicherungsnehmer aufgegeben, nach Möglichkeit für die Abwendung oder Minderung eines Schadens Sorge zu tragen. Diese Regelung findet sich in § 82 des Versicherungsvertragsgesetztes. Handelt der Versicherer gemäß dieser Verpflichtung, so hat der Versicherer ihm alle Aufwendungen zu erstatten. Dies selbst dann, wenn der Versuch erfolglos bleibt. Dies ist in § 83 des Versicherungsvertragsgesetztes geregelt.

 

Wichtig ist, dass der Versicherungsnehmer handelt, um Schaden vom versicherten Kraftfahrzeug abzuwenden. Formuliert der Versicherungsnehmer in seinem Antrag auf Entschädigung, dass er ausgewichen ist, um „das arme Reh“ zu schonen, so geht er leer aus. Hat er das misslungene Ausweichmanöver indes unternommen, um die versicherte Sache (sein Kraftfahrzeug) zu schonen, so erhält er 100% seines Schadens ersetzt. Er muss nicht einmal die übliche Selbstbeteiligung entrichten, die im Teilkaskoversicherungsvertrag häufig mit 150,00 EUR oder 300,00 EUR vereinbart ist.

 

Hier gilt „Autoliebe“ schlägt „Tierliebe“.

 

Hätten Sie es gewusst?

 

Rolf-Helmut Becker

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht

 

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