POLITIK

Zweifelndes Pfeifen im dunklen Wald

bv; 28.09.2019, 22:19 Uhr
Fotos: Bernd Vorländer --- Der Vorstand der SPD Oberberg mit Mittelrhein-Spd_chef Jochen Ott ( 3. v. li.).
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Zweifelndes Pfeifen im dunklen Wald

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bv; 28.09.2019, 22:19 Uhr
Wipperfürth - Oberbergs Sozialdemokraten schauen mit Bauchgrummeln auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr - Mittelrhein-SPD-Chef Jochen Ott teilte auf Kreisparteitag gegen die Grünen aus.

Von Bernd Vorländer

 

Die Überschrift in den Unterlagen dieses Kreisparteitags der oberbergischen Sozialdemokraten hatte durchaus eine doppelte Wort-Bedeutung. "Die SPD im Herbst 2019": Das war zuallererst natürlich auf den Konvent und die Jahreszeit bezogen. Aber es kennzeichnete im übertragenen Sinne auch den Zustand einer Partei, die auf den Tag genau vor 50 Jahren bei der Bundestagswahl 1969 ein Wahlergebnis von über 40 Prozent erzielte, in der Folge mit der FDP die erste sozial-liberale Koalition der Nachkriegszeit bildete - und heute ein Stück weit vor den Trümmern ihrer Politik der vergangenen 20 Jahre steht. Insofern war der Parteitag im katholischen Pfarrheim in Wipperfürth als Mutmacher und Solidaritätsbringer gedacht, in Zeiten, in denen die SPD um ihre Zukunft ringt, oder - das sagen auch etliche Beobachter - in einer Zeit, in der sie um ihr Überleben kämpft.

 

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Mit sehr gemischten Gefühlen blickt man insofern bei den oberbergischen Sozialdemokraten auf den 13. September kommenden Jahres, wenn in der Region die Kommunalparlamente neu gewählt werden. "Die Furcht ist groß, dass wir von einer negativen Welle überrollt werden", sagt Oberbergs SPD-Chef Thorsten Konzelmann. Natürlich verfüge man über arrivierte, erfahrene und vor Ort gut vernetzte Mitglieder, und die sozialdemokratischen Themen lägen auf dem Tisch.

 

[Jochen Ott, Mittelrhein-Chef der SPD, forderte mehr innerparteiliche Solidarität.]

 

Aber ob das reicht, wird sich noch herausstellen. Konzelmann bekundete, spätestens nach 2021 müsse Schluss sein mit einer großen Koalition, in der die SPD den Juniorpartner spiele. Noch vor dem Parteitag im Dezember, der eine Halbzeitbilanz der Regierungszeit auf Bundesebene vornehmen will, werde er das Meinungsbild der oberbergischen Sozialdemokraten einholen und dann entsprechend abstimmen. SPD-Kreistagsfraktionschef Ralph Wurth ging noch einen Schritt weiter. Seines Erachtens müsse die Zusammenarbeit mit der Union noch dieses Jahr beendet werden. Dann werde sich im Übrigen auch zeigen, "dass die bürgerlichen Parteien Union, Grüne und FDP keine soziale Kompetenz haben."

 

Zur Motivationssteigerung der oberbergischen genossen war Jochen Ott als Vorsitzender der SPD Mittelrhein eingeladen worden, der zunächst einmal ordentlich austeilte. Dass die SPD in der Zeit des Bundeskanzlers Gerhard Schröder geglaubt habe, sie müsse den neo-liberalen Weg mitgehen, sei einer der größten Fehler der jüngeren Vergangenheit gewesen. Fortan hätten Individualismus und Egoismus gegen die Solidarität in der Gesellschaft einen Sieg nach dem anderen gefeiert. Deshalb müsse die SPD heute wieder neue Wege gehen und sich ein stückweit auch dem Zeitgeist entgegenstellen. Vor allem aber müsse man innerhalb der Partei wieder solidarischer miteinander umgehen. Zu viele Vorsitzende habe die Partei inzwischen verschlissen. "Wir müssen wieder lernen, zu reden, ohne andere abzuqualifizieren." Dies gelte von der Parteispitze bis in den Ortsverband. Und wenn ein neues Vorsitzenden-Duo gewählt sei, müsse es sich auch der Solidarität der ganzen Partei sicher sein und nicht bei der erstbesten Gelegenheit kritisiert werden.

 

Dass die Sozialdemokraten die innerparteiliche Solidarität aber in den vergangenen Jahren im Zuge des Absturzes bei Wahlen und zunehmender Nervosität in den eigenen Reihen nie geschafft haben, ist indes eine Realität, und außer der Hoffnung, dies möge sich bitteschön ändern, gibt es keine Anzeichen, dass eine Parteispitze auch nach kommenden Wahlniederlagen fest im Sattel sitzen könnte. Ott, der in seiner Rede zeitweise verbal abdriftete ("blöd, doof, Scheiße schreiben") nahm schließlich noch die in einem Höhenflug befindlichen Grünen aufs Korn. Deren Wähler würden zum Teil mit dem SUV zum Bioladen fahren und konterkarierten so ihre Wahlentscheidung. "Das Kreuz bei den Grünen ist insofern eine moderne Form des Ablasshandels", meinte Ott.  Seine Partei müsse noch enger den Kontakt zu den Bürgern suchen. "Wir müssen sehen, was sie bewegt und entsprechend handeln", so der Mittelrhein-Chef der Sozialdemokraten.

KOMMENTARE

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Interessant, der Bericht und wenn das nachfolgende so gesagt wurde:

"Ott, der in seiner Rede zeitweise verbal abdriftete ("blöd, doof, Scheiße schreiben") nahm schließlich noch die in einem Höhenflug befindlichen Grünen aufs Korn. Deren Wähler würden zum Teil mit dem SUV zum Bioladen fahren und konterkarierten so ihre Wahlentscheidung. "Das Kreuz bei den Grünen ist insofern eine moderne Form des Ablasshandels", meinte Ott."

dann wird´s meinem Empfinden nach nichts mehr mit der SPD.
Walter Mutz

Walter Mutz, 29.09.2019, 13:25 Uhr
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