POLITIK

Wohnungen und Lagerräume dringend gesucht

Red; 23.03.2022, 13:50 Uhr
Foto: Gemeinde Marienheide.
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Wohnungen und Lagerräume dringend gesucht

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Red; 23.03.2022, 13:50 Uhr
Marienheide - Bürgermeister bittet um Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge und fühlt sich von Land und Bund im Stich gelassen - Der Oberbergische Kreis wächst.

Von Leif Schmittgen

 

Schaut man auf die Tagesordnung der gestrigen Marienheider Ratssitzung, findet man dort fast ausschließlich Formalien wie die Fortschreibungen von Bauverfahren. Der Appell, den Bürgermeister Stefan Meisenberg außerhalb des Protokolls und vor Sitzungsbeginn an die Gremiumsmitglieder richtete, war aber ergreifend. „Bitte bieten Sie uns Wohnraum an“, sagte Meisenberg nach einer Schweigeminute für die Kriegsopfer. Nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel hat die Kommune die theoretische Kennzahl von 235, 200 Flüchtlinge müssen anhand der Einwohnerzahl aufgenommen werden. Die Gemeinde liegt damit landesweit auf dem sechsten Platz. Die Stadt Köln zum Beispiel weise mit 90 einen vergleichsweise niedrigen Schlüssel auf.

 

Zahlen

 

Bis zum Ende der Woche werden in Marienheide 194 Flüchtlinge gezählt. Die meisten sind Kinder unter zwei Jahren, 49 Frauen sind registriert. In der Müllenbacher Grundschule wurden vier Kinder angemeldet, in der Heier GGS 16 ukrainische Schüler. Während an der Leppestraße in jedem Fall eine „Begrüßungsklasse“ eingerichtet wird, will man in Müllenbach je nach Zuwanderung überlegen, ob dort das Gleiche geschieht oder die Klasse an einem Standort zusammengelegt wird. An der Gesamtschule gab es bisher 17 Anmeldungen. Auch hier ist die Einrichtung einer Begrüßungsklasse geplant, zudem gibt es wöchentlich fünf zusätzliche Doppelstunden Deutschunterricht für die Neuankömmlinge.

 

So viel zur Theorie. Praktisch macht sich die Verwaltung Sorgen, weil unklar ist, wie mit dem zu erwarteten Zustrom umgegangen werden soll. „Das, was auf Bundes- und Landesebene geleistet wird, ist ein Armutszeugnis und die Kommunen werden alleine gelassen“, grämte sich der Bürgermeister. Lobende Worte fand das Gemeindeoberhaupt für die Arbeit des Kreisausländeramtes, denn erste Arbeitserlaubnisse seien bereits erteilt worden. Der Verwaltung wird durch das Kommunale Integrationszentrum (KI) des Oberbergischen Kreises ab 1. Mai ein sogenannter Casemanager zur Seite gestellt, der für Entlastung bei den Mitarbeitern des Bürgerservice sorgen soll.

 

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Überwältigend sei die Hilfsbereitschaft der Bürgerschaft. Außerdem bietet die Baugenossenschaft jede freie Wohnung an. Ohne diese Unterstützung wäre die Verwaltung vermutlich nicht handlungsfähig, im Gemeindebesitz stehen noch sechs Unterkünfte zur Verfügung. In Abstimmung mit dem Kreis wird nach Unterbringungsmöglichkeiten gesucht, um die Situation zu entschärfen. Das ehemalige VDK-Heim steht dabei laut Bürgermeister als Möglichkeit nicht zur Verfügung, das habe der Kreis auf Nachfrage mitgeteilt. Man hoffe durch den Appell, die Halle an der Jahnstraße - Schauplatz der gestrigen Ratssitzung - nicht für Flüchtlinge herrichten zu müssen. Bis zum Ende der Woche werden 30 weitere Menschen aus der Ukraine erwartet. Auch Lagerräume werden dringend gesucht.

 

Weiteres aus dem Rat

 

- Die Gemeinde Marienheide und damit auch der Oberbergische Kreis sowie der Regierungsbezirk Köln wachsen um etwa 436 Quadratmeter Fläche. Grund ist eine Flurbereinigung. Die Grenze zur Stadt Kierspe im Märkischen Kreis verlief bis dato unregelmäßig über einen Wirtschaftsweg, was zu Schwierigkeiten bei der Zuständigkeit der kommunalen Ansprechpartner und einem hohen bürokratischen Aufwand führte. Vor der bereits vollzogenen Änderung durch die entsprechende Behörde hätte es die Zustimmung beider Kommunen gebraucht. Das war versäumt worden, weshalb Ratsbeschlüsse notwendig wurden. Einstimmig votierte man in Marienheide für den Gebietsgewinn, in Kierspe steht die Entscheidung noch aus. Laut Bürgermeister Meisenberg rege sich im benachbarten Sauerland Kritik an der Flurbereinigung.

 

- Die Postagentur im Ortskern schließt zum 30. April. Somit fällt eine zentrale Abgabestelle weg. Wie Meisenberg berichtete, arbeite man auch vonseiten der Verwaltung an einer Alternative. Die Post selbst habe großes Interesse an einer schnellen Wiedereröffnung an anderer Stelle, sei allerdings bestrebt, den künftigen Service nur als Nebenerwerb, beispielsweise in einem bestehenden Ladenlokal, anzubieten.

 

- Der Finanzzwischenbericht von Kämmerin Eva Kranenberg fällt positiv aus. Für den im Sommer fertiggestellten Jahresabschluss 2021 erwartet sie ein Plus „im sechsstelligen Bereich“. Aktuell liege die Verbesserung bereits bei 15.000 Euro.

 

- Anträge bezüglich der Errichtung sogenannter Urnenstelen auf dem Müllenbacher Friedhof  und zur Einrichtung Verkehrsberuhigung in Müllenbach und Rodt wurden zur weiteren Diskussion in die entsprechenden Ausschüsse verwiesen.

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