POLITIK

Weil 1,14 Millionen Euro fehlen…

ks; 20.10.2022, 17:35 Uhr
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Weil 1,14 Millionen Euro fehlen…

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ks; 20.10.2022, 17:35 Uhr
Lindlar – Der Rat diskutierte über ein fehlerhaftes Vorgehen bei der Beantragung der ISEK-Fördergelder – Lukrativer Fördertopf als Alternative.

„Es kann ja nicht sein, dass wir hier 1,14 Millionen Euro verlieren“, sagte Lindlars FDP-Fraktionsvorsitzender am Dienstagabend entrüstet in der Sitzung des Gemeinderats. Harald Friese übte kräftig Kritik: an der Verwaltung, der Kölner Bezirksregierung und dem Planungsbüro Dr. Jansen. Zahlreiche Ratsmitglieder taten es dem Liberalen gleich. So herrschte im großen Tagungsraum auf :metabolon, wo der Gemeinderat aufgrund einer Belegung des Kulturzentrums zusammengekommen war, reger Diskussionsbedarf.

 

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Hauptthema des Abends waren die jüngsten Entwicklungen bezüglich des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK). Durch eine Reduzierung der Förderquote seitens des Landes NRW von 60 auf 50 Prozent werden der Gemeinde womöglich 1,14 Millionen Euro durch die Lappen gehen. Wann die Förderquote für Lindlar reduziert worden ist, sei bis heute nicht klar. Bürgermeister Dr. Georg Ludwig versuchte sich an einer zeitlichen Einordnung, sprach vom Sommer. „Offenbar hat die Bezirksregierung Köln versäumt, die Änderung rechtzeitig bekannt zu geben“, so Ludwig. Auch das Planungsbüro habe die Gemeinde nicht über die geringere Förderquote informiert.

 

Rückblick

 

Am 22. Juni wurde im Gemeinderat der Beschluss zum ISEK gefasst. Die Verwaltung wurde beauftragt, für die Projekte der Phase 1 Fördermittel zu beantragen. Für die Phase 1 waren Kosten in Höhe von 11,42 Millionen Euro eingeplant, davon sollten 60 Prozent gefördert sowie 40 Prozent von der Gemeinde übernommen werden. Das Planungsteam, das den „Wettbewerblichen Dialog“ für sich entschieden hatte, hat das Gesamtbudget für die Phase 1 mit rund 570.000 Euro überschritten, die Kosten für die geplanten Veränderungen am Park Plietz jedoch um fast eine Millionen Euro reduziert.

 

Die Gesamtkosten für die Projekte der Phase 1 belaufen sich aktuell auf 11,99 Millionen Euro. Mit der Senkung der Förderquote von 60 auf 50 Prozent entstehen für den Haushalt der Gemeinde Mindereinnahmen von 1,14 Millionen Euro. Laut Bürgermeister Ludwig hat am 10. Oktober ein Abstimmungstermin mit der Bezirksregierung stattgefunden. Dabei sei erreicht worden, dass die Gemeinde Lindlar den Gesamtantrag, die Kosten- und Finanzierungsübersicht sowie die Mitzeichnung der Kämmerin bis zum Anfang des Jahres 2023 nachreichen kann.

 

Verschärft wurde die Diskussion aufgrund eines Dringlichkeitsbeschlusses vom 23. September, der am Dienstagabend im Gemeinderat nicht genehmigt worden ist – weil im September unter fälschlicher Annahme gefasst. Ein außergewöhnlicher Schritt, wie nicht nur Bürgermeister Ludwig fand. So hatte die Verwaltung die Baumaßnahmen am Park Plietz aus der ersten in die zweite Phase des ISEK verschieben wollen. Das Ziel: das dafür ursprünglich geplante Budget in Höhe von 1,3 Millionen Euro aus der Phase 1 herauszubekommen. Dabei wurde jedoch übersehen, dass das Gewinnerteam des „Wettbewerblichen Dialogs“ für den Park Plietz lediglich ein Budget von 330.000 Euro vorgesehen hatte.

 

„Fehler passieren“, bemerkte SPD-Politikerin Renate Klinnert, „aber wir reden hier über mehrere Millionen Euro. Da können wir uns solche Fehler nicht leisten“, sagte die Sozialdemokratin mit Nachdruck. Grünen-Fraktionsvorsitzender Patrick Heuwes sah das Ganze zunächst nicht so eng: „Genau diesen Fehler hätte ich auch gemacht.“ Heuwes bezeichnete den Fehler als unproblematisch – schließlich sei er früh genug bemerkt worden. Friese wollte das so nicht stehen lassen, er zog Vergleiche mit möglichen Konsequenzen in der Wirtschaft. Für den FDP-Politiker ist klar, dass die Gemeinde nicht auf dem möglichen Schaden sitzen bleiben solle.

 

Auch CDU-Politiker Eckhard Puschatzki kritisierte die Entwicklungen: „Das ist für mich ein absolut unstrukturiertes Vorgehen.“ Lediglich „ein ernstes Wörtchen“ mit den Ansprechpartnern bei der Bezirksregierung und dem Planungsbüro zu reden, genügt auch dem Christdemokraten nicht. Puschatzki sprach sich für eine Prüfung des Vorgangs in der Verwaltung aus und forderte außerdem die Klärung, ob das Planungsbüro Dr. Jansen seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. Nachdem die Fraktionen eine kurze Pause zur Beratung nutzten, wurde der Antrag bei zwei Enthaltungen angenommen – und somit auch von Heuwes und den Grünen befürwortet.

 

Erschwert worden sei die Situation laut Ludwig aufgrund eines Personalwechsels. Andreas Rohleder sei am 1. Juli in das Projekt eingestiegen. Positiv dabei, dass „der Neue“ dabei auch ein neues Förderprogramm aufgetan hatte – mit einer Förderquote von 85 Prozent. Den Förderantrag beim Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ für das Starterprojekt „Schul- und Kulturzentrum“ sowie das Projekt „Ortsmitte“ mit einem Gesamtvolumen von 7,17 Millionen Euro sei am 15. Oktober eingereicht worden. „Welche Kommune welche Förderung bekommen soll, entscheidet sich im Januar oder Februar 2023“, führte Rohleder aus.

 

Seitens der Ratsmitglieder gab es dafür nicht nur lobende Stimmen, sondern auch Kritik ob des „über Nacht aufgetauchten“ Förderprogramms. Ludwig erklärte, dass das Bundesprogramm erst am 15. Juli öffentlich gemacht worden sei: „Wir können uns mit dem BBSR-Antrag eine neue Perspektive erarbeiten. Das Konzept passt zur Förderung – und jetzt müssen wir uns anstrengen.“ Dafür seien auch die beiden Bundestagsabgeordneten des Oberbergischen Kreises mit ins Boot geholt worden. Klinnert fragte abschließend nach den Erfolgsaussichten der Bewerbung. „Das ist Kaffeesatzleserei“, antwortete Rohleder, der trotzdem zuversichtlich gestimmt ist: „Ich gehe davon aus, dass wir gute Chancen haben.“

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