POLITIK

Ton wird schärfer: Verpackungssteuer entzweit Gummersbachs Politik

pn; 27.11.2023, 12:50 Uhr
Symbolfoto: MART PRODUCTION auf Pexels ---- Werden Einwegverpackungen ab kommendem Jahr besteuert? Derzeit sieht es nicht danach aus.
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Ton wird schärfer: Verpackungssteuer entzweit Gummersbachs Politik

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pn; 27.11.2023, 12:50 Uhr
Gummersbach - CDU, FDP, AfD und Linke sind gegen die Sondersteuer des Gummersbacher Rathauses - SPD und Grüne unterstützen den Bürgermeister.

Von Peter Notbohm

 

Kommt sie oder kommt sie nicht? Der vom Gummersbacher Rathaus vorgeschlagenen Steuer auf Einwegverpackungen nach dem Vorbild Tübingens (OA berichtete) weht weiter heftiger Gegenwind entgegen. Eine Umsetzung scheint mehr als fraglich, da Bürgermeister Frank Helmenstein kaum Befürworter findet. Auch im Hauptausschuss und Ausschuss für öffentliche Ordnung fand das Papier keine Mehrheit. Neben dem Bürgermeister stimmten nur die SPD und Grüne (6 Stimmen) für die Sondersteuer. Breite Ablehnung gab es von CDU, FDP, AfD und der Linken (9 Stimmen).

 

Werben wird Helmenstein heute ein drittes Mal. Dann wird der Bürgermeister den Vorschlag auch im Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss vorstellen, ehe am Donnerstag der Stadtrat endgültig entscheiden muss. Helmensteins Ziele sind klar: Er erhofft sich durch die Sondersteuer ein saubereres Stadtbild, mehr Ressourcenschonung und einen Impuls für die Nutzung von Mehrweggeschirr. Dazu werden Verweigerer zur Kasse gebeten. Für 2025 rechnet Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit mit 350.000 Euro Einnahmen in seinem Haushalt, wenn die Steuer wie geplant zum 1. Septeber 2024 kommen sollte.

 

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Die bundesweit bereits seit Anfang 2023 gültige Mehrwegangebotspflicht in der Gastronomie hält Helmenstein für einen Flop: Zu wenig Kontrollen, dazu viele Ausnahmen. „Mehrweg muss genauso einfach sein, wie die Getränkekiste, die wir jeden Samstag ganz brav in den Supermarkt bringen“, meint das Stadtoberhaupt. Dem Kunden müsse es dabei aber auch so einfach wie möglich gemacht werden. Es gehe nicht um eine Belastung der Bürger, sondern darum von der „Wegwerf-Kultur“ endlich wegzukommen. „Und wer dort überhaupt nicht zu schonen ist, sind die großen Fastfood-Anbieter“, wiederholte er viele Argumente aus dem Ausschuss für Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Mobilität.

 

Angst vor der anstehenden Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht hat er nicht: „Im schlimmsten Fall ist die Steuer nicht verfassungskonform und trotzdem hatten wir zwei Jahre lang Einnahmen.“ Eine bundesweit einheitliche Regelung würde er begrüßen: „Damit es keine Schlupflöcher mehr gibt.“ Zusätzlicher Vorteil aus seiner Sicht: Die Steuerschraube muss nicht noch mehr gedreht werden.

 

Thorsten Konzelmann (SPD) sprach zwar von Neuland, sicherte aber die Unterstützung seiner Partei zu: „Je weiter der Prozess voranschreitet, desto fester sind wir an ihrer Seite.“ Ähnlich sah es Konrad Gerards (Grüne): „Wenn die Menschen nicht verstehen wollen, wiederverwertbare Produkte zu nutzen, geht das nur über den Preis. Wenn sie es dann verstehen, haben wir zwar weniger Einnahmen, aber auch weniger Müll. Das rechnet sich!“

 

Elke Wilke (FDP) befürchtet hingegen die Schaffung eines „Bürokratiemonsters“ und plädierte aufgrund viele Unwägbarkeiten auf eine Verschiebung. Das Aus für die Steuer forderte Diyar Agu (Linke): „Wir lehnen grundsätzlich jede Konsumsteuer ab und würden mit ihr nur für noch mehr Leerstand in der Innenstadt sorgen.“ Breiter Widerstand kam auch aus Helmensteins eigener Partei: Volker Kranenberg (CDU) kritisierte, die fehlende Lenkungswirkung, die fehlende rechtliche Klärung und äußerte Sorge um die betroffenen Unternehmer: „Wir schaffen hier eine Insel. Die Leute aus den Randgebieten werden dann nach Wiehl und Bergneustadt zu den Imbissen fahren.“

 

Den Widerstand konnte Helmenstein weiterhin nicht nachvollziehen: „Wenn wir bei den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz hier nicht einen Anfang machen, brauchen wir uns über andere Themen gar nicht mehr unterhalten. Auf den Bürger werden noch ganz andere Erhöhungen zukommen als diese Verpackungssteuer.“

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