POLITIK

Steuer auf Einwegverpackungen: Der zweite Versuch

lw; 04.02.2025, 14:01 Uhr
Symbolfoto: Mikhail Nilov auf Pexels.
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Steuer auf Einwegverpackungen: Der zweite Versuch

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lw; 04.02.2025, 14:01 Uhr
Gummersbach – Ende 2023 gab es auch aufgrund rechtlicher Bedenken keine Mehrheit für den Vorschlag von Bürgermeister Helmenstein – Inzwischen liegt ein Urteil des Verfassungsgreichts vor – Bürgeranregung bringt Thema wieder auf Tagesordnung.

Von Lars Weber

 

Die Befürworter einer Sondersteuer auf Einwegverpackungen für die Stadt Gummersbach hatten Ende 2023 nichts unversucht gelassen, um für das Thema nach langen Diskussionen (OA berichtete) doch eine Mehrheit zu bekommen. Bürgermeister Frank Helmenstein hatte die Projektleiterin der Stadt Tübingen, Claudia Patzwahl, eingeladen, um beim eigenen Stadtrat noch einmal Werbung zu machen. Tübingen gilt in dieser Hinsicht als Vorbild für die Kreisstadt, dort gibt es schon einige Jahre Erfahrungen mit der Steuer. Das ultimative Ziel des Projekts: Die Müllberge zu reduzieren und die Kosten für die Müllentsorgung reduzieren.

 

Sogar eine geheime Abstimmung hatte es bei der entscheidenden Stadtratssitzung in Gummersbach gegeben, doch am Ende stand ein klares Ergebnis von 24:19 gegen die Einführung, vor allem die CDU konnte nicht überzeugt werden (OA berichtete). Das Thema war vom Tisch – bis jetzt. Denn nach einem richtungsweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit positivem Ausgang für die Stadt Tübingen hat der Gummersbacher Bürger Ulrich Hoferichter angeregt, die Unterlagen noch einmal aus der Schublade zu holen – um die Planungen wiederaufzunehmen für die Einführung der Steuer ab Januar 2026.

 

Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte Januar Tübingens Verpackungssteuer für grundgesetzkonform befunden. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer freute sich, ebenso die Befürworter in Gummersbach, schließlich sind so zumindest die rechtlichen Zweifel, die bei der damaligen Diskussion eingebracht wurden, ausgeräumt. Wie sich in der Diskussion bei der Sitzung des Hauptausschusses am Montagabend im Rathaus gezeigt hat, hat diese Entwicklung aber nicht ausgereicht, um die Kritiker der neuen Steuer umzustimmen.

 

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Bei der Verpackungssteuer werden in Tübingen Einwegverpackungen und Einweggeschirr mit jeweils 50 Cent netto besteuert, für Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent. Zahlen müssen Betriebe, die Take-away-Gerichte und "Coffee To Go" in nicht wiederverwendbaren Verpackungen verkaufen. Eine Unterscheidung gibt es dabei, ob man eine Pizza im Karton selbst abholt oder sich durch einen Bringdienst liefern lässt (steuerfrei).

 

In Gummersbach würden bei einer Einführung etwa 170 Betriebe (Cafés, Bäckereien, Imbisse, Restaurants, Tankstellen, Kioske) veranlagt werden. Das Steuereinkommen wurde von Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit 2023 auf etwa 350.000 Euro geschätzt und orientierte sich an den Zahlen aus Tübingen, runtergebrochen auf die Kreisstadt. Für die Umsetzung nötig wäre eine zusätzliche halbe Stelle im Steueramt, außerdem Ressourcen aus dem Stadtmarketing und der Wirtschaftsförderung, hält die Stadt doch nach wie vor ein Förderprogramm für die Betriebe für angebracht, zum Beispiel für Geschirrspülmaschinen zur Reinigung der Mehrwegverpackungen. Kostenpunkt für die ersten Jahre für die Stadt: etwa 60.000 Euro im Jahr.

 

Bürgermeister Helmenstein betonte, dass es ihm um ein sauberes Stadtbild gehe. Die Bürger würden durch eine solche Steuer bestenfalls sogar entlastet. Die zusätzlichen Steuereinnahmen könnten sich positiv auf Grund- und Gewerbesteuer auswirken. Letztlich gehe es darum, das Konsumverhalten zu verändern, den Umstieg auf Mehrweg anzukurbeln. „Jeder hat das auch in der eigenen Hand.“

 

CDU-Fraktionschef Jörg Jansen machte kurz und bündig deutlich, dass sich trotz der veränderten Haushaltslage in Gummersbach und des Urteils des Bundesverfassungsgerichts für sie nicht viel an der Sachlage verändert habe. Ganz zuvorderst möchte die CDU keine neue Steuer einführen, die ohnehin schon genug belastete Unternehmen betreffe und in der Folge, wenn die Kosten weitergegeben werden, auch die Bürger. Auch FDP und AfD stimmten später erneut gegen die Steuer.

 

Für die Einführung stimmten aus den Reihen der Fraktionen wie schon Ende 2023 SPD und Grünen. „Die rechtlichen Bedenken hatten uns schon damals wenig imponiert. Jetzt herrscht Klarheit“, sagte Thorsten Konzelmann (SPD). Konrad Gerards (Grüne) äußerte sein Unverständnis in Richtung der Kritiker: „Gehen Sie nicht durch die Innenstadt? Sehen Sie nicht den Müll, der Umwelt und das Stadtsäckel belastet? Warum sind sie auf dem Auge blind?“ Eine Antwort erhielt er nicht, dafür erteilte die Mehrheit der Steuer erneut eine Absage.

 

Statt also einen überarbeiteten Satzungsentwurf für eine etwaige Einführung der Steuer Anfang 2026 zu erarbeiten und diesen noch im Rat zu diskutieren, wandern die Pläne geradewegs zurück in die Schublade.

KOMMENTARE

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Sehr gute Idee, klappt anderswo auch und dort sind die Städte sauberer als in GM.

Maik Rauch, 04.02.2025, 14:48 Uhr
2

Die CDU in Zusammenarbeit mit FDP und AfD lehnen eine Chance ab, die Stadt sauberer zu machen und damit Umwelt und Klima zu entlasten und das auch noch finanziell zu nutzen. Stattdessen wird der Dreck auf Kosten der Stadtbeseitigt. Na prima. Hauptsache man bleibt seiner Ideologie treu, keine neue Steuern zu erheben und schon gar nicht, wenn es die Betriebe trifft. In anderen Worten: eine Chance auf mehr Einnahmen wird zugunsten der Wirtschaft vertan. Danke dafür. Nun sind wir alle sehr gespannt wie die Grundsteuerreform sich in GM auswirkt. So ähnlich????

F Lothar Winkelhoch, 06.02.2025, 09:29 Uhr
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