POLITIK
SPD, FDP und Grüne lassen Muskeln spielen
Lindlar - Die neuen Kräfteverhältnisse machten sich bei der konstituierenden Sitzung des Lindlarer Rates sofort bemerkbar.
Von Peter Notbohm
Kurz nach der Kommunalwahl im September waren alle Parteien noch bemüht, zu unterstreichen, dass die neuen Kräfteverhältnisse im Lindlarer Rat nicht der Auftakt zu politischen Scharmützeln und tiefen Gräben sein sollen. Sachthemen sollen in den kommenden fünf Jahren im Vordergrund stehen. Die gestrige konstituierende Ratssitzung ließ dagegen anderes vermuten. Herrschte bei der Wahl der beiden Stellvertreter von Bürgermeister Dr. Georg Ludwig noch harmonische Einigkeit, flogen im Anschluss bei vielen Tagesordnungspunkten immer wieder verbale Giftpfeile durch den Saal im Lindlarer Kulturzentrum. Nach jahrzehntelanger Dominanz muss sich die CDU daran gewöhnen, nicht mehr durchregieren zu können, sondern fortan - obwohl größte Einzelfraktion - in der Opposition zu sitzen.
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[Karl Tym (l.) und Armin Brückmann (r.) wurden zu den Stellvertretern von Dr. Georg Ludwig gewählt.]
Hans Schmitz, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten, sprach im Rahmen der Besetzungen von Ausschüssen von einer „faktischen Ampelkoalition“ aus SPD, Grünen und Liberalen. „Bemerkenswert dabei ist, dass die FDP den Steigbügel für die anderen gehalten hat, aber selbst keinen Vorsitz übernimmt. Das kann ich zwar nachvollziehen, wenn man nur ein weiteres Mitglied im Rat hat, bemerkenswert ist es trotzdem“, sagte er in Richtung Harald Friese. Offensichtlich wurden die neuen Kräfteverhältnisse insbesondere bei der Entsendung der Vertreter in Organe von Unternehmen und Einrichtungen. Wo es nur ging, überstimmten die drei Parteien mit ihren 20 Stimmen immer wieder die 16 CDU-Mitglieder.
Als es um die Größe des Betriebsausschuss Wasser/Abwasser ging, entbrannte ebenfalls eine Diskussion. SPD-Frontmann Michael Scherer und der Grünen-Fraktionsvorsitzende Patrick Heuwes, warfen Schmitz vor, im Vorfeld nicht zu einem gemeinsamen Gespräch der Verwaltung mit den Fraktionsspitzen gekommen zu sein. „Es gehört sich einfach nicht, auf Einladung der Verwaltung nicht zu erscheinen. Wir waren in den vergangenen Jahren auch bei Sitzungen, bei denen für uns wenig heraussprang“, sagte Heuwes. Eine Spitze von Schmitz kurz darauf, dass bei der Benennung von Stellvertretern in den Ausschüssen, es nicht ausreiche, nur zu sagen, dass alle übrigen Ratsmitglieder Stellvertreter seien, sondern man „diese namentlich, zum Beispiel in alphabetischer Reihenfolge, benennen muss“, konterte Scherer fortan bei jedem Ausschuss und jedem Vertreterorgan mit der Formulierung: „Als Stellvertreter benennen wir alle weiteren Ratsmitglieder in alphabetischer Reihenfolge.“ Harmonische Zusammenarbeit sieht anders aus, auch wenn Heuwes spät am Abend sagte, dass man doch eigentlich gar nicht so weit auseinander liege.
Dabei gibt es in den kommenden Jahren viel zu tun, wie Lindlars Bürgermeister Ludwig (Foto) in seiner Eröffnungsrede betont hatte: „Die Pandemie wird uns noch vor große Herausforderungen stellen, insbesondere finanzielle.“ Die Entwicklung bei den Steuern sei negativ. Die Landeszuweisungen fallen 2,5 Millionen Euro geringer aus, als es der Haushaltsplan vorsieht. Auch die Gewerbesteuer sei um 1,4 Millionen Euro eingebrochen. Für 2021 soll sie um weitere 30 Prozent heruntergehen. Ob und wie diese Ausfälle durch die Landesregierung abgefedert werden, dazu gebe es noch keine Aussagen. Der Gemeindehaushalt werde daher auch erst im Januar 2021 eingebracht werden können.
Aus dem Rat
- Durch die geänderten Mehrheitsverhältnisse im Rat besteht erneuter Gesprächsbedarf bzgl. des Neubauprojektes Jugendherberge. Sollte es gravierende Änderungen geben, müsste der bereits beschlossene Bebauungsplan neu aufgerollt werden. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnten die Erschließungsmaßnahmen Anfang kommenden Jahres beginnen. Für das Projekt gebe es bereits eine Liste von über 300 Interessenten.
- Der gemeinsame Antrag von Grünen, SPD und FDP, Beifall der Zuschauer in Sitzungen zu erlauben, wurde vertagt. Man müsse über die von der Verwaltung vorgetragenen Argumente erneut beraten, hieß es von Patrick Heuwes.
- Der Breitbandausbau der Telekom soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, Bürgermeister Ludwig sagte aber, dass es vereinzelte Nachzügler geben könne. Er riet den Bürgern, einen örtlichen Vertriebsanbieter zu kontaktieren: „Die bundesweite Hotline ist nicht immer auf dem neuesten Stand.“
- Durch Änderung der Geschäftsordnung sollen künftig Beschlüsse aus den nichtöffentlichen Sitzungen transparenter gemacht werden. Sie werden künftig auch auf den Ausschusssitzungen behandelt und auf der Tagesordnungsliste vor die Fragestunde der Einwohner vorgezogen.
[Zwischen den beiden Fraktionsvorsitzenden Hans Schmitz (CDU) und Michael Scherer (SPD) flogen die verbalen Spitzen mehrfach hin und her.]
- Der im September im Bau und Planungs- und Umweltausschuss vorbereitete Flächennutzungsplan für das Wohnbaugebiet Lindlar-Altenlinde wurde mit zwei Gegenstimmen verabschiedet.
- Aus dem Digitalpakt wurden über 200 Tablets für die Lindlarer Schulen bestellt. Zudem testet die Gemeinde derzeit Filter und CO2-Geräte für den Luftaustausch in den Schulgebäuden.
- Vom Land NRW gibt es die Förderzusage für das Projekt Sportplatz Kommune. Über zwei Jahre erhält die Gemeinde 24.000 Euro.
- Im Rahmen der Hygiene- und Abstandsregeln wird die Verwaltung mit mehreren Büros in die zwei leer stehenden Etagen des Rathausanbaus umziehen. „Wir müssen Büros aufteilen, die personell zu stark besetzt sind“, so Ludwig.
Ausgeschiedene Ratsmitglieder
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Jürgen Dreiner-Wirz
Achim Fischer
Doris Heilmann
Guido Heller
Sebastian Höller
Petra Hotopp
Bernd Kopper
Marco Mann
Manuela Schmitz
Wolfgang Stadler
Thomas Willmer
Sitzverteilung im Rat
CDU: 16, SPD: 10, Grüne: 8, FDP: 2.
Haupt- und Finanzausschuss
Vorsitzender: Dr. Georg Ludwig
Sitzverteilung CDU: 9, SPD: 6, Grüne 4, FDP: 1
Rechnungsprüfungsausschuss
Vorsitzender: Jörg Schlichtmann (Grüne)
Sitzverteilung CDU: 5, SPD: 3, Grüne 2, FDP: 1
Bau-Planungsauschuss
Vorsitzender: Ulrich Cölln (SPD)
Sitzverteilung CDU: 9, SPD: 6, Grüne 4, FDP: 1
Ausschuss für Klima- und Umweltschutz
Vorsitzender: Patrick Heuwes (Grüne)
Sitzverteilung CDU: 9, SPD: 6, Grüne 4, FDP: 1
Ausschuss für Sicherheit und Ordnung
Vorsitzender: Gerd Werner (CDU)
Sitzverteilung CDU: 9, SPD: 6, Grüne 4, FDP: 1
Ausschuss für Schule, Sport und Kultur
Vorsitzender: Eckard Puschatzki (CDU)
Sitzverteilung CDU: 9, SPD: 6, Grüne 4, FDP: 1
Sozialausschuss für Familie, Jugend, Senioren und Integration
Vorsitzende: Marie-Luise Burkelc (SPD)
Sitzverteilung CDU: 9, SPD: 6, Grüne 4, FDP: 1
Betriebsausschuss Wasser/Abwasser
Vorsitzender: Hans Schmitz (CDU)
Sitzverteilung CDU: 7, SPD: 4, Grüne 3, FDP: 1
Vergabeausschuss
Vorsitzender: Willi Schmitz (CDU)
Sitzverteilung CDU: 2, SPD: 2, Grüne 1, FDP: beratend
Wahlprüfungsausschuss
Vorsitzender: Michael Scherer (SPD)
Sitzverteilung CDU: 1, SPD: 1, Grüne 1, FDP: beratend
Wahlausschuss
Vorsitzender: Beigeordneter
Sitzverteilung CDU: 4, SPD: 3, Grüne 2, FDP: 1
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